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# taz.de -- Kriminalität in der Ukraine: Spur führt nach rechts
> Im Fall des 2016 ermordeten Journalisten Pawel Scheremet wurden fünf
> Verdächtige festgenommen. Sie sollen aus dem rechtsradikalen Milieu
> stammen.
Bild: Ermittlungen im Zentrum von Kiew nach dem Autobombenanschlag am 16. Juli …
Kiew taz | Dreieinhalb Jahre nach dem Mord an dem in der Ukraine tätigen
weißrussischen Journalisten mit russischem Pass, [1][Pawel Scheremet], gibt
es die ersten Festnahmen. Fünf dringend Tatverdächtige seien in Gewahrsam
genommen worden. Das berichtete der stellvertretende Chef der ukrainischen
Polizei, Ewgenij Kowal, am Donnerstag in Anwesenheit von Präsident
Wolodimir Selenski, Innenminister Arsen Awakow und Generalstaatsanwalt
Ruslan Rjaboschapka.
Immer wieder waren die Mörder Scheremets im Umfeld russischer oder
weißrussischer Dienste vermutet worden. Der aus Weißrussland stammende
Scheremet war Kritiker von Präsident Alexander Lukaschenko. Während seiner
Zeit in Russland von 1998 bis 2014 hatte sich Scheremet mit seiner Kritik
an der Regierung und seiner Nähe zu dem Oppositionspolitiker Boris Nemzow
unbeliebt gemacht. 2013 zog er in die Ukraine.
Doch die mutmaßlichen Mörder sollen [2][aus dem rechtsradikalen Milieu] der
ukrainischen Freiwilligenverbände kommen. Es seien, so Ewgenij Kowal, die
Krankenschwester einer Fallschirmjäger-Einheit, Jana Dugar, die an der
Kiewer Kinderklinik Ochmatdet tätige Kinderchirurgin und Kämpferin Julia
Kusmenko, der Musiker und Freiwilligenkämpfer Andrej Antonenko und das
Ehepaar Wladislaw und Inna Grischtschenko, ebenfalls Angehörige eines in
der Ostukraine kämpfenden Freiwilligenverbandes.
Nach Auffassung der Ermittler soll Kusmenko die tödliche Bombe in der Nacht
vor der Explosion am Wagen von Scheremet angebracht haben. Musiker
Antonenko wiederum, der an dem Tatort lange Jahre gelebt hatte, habe
Kusmenko dabei unterstützt. Beide seien von Überwachungskameras gefilmt
worden.
## Ausspähung der Örtlichkeiten
Ein britischer Experte, so die ukrainische Polizei, Avon Birch, habe
Antonenko aufgrund seines Ganges identifiziert. Dieser hinkte etwas zum
Zeitpunkt der Tat. Zeitsoldatin Jana Dugar war für die Ausspähung der
Örtlichkeiten verantwortlich. So haben Überwachungskameras festgehalten,
wie sie ihrerseits die Überwachungskameras am zukünftigen Tatort
fotografiert hatte.
Auffallend an Inna Grischtschenko sei, so die ukrainische Polizei, dass die
Aktivistin, die kämpfende Freiwilligenverbände in der Ostukraine logistisch
unterstützt hatte, in nur wenigen Jahren während des Krieges zwei Wohnungen
und ein Auto kaufen konnte. Ihr vorbestrafter Mann Wladiwlas soll in der
Haft gegenüber einem Zellennachbarn geprahlt haben, er brauche zum
Bombenbasteln 15 Minuten.
Auch Kinderärztin Kusmenko hatte während des Krieges Häuser und mehrere
Autos erworben, so die Polizei auf der Pressekonferenz. Leider, so
Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka, kenne man den Auftraggeber des
Mordes nicht. Die Polizei geht davon aus, dass das Motiv der Tat gewesen
sei, die ukrainische Gesellschaft zu destabilisieren.
Sergiy Tomilenko, Chef der ukrainischen Journalistengewerkschaft, zeigt
sich erfreut über die Ergebnisse der Polizeiarbeit. „Die Aufdeckung des
Mordes an einem Journalisten, die Bestrafung von Mördern, das ist ein
Signal“ schreibt er auf seiner Facebook-Seite. „Keine Ruhe für die
Angreifer“, resümmiert er. „Wir hoffen nun auf einen gerechten Schutz
ukrainischer Journalisten.“
Die Journalistin Nina Sokolova fürchtet indes, dass der auf der
Pressekonferenz vorgetragene Ermittlungsstand Russland in die Hände spiele.
„Es besteht der Eindruck einer absichtlichen Diskreditierung von Patrioten,
Freiwilligen und Nationalisten. Warum? Weil sie zurzeit die einzige
mächtige Kraft gegen alle prorussischen Dämonen sind, die sich in meinem
Land breitmachen“, so Sokolova im Internetportal Obozrevatel.
13 Dec 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Pawel Scheremet
Ukraine
Anschlag
Rechtsradikalismus
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Belarus
Boris Nemzow
Schwerpunkt Pressefreiheit
Ukraine
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