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# taz.de -- Medien in der Ukraine: Anschlag auf die „vierte Gewalt“
> Ein Brandsatz zerstört die Räume eines ukrainischen Netzportals. Die
> stellvertretende Chefredakteurin spricht von einer Auftragstat.
Bild: Trauer um den ermordeten Journalisten Pawel Scheremet im Juli 2017 in Kiew
Kiew taz | Auf das in der nordwest-ukrainischen Stadt Rivne ansässige
Internetportal „Die vierte Gewalt“ ist am Donnerstagabend ein Brandanschlag
verübt worden. Dabei wurden die Redaktionsräume im Erdgeschoss zerstört.
Menschen kamen nicht zu Schaden.
„Ich war gerade bei einer Sitzung im ersten Stock, als wir hörten, dass
unten jemand versuchte, in die Räume einzudringen. Mein 16-jähriger Sohn
rannte hinunter, um nachzusehen. Im selben Augenblick hörten wir eine
dumpfe Explosion. Und da kam mir mein Sohn schon entgegen und rief, „Mama,
es brennt.“ sagte Antonina Torbich, die stellvertretende Chefredakteurin,
der taz.
Nach Angaben der Feuerwehr, so Antonina Torbich, hätte der Brandsatz
ausgereicht, um das gesamte Gebäude zu zerstören. Der Täter, so der
Fernsehkanal „Rivne1.tv“, habe sich nicht einmal die Mühe gemacht, sein
Gesicht hinter einer Maske zu verbergen. Er habe nach dem Anschlag
seelenruhig das Gebäude verlassen. Bisher fehlt von ihm jede Spur.
Bereits vor einer Woche war bei dem Provider der „Vierten Gewalt“
eingebrochen und eine Festplatte mit den Daten des Internetportals
gestohlen worden. Deswegen ist die Homepage der „Vierten Gewalt“ seit Tagen
nicht mehr erreichbar.
## Viele Enthüllungen
Antonina Torbich geht davon aus, dass der Anschlag direkt mit der
journalistischen Arbeit der „Vierten Gewalt“ zu tun habt. „Wir haben viele
Enthüllungen gebracht. Das gefällt manchen nicht, den Behörden oder
einflussreichen Personen, die Gesetze brechen.“
Zu den Schwerpunktthemen der „Vierten Gewalt“ gehören Bauen ohne
Baugenehmigung, die rechtswidrige Aneignung von Land in Erholungsgebieten
und Korruption. Gegenüber dem ukrainischen Internetportal „nikorupciji.org“
erklärte Torbich, sie gehe davon aus, dass es sich bei der Brandstiftung um
eine Auftragstat handle.
Derzeit häuften sich Angriffe auf Einrichtungen der Zivilgesellschaft in
Rivne, so Torbich zur taz. Die „Vierte Gewalt“ sei Teil eines
Reformbündnisses mehrerer Organisationen von Rivne. „In letzter Zeit sind
mehrere Vertreter dieses Bündnisses angegriffen worden“. Einer Gruppe seien
sechs Notebooks gestohlen worden, einem Aktivisten sei die Haustür
angezündet worden.
„Das ist ein barbarischer Einschüchterungsversuch, der bestraft werden
muss“ zitiert das Internetportal „gordonua.com“ die Redakteurin Anna Kala…
von der „Vierten Gewalt“.
## Keine Ergebnisse
Doch es ist fraglich, ob es jemals zu einer Verurteilung kommen wird. Die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International führt in ihrem am
Donnerstag dieser Woche veröffentlichten Jahresbericht auch Fälle von
Angriffen auf Journalisten in der Ukraine auf.
Die Ermittlungen zu den Morden an den Journalisten Oles Busina 2015 und
Pawel Scheremet 2016, so Amnesty International, hätten immer noch keine
Ergebnisse gebracht. Gleichzeitig würden die Versuche der staatlichen
Organe, die Freiheit der Medien einzuschränken, weiter anhalten.
23 Feb 2018
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Schwerpunkt Korruption
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