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# taz.de -- Neues Album von Schnellertollermeier: Tikitaka im Studio
> Mit „5“ schafft das Schweizer Trio ein neues, rein instrumentales Album.
> Das funktioniert auch offstage gut und versüßt uns diese eintönige Zeit.
Bild: Das Schweizer Trio Schnellertollermeier
Anfangs ist es, als könne man in Zeitlupe verfolgen, wie diese drei
Schweizer Musiker ihren Song aufbauen. Andi Schnellmann schlägt sieben
Takte lang einen tiefen Basston an, macht dann mit einer schneller
gespielten Tonfolge einen überraschenden Schlenker. David Meier frickelt
sich unterschwellig mit Snare- und Hi-Hat-Sounds warm, in Erwartung,
endlich Fahrt aufnehmen zu können.
Manuel Troller kommt derweil mit der E-Gitarre dazu, erst schlägt er
einzelne Töne an, bis sich nach und nach repetitive Muster bilden. Wir
haben inzwischen die Vier-Minuten-Marke überschritten, und zack,
anschnallen, jetzt geht’s richtig los.
So in etwa funktioniert „209 Aphelion“, der Auftaktsong des fünften Albums
(„5“) von Schnellertollermeier. Das Trio dieses Namens, das heute in Luzern
zu Hause ist, hat sich 2006 gegründet, den Bandnamen haben sie dabei in
freier Improvisation aus ihren Nachnamen zusammengebastelt. Sie debütierten
2008 mit „Holz“; die jüngsten drei Alben erschienen beim Washingtoner Label
Cuneiform Records, einer feinen Adresse für abseitige Musik.
[1][In der Schweiz] gehören die drei Bandmitglieder zum Inventar der
Freie-Musik-Szene: Troller hat unter anderem ein Duo mit Julian Sartorius
und mit der in Berlin lebenden [2][Schweizer Künstlerin Sophie Hunger]
zusammengearbeitet, auch Meier ist noch in vielen weiteren Formationen
unterwegs. Schnellmann hat dagegen zuletzt mit der Jazzband Akku Quintet
und der Americana-Combo Monotales Alben veröffentlicht.
## Auch international geschätzt
International wird Schnellertollermeier seit vielen Jahren geschätzt.
Getourt ist die Band unter anderem durch Europa, die USA, China und Japan.
Das Kernstück auf dem rein instrumentalen Album „5“ ist dabei das fast
elfminütige „Before and After“, das ähnlich wie der Auftakt funktioniert
und dann zu einem großartigen, hyperrhythmischen Song anwächst.
Für die verspielte, nervöse Percussion-Grundlage sorgt wieder Schlagzeuger
Meier, auch die Gitarre klingt – gedämpft, wie sie manchmal angeschlagen
wird –, sehr perkussiv. Der Bass gibt dem Ganzen etwas Halt, während es
zwischendrin klickert und klackert, von irgendwo ein Sound geechot wird.
Dann auch rockig-funkigere Töne, ehe man sich auf einen treibenderen Part
einigen kann. Ein einziges Hin und Her dieser Song. Tikitaka im Studio.
Aber sie können auch andere Spielstile, Schnellertollermeier sind breit
aufgestellt. „Tectonics/A Sore Point“ ist ein kurzes, droneartiges
Interlude, das nach Orgel oder Synthesizer klingt, aber wohl anders erzeugt
ist. Das Stück „A.o.E.i.n.E.o.A.“ bringt sägende und schmirgelnde Geräus…
mit einzelnen Gitarrentönen zusammen.
„Velvet Sun“ beschleunigt dann die Angelegenheit wieder, rattert vor sich
hin, bis die Band einige Stolperfallen und Bremsklötze einbaut, als wolle
sie die vorzeitige Ejakulation vermeiden. „Animate Become“ überzeugt
daraufhin mit blecherner Polyrhythmik. Dann lassen Schnellertollermeier das
Album mit Rauschen und einzelnen, ausklingenden Tönen in „Made of Thin“
enden. Durchschnaufen.
Man könnte denken, dass derlei Instrumentalmusik nur live ihre volle
Wirkung entfalten kann, aber „5“ beweist, dass das auch in der
Laborsituation des Aufnahmestudios klappt. In dieser an Sinneseindrücken
und Input armen Zeit kommt ihr Album daher wie gerufen; je eintöniger das
Drumherum, desto ergiebiger scheint es, sich komplexer Musik zu widmen. Und
die gibt es hier nicht zu knapp.
7 Jan 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Musik
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