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# taz.de -- Kitas im Notbetrieb: „Keine 100 Prozent erwarten“
> Ab Mittwoch sitzen die Eltern mit den Kindern im Homeoffice. Arbeitgeber
> müssen jetzt unterstützen, sagt Corinna Balkow vom Landeselternausschuss.
Bild: (Fast) keine/r spielt mehr mit ihnen: Spielfiguren in einer Kita
taz: Frau Balkow, haben Sie Ihr Kind am Dienstag nochmal in die Kita
gebracht?
Corinna Balkow: Nein. Wir haben die Kinder schon länger zu Hause. Wir haben
die Möglichkeit, Home Office zu machen. Und dann war unsere Überlegung,
dass wir die Kita und das Personal entlasten wollten und lieber anderen
Eltern, die die Betreuung dringender gebraucht haben, nicht im Weg stehen
wollten.
Die viel zitierte [1][Eigenverantwortung der Eltern] also, an die jetzt
auch die Politik appelliert mit Blick auf die am Mittwoch beginnende
Notbetreuung: Jede/r soll überlegen, ob das Kind wirklich in die Kita muss.
Glauben Sie, dass das klappt?
Das klappt ganz unterschiedlich – je nachdem, wie gut die Kitas in den
letzten Wochen kommuniziert haben. Manche haben schon im Herbst
prophylaktisch die Bedarfe bei Eltern abgefragt: Was wäre, wenn wir nur
Notbetreuung anbieten können – aus welchen Gründen auch immer. Diese Kitas
haben jetzt schon ein ganz gutes Bild darüber, welche dringenden Bedarfe es
gibt und was sie mit dem Personal zu leisten im Stande sind. In anderen
Kitas rennen die Eltern den Kitaleitungen jetzt die Bürotür ein, weil eben
nichts klar ist – obwohl de Situation eigentlich absehbar war.
Tatsächlich? Die Nachricht, dass auch die Kitas vom [2][harten Lockdown]
betroffen sind, kam am Sonntagabend eher überraschend.
Ja, die Linie war: Die Kitas bleiben im regulären Betrieb. Aber ich würde
sagen, wer der Kanzlerin aufmerksam zugehört hat und die Entscheidungen
verfolgt hat, der konnte im November schon ahnen: Es wird noch ein harter
Winter. Deswegen haben wir im Landeselternausschuss ja auch gemeinsam mit
den Kita-Trägern und der Senatsverwaltung bereits an einem Stufenplan für
die Kitas gearbeitet, mit dem man ähnlich wie mit dem Stufenplan für die
Schulen in den Einrichtungen möglichst koordiniert auf das
Infektionsgeschehen reagieren kann.
Jetzt ist erstmal Notbetrieb bis mindestens zum 10. Januar. Anders als im
ersten Lockdown sollen die Kitas nicht mehr anhand einer Liste von
systemrelevanten Berufen entschieden werden, wer Betreuungsanspruch hat,
sondern das individuell mit den Eltern klären. Geht das gut?
Eine Liste wäre sicher einfacher, aber sie wird sehr vielen Situationen in
den Familien nicht gerecht. Es ist doch gut, wenn jemand die Möglichkeit
hat, sein Kind nochmal einen Tag in die Kita zu bringen, weil er oder sie
Not hat – und zugleich braucht jemand, der formal einen Anspruch nach so
einer Liste hätte, den Platz vielleicht nicht und kann sich anders
organisieren. Ich denke, dass jetzt auf Gespräche statt starrer Vorgaben
gesetzt wird, ist sinnvoll. Das wird dem viel mehr gerecht, wie Eltern sich
organisieren können.
Die Eltern sollen also Verantwortung übernehmen – aber werden sie damit
nicht auch ganz schön allein gelassen, mit diesem Apell?
Natürlich sind da jetzt auch Politik und Arbeitgeber in der Verantwortung.
Im Landeselternausschuss Kita werben wir schon seit dem Frühjahrslockdown
dafür, dass Eltern ein erweitertes Recht auf Freistellung für die
Kinderbetreuung und auf bezahlten Urlaub haben. Die Eltern brauchen
Handlungsspielraum, um ihrer Verantwortung nachkommen zu können. Es braucht
eine arbeitsrechtliche Absicherung.
Das Infektionsschutzgesetz sieht bereits eine Kompensation von 67 Prozent
des Gehalts bei Verdienstausfällen etwa durch Kinderbetreuung vor. Aber das
gilt nur, wenn die Kitas und Schulen wirklich geschlossen sind – das sind
sie nicht, es herrscht Notbetrieb.
Genau. Deshalb haben wir auch schon im Frühjahr dafür geworben, dass zum
Beispiel unbürokratisch das Kindergeld auf 1.000 Euro angehoben wird. Das
sind Hilfen, die ankommen.
Immerhin gibt es die A[3][ussicht auf unbezahlten Urlaub für Eltern], auch
das wurde am Sonntag beschlossen. Aber wenn man nicht auf die Politik
warten will, was brauchen Eltern jetzt von ihren Arbeitgebern?
Wer Betriebsferien machen kann, sollte das tun. Das erleichtert auch die
kinderlosen Kollegen, die sonst womöglich die Arbeit von anderen mitmachen.
Und man sollte von seinen Angestellten keine 100 Prozent Arbeitsleistung
erwarten. Im Homeoffice mit Kindern kann man nicht die volle Leistung
bringen. Da finde ich 60 Prozent schon optimistisch.
Blick voraus in die Glaskugel: Machen die Kitas am 10.1. wieder auf, und
wenn ja, wie?
Die Abfrage der Elternbedarfe ist jetzt wichtig. Viele können eine
Einschränkung der Betreuungs- und also der Arbeitszeit schon verkraften,
wenn sie planen können und wenn es Kompensationen auch seitens des Staats
gibt. Und eingeschränkte Betreuungszeiten für viele bedeuten auch, dass man
zum Beispiel Eltern mit mehr Bedarf oder auch Kinder aus Risikogruppen ein
Angebot machen kann. Es muss ein Angebot für alle sein, aber es wird
deshalb ein eingeschränktes sein.
Vorausschauende Planung und Solidarität ist das Gebot für den Januar?
So kann man es sehen.
15 Dec 2020
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## AUTOREN
Anna Klöpper
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häusliche Gewalt
Michael Müller
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