# taz.de -- Nach US-Präsidentschaftswahl: 306 Stimmen für Biden | |
> Das Electoral College bestätiget Joe Biden als neuen US-Präsidenten. Die | |
> Zusammenarbeit mit Republikaner:innen dürfte schwierig werden. | |
Bild: Der nun „President Elect“ Joe Biden bei seiner Rede in Wilmington nac… | |
NEW YORK taz | Sechs Wochen [1][nach den Präsidentschaftswahlen] ist es | |
offiziell: der nächste Präsident der USA wird der Demokrat Joe Biden. Sein | |
Ergebnis ist nicht einmal besonders knapp. Am Montag bekam er die Stimmen | |
von 306 der 538 Wahlleute des Electoral College. Biden erhielt exakt so | |
viele Stimmen der Wahlleute wie der scheidende Präsident im Dezember 2016. | |
Damals sprach Donald Trump von einem „Erdrutschsieg“. Dieses Mal weigert er | |
sich, seine eigene Niederlage einzugestehen. Noch an dem Tag, als die | |
Mitglieder des Electoral College in allen Bundesstaaten zusammen kamen, um | |
abzustimmen, hetzte er gegen die [2][angeblich „manipulierten“ und | |
angeblich „korruptesten“ Wahlen] der US-Geschichte. Am Montag versuchte | |
Trump zugleich ein Ablenkungsmanöver und kündigte den Rücktritt seines | |
Justizministers William Barr an. Dieser hatte zuvor gesagt, [3][es habe | |
keine Fälschungen gegeben]. | |
In einer Ansprache an die Nation kritisierte Biden, der nunmehr offiziell | |
zum „President Elect“ aufgestiegen ist, die Attacken gegen die Wahlen und | |
die Versuche, das Wahlergebnis auszuhöhlen. Sie seien „extremer als je | |
zuvor“ gewesen, erklärte Biden. Doch zugleich pries er am Montag Abend die | |
Stärke der US-amerikanischen Wähler:innen, der Verfassung und der | |
Institutionen des Landes. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin | |
gratulierte Biden am Dienstag zu seinem Wahlsieg. | |
Tatsächlich haben 81 Millionen Menschen für Biden und [4][Vizepräsidentin | |
Kamala Harris] gestimmt. Das sind mehr Stimmen als vor ihm je ein | |
US-amerikanischer Präsident erhalten hat. Aber auch der unterlegene Trump | |
hat am 3. November Rekorde gebrochen. Seine 73,9 Millionen Stimmen waren | |
mehr, als er selbst im Jahr 2016 bekam und mehr als je vor ihm ein | |
Präsident in den USA bekommen hat. | |
## Mehrere Dutzend Klagen gescheitert | |
In den Bundesstaaten, in denen er an der Urne unterlegen war – und nur dort | |
– haben Trump und seine Getreuen seit dem 3. November mehrere Dutzend | |
Klagen angestrengt, um das Wahlergebnis als gefälscht anzufechten. Mal | |
wollten sie die Stimmen von toten Wähler:innen, mal verschwunden Wahlzettel | |
gefunden haben. Immer wieder sprach der US-Präsident auch von „illegalen“ | |
Wähler:innen. | |
In keinem Fall nahmen [5][die Gerichte seine Klagen] und die seines Teams | |
an. Sie hielten sie für nicht substanziell. Auch konservative Richter:innen | |
machten deutlich, dass Trumps wütende Versuche, vor Gericht den | |
Biden-Wahlsieg anzufechten, „tot bei der Ankunft“ seien. | |
Zuletzt lehnte das Oberste Gericht am Freitag eine Klage ab, die der | |
Justizminister von Texas, Ken Paxton, angestrengt hatte. Paxton warf den | |
Bundesstaaten [6][Georgia], Michigan, Wisconsin und Pennsylvania vor, ihre | |
Wahlrechtsänderungen wegen der Pandemie hätten das Ergebnis verfälscht. | |
Paxton wollte, dass statt der Wähler:innen die Politiker:innen der vier | |
Bundesstaaten – mehrheitlich Republikaner – die Wahlleute für das Electoral | |
College auswählen. | |
Da gegenwärtig Ermittlungen gegen Paxton laufen, spekulieren Insider, dass | |
er seine Klage anstrengte, um eine [7][Begnadigung von Trump] zu erwirken. | |
Hunderte weitere gewählte Republikaner:innen schlossen sich ihm an. Unter | |
anderem unterstützten die Justizminister von 18 Bundesstaaten sowie 126 | |
republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses die Klage. | |
Erst am Montag Abend, nachdem das Electoral College entschieden hatte, | |
begannen ein paar Spitzenkader der Republikanischen Partei eine zaghafte | |
Kurskorrektur. Selbst Senator Lindsey Graham aus South Carolina sprach von | |
einem „sehr, sehr engen Pfad für den Präsidenten“. Senator Roy Blunt aus | |
Missouri nannte Biden erstmals den „President Elect“. | |
## Schwierige Zusammenarbeit für Biden | |
Am Wochenende hat ein Kongressabgeordneter der Demokratischen Partei aus | |
New Jersey an die Chefin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, | |
appelliert, die 126 Abgeordneten, die Paxtons Klage unterstützt haben, im | |
Januar nicht einzuschwören. Sie seien „Verräter gegen das Land und die | |
Verfassung“, schrieb Bill Pascrell, und sie erfüllten eine Bedingung des | |
14. Verfassungszusatzes, der weder im Abgeordnetenhaus noch im Senat | |
Politiker:innen zulässt, die zur Rebellion gegen die USA aufrufen. | |
Es ist unwahrscheinlich, dass Pelosi der Aufforderung viel Aufmerksamkeit | |
schenkt. Und es wird spannend werden, zu beobachten, wie Biden mit den | |
aufrührerischen Abgeordneten zusammenarbeiten will. | |
Er sieht sich selbst als einen [8][Meister der „überparteilichen | |
Zusammenarbeit“] im Kongress. Doch in der aufgewühlten gegenwärtigen | |
Stimmung ist fraglich, ob er irgendeine Unterstützung von | |
Republikaner:innen bekommen wird. Zumal es möglich ist, dass er mit einer | |
feindseligen republikanischen Mehrheit im US-Senat konfrontiert ist, wenn | |
die Stichwahlen am 5. Januar in Georgia zu deren Gunsten verlaufen. | |
In seiner Ansprache am Montagabend versicherte Biden erneut, er wolle ein | |
Präsident jener sein, die ihn gewählt haben, und jener, die ihn nicht | |
gewählt haben. Es war der Tag, an dem die USA den 300.000. Toten in der | |
Pandemie registrierte. Anders als Trump es je getan hat, sprach Biden den | |
Angehörigen der Toten sein Mitgefühl aus. Der Demokrat endete seine Lobrede | |
auf das Wahlsystem und die Wähler:innen seines Landes mit Bibelzitaten und | |
den Worten: „Möge Gott unsere Truppen segnen“. | |
15 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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