| # taz.de -- Programm für Berliner Wahl 2021: Grüne wollen gerufen werden | |
| > Die Partei stellt den Entwurf eines Programms vor. Sie fordert mehr Busse | |
| > und U-Bahn(linien), den Umbau der Verwaltung und einen Ersatz für den | |
| > Mietendeckel. | |
| Bild: Der Chef und die Spitzenkandidatin: Bettina Jarasch und Werner Graf beim … | |
| Berlin taz | Mit „Die Zukunft ruft nach uns“ ist das Papier überschrieben. | |
| Es soll offenbar die Lösung, wenn nicht für alle Fragen des Universums, so | |
| doch für die des Landes Berlin bieten: Schließlich handelt es sich um den | |
| Entwurf des Wahlprogramms der Berliner Grünen. Ihre Spitzenvertreter | |
| stellten ihn an diesem grauen Dienstagvormittag vor. | |
| Für die beiden Parteichefs und [1][für Spitzenkandidatin Bettina Jarasch] | |
| ist die Sache bei der digitalen Pressekonferenz klar: Entweder sind die | |
| Grünen nach der Abgeordnetenhauswahl in neun Monaten stärkste Kraft und | |
| sitzen mit Jarasch im Roten Rathaus – oder Zukunft und Klimarettung sind | |
| weithin passé. Dass die in Umfragen lange dominierende Partei jüngst auf 18 | |
| Prozent abgerutscht ist, beunruhigt die Parteioberen angeblich nicht. | |
| 90 Seiten umfasst die Essenz dessen, was die Berliner Grünen im vergangenen | |
| Jahr an Ideen und Forderungen zusammengetragen haben. Die Vorstellung am | |
| Dienstag ist zugleich der Start der sogenannten Änderungsphase: Das | |
| [2][Papier steht auf der Grünen-Internetseite], bis zum 27. Februar kann | |
| jedes der rund 10.000 Mitglieder – knapp doppelt so viele wie vor der | |
| letzten Abgeordnetenhauswahl 2016 – Änderungen vorschlagen. Die endgültige | |
| Fassung soll voraussichtlich Mitte März ein Landesparteitag beschließen. | |
| Die Antwort der Grünen auf Berlins drängendste Probleme kommt erstmal wenig | |
| überraschend daher: Spitzenkandidatin Jarasch nennt als ersten Punkt den | |
| Umbau der Verwaltung und eine Neuordnung im Verhältnis von Land und | |
| Bezirken. Aufgaben seien „da anzusiedeln, wo sie am besten erledigt werden | |
| können“, sagt sie. Das ist zwar richtig, aber zugleich schon oftmals gehört | |
| von der CDU bis zur Linkspartei. | |
| Dass die Grünen wie andere mindestens 50 Prozent der Mietwohnungen „vor dem | |
| Zugriff von Spekulanten“ schützen wollen, ist ebenfalls weder neu noch | |
| originär grün. Dem aktuellen und möglicherweise auch künftigen | |
| Koalitionspartner Linkspartei verpasst Jarasch dabei einen Seitenhieb: | |
| „Auch Genossenschaften müsse mehr Grundstücke bekommen“, sagt sie. Erst am | |
| Morgen hatte eine Zeitung von einem „Brandbrief“ eines | |
| Genossenschaftsbündnisses berichtet, das sich von Linkspartei-Bausenator | |
| Sebastian Scheel ignoriert fühle. | |
| Zum von der rot-rot-grünen Koalition beschlossenen Mietendeckel, über | |
| dessen Rechtsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht in der ersten | |
| Jahreshälfte entscheiden will, sagt die Grünen-Spitzenkandidatin: „Wir | |
| stehen zum Mietendeckel und werden ihn sicher nicht ersatzlos auslaufen | |
| lassen.“ Auf eine Verlängerung über 2025 hinaus mochte sie sich aber auch | |
| nicht festlegen: „Man kann ihn nicht so einfach verewigen.“ | |
| ## Zentrales Thema: der Verkehr | |
| Den größten Raum nimmt bei der Präsentation das Thema Verkehr ein. Die | |
| Grünen wollen das Tramnetz um ein Drittel vergrößern – was weniger ist, als | |
| im aktuellen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbart. Sie wollen Busse | |
| und Bahnen möglichst im Fünf-Minuten-Takt fahren lassen und in den | |
| Außenbezirken, wo zahlreiche Buslinien derzeit nur alle 20 Minuten | |
| verkehren, künftig alle zehn Minuten. | |
| Jarasch gibt auch ein Bekenntnis zum U-Bahn-Ausbau ab, mit dem die Grünen | |
| sich in den vergangenen Jahren zum Ärger der SPD schwer zu tun schienen. | |
| Die U-Bahn gehöre eindeutig zu den Ausbauvorhaben. Bezahlen wollen die | |
| Grünen all das über eine zusätzliche Einnahmequelle wie die City-Maut – die | |
| allerdings derzeit bei der SPD auf Ablehnung stößt. | |
| ## Untersuchungsausschuss zu Neuköllner Terrorserie | |
| Auch der Kampf gegen Ungleichheit, Diskriminierung und Gewalt soll eine | |
| große Rolle spielen. Ganz konkret hebt Jarasch ein parlamentarisches | |
| Vorhaben heraus: Gleich zu Beginn der neuen Wahlperiode soll es einen | |
| Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Terrorserie in Neukölln geben. | |
| Mit einem Lachen quittierte die Spitzenkandidatin die Frage, wie sie mit | |
| der jüngsten Wahlumfrage umgeht. Die Grünen waren in den kurz vor | |
| Weihnachten veröffentlichten Ergebnissen auf 18 Prozent abgerutscht und | |
| liegen nun deutlich hinter der CDU, die auf 22 Prozent kam. Selbst im | |
| linken Lager sind die Grünen nicht mehr alleinige Nummer 1: Die SPD liegt | |
| gleichauf mit ebenfalls 18 Prozent. Weniger Zuspruch bekam die Partei bei | |
| einer Umfrage zuletzt vor zweieinhalb Jahren im Sommer 2018. | |
| Zwischenzeitlich lag sie beim selben Forschungsinstitut bei 24 Prozent, bei | |
| einem anderen sogar bei 26. | |
| Die Erhebung sei bei den Grünen „kein größeres Thema gewesen“, sagte | |
| Jarasch – man verfolge die Umfragen und nehme sie ernst. Die jüngste | |
| Befragung war die erste seit Oktober und fand vom 11. bis zum 18. Dezember | |
| statt. Am 12. Dezember hatten die Grünen Jarasch [3][zur Spitzenkandidatin | |
| gewählt]. | |
| 12 Jan 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rennen-ums-Rote-Rathaus-eroeffnet/!5735795 | |
| [2] http://gruene.berlin/ProgrammZukunftRuft | |
| [3] /Spitzenkandidatinnen-fuer-Landtagswahlen/!5737700 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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