# taz.de -- Die neuen Coronaregeln: Gefährliches Ungleichgewicht | |
> Während private Kontakte weiter beschränkt werden, bleibt am Arbeitsplatz | |
> alles beim Alten. Das gefährdet die Akzeptanz der Maßnahmen. | |
Bild: Alles wie immer: Menschen in Berlin-Mitte auf dem Weg zum Arbeitsplatz | |
Die Zahl der Neuinfektionen sinkt bisher nur langsam, und durch die | |
Virus-Mutation aus Großbritannien droht sich die Situtation dramatisch zu | |
verschlechtern. Es ist völlig nachvollziehbar, dass die Regierungen aus | |
Bund und Ländern angesichts dieser Situtation die Coronaregeln verschärfen. | |
Doch die Schwerpunkte, die sie [1][bei ihrem jüngsten Treffen gesetzt | |
haben], sind ziemlich fragwürdig. | |
Denn die neuen Beschränkungen konzentrieren sich erneut fast komplett auf | |
das Privatleben. Dass Treffen künftig nur noch mit jeweils einer Person | |
erlaubt sind und es offenbar auch keine Ausnahmen für Kinder mehr geben | |
soll, ist eine deutliche Verschärfung, die gerade Familien vor große | |
Herausforderungen stellen dürfte. | |
Auch die Regel, dass man in Landkreisen mit einer Inzidenz von über 200 | |
ohne triftigen Grund einen 15-Kilometer-Radius nicht verlassen darf, ist | |
eine starke Einschränkung mit zweifelhafter Wirkung. Solange Treffen mit | |
anderen ja ohnehin verboten sind, werden damit im Zweifel vor allem | |
Ausflüge ins Freie unterbunden. | |
Doch die können im Lockdown eine wichtige Ausgleichsfunktion haben – und ob | |
es für das Infektionsgeschehen wirklich hilfreich ist, wenn man nur im nahe | |
gelegenen Park wandern darf statt in der etwas weiter entfernten Natur, | |
kann man durchaus bezweifeln – zumal ja inzwischen klar ist, dass | |
Infektionen zum ganz überwiegenden Teil nicht im Freien passieren, sondern | |
[2][in geschlossenen Räumen]. | |
## Nicht nur Regeln, sondern auch deren Kontrolle | |
Keinerlei Veränderungen sehen die neuen Beschlüsse dagegen für die | |
Arbeitswelt vor. Lediglich Geschäfte, Gaststätten und Kultureinrichtungen | |
sind weitgehend geschlossen. Doch eine Pflicht, Homeoffice als Regelfall zu | |
ermöglichen, gibt es für Arbeitgeber weiterhin nicht, obwohl das zumindest | |
für jene Hälfte der Beschäftigten, die vorwiegend am Schreibtisch arbeitet, | |
möglich und effektiv wäre. Und für jene Wirtschaftsbereiche, in denen eine | |
Anwesenheit am Arbeitsplatz unvermeidlich ist, braucht es nicht nur | |
Vorgaben zum Infektionsschutz – sondern auch Kontrollen, ob diese | |
eingehalten werden. | |
Dass sich die Bekämpfung der Epidemie weitgehend auf den Privatbereich | |
konzentriert, ist dabei doppelt gefährlich: Zum einen wird es vermutlich | |
nicht gelingen, die Infektionsketten im nötigen Ausmaß zu unterbrechen, | |
solange sich am Arbeitsplatz nichts ändert. Vor allem aber gefährdet dieses | |
Ungleichgewicht auch die Akzeptanz der Regeln insgesamt. | |
Denn wenn Menschen durchaus zu Recht den Eindruck bekommen, dass die Regeln | |
im Privaten immer weiter verschärft werden, weil die Politik sich [3][an | |
die Arbeitswelt nicht herantraut], nehmen viele die Vorgaben möglicherweise | |
nicht mehr ernst – und zwar auch jene, die wirklich notwendig sind. Die | |
Regierung sollte ihre Maßnahmen also daran orientieren, was am meisten | |
bringt – und nicht daran, wo es am einfachsten erscheint, | |
Handlungsfähigkeit zu beweisen. | |
6 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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