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# taz.de -- Kampf gegen Corona in Berlins Schulen: Eine echte Luftnummer
> Eltern besorgen für eine Grundschul-Klasse im Oktober auf eigene Faust
> einen teuren Luftfilter. Einsetzen dürfen sie ihn bis heute nicht.
Bild: Zu Weihnachten ein Luftfilter? Daraus wird nichts in Berlin
Berlin taz | Die Eltern einer dritten Klasse an der Koppenplatz-Grundschule
in Mitte hatten nach den Herbstferien eine Idee: Über private Kontakte
konnten sie [1][ein Luftfiltergerät bekommen], das sie gerne im
Klassenzimmer aufstellen wollten – „quasi als Spende“, sagt Kirsten
Grieshaber, deren Kind in die Klasse geht. Immerhin stiegen die
Infektionszahlen zu dem Zeitpunkt im Oktober wieder kräftig an. „Und es
gibt einige Kinder aus Risikogruppen in dieser Klasse“, sagt Grieshaber,
deren Sohn Asthmatiker ist.
Insofern vermuteten die Eltern, kurzen Prozess machen zu können. Immerhin
betont auch die Bildungsverwaltung, Engagement von Eltern in diese Richtung
werde „ausdrücklich begrüßt“. Allerdings müsse der Schulträger die Ger…
„aus Gründen des Haftungsrechts“ abnehmen.
Inzwischen ist fast Weihnachten. Die Bildungsverwaltung selbst hatte Anfang
November den Schulen 4,5 Millionen Euro für die Beschaffung von
Filtergeräten zur Verfügung gestellt, als „eine von zahlreichen Maßnahmen,
um das Infektionsgeschehen deutlich einzuschränken“. Allein, der Luftfilter
in der 3 b darf noch immer nicht in Betrieb gehen.
Dabei hatte die Leitung der Grundschule mit dem Konrektor sogar einen
Beauftragten für Lüftungsfragen ernannt. Und die Eltern hatten wiederholt
gebeten, sich doch für die Abnahme des Geräts ans bezirkliche Schulamt als
den zuständigen Schulträger zu wenden, wie auch aus einem Mailwechsel
hervorgeht, der der taz vorliegt. „Da fragt man sich schon: Warum passiert
nichts?“, sagt Grieshaber.
Noch maximal eine Woche, dann retten sich die Berliner Schulen erst mal in
die Weihnachtsferien. Die Frage nach einem funktionierenden Lüftungskonzept
an jeder Schule dürfte nach den – möglicherweise um eine Woche verlängerten
– Ferien umso drängender werden. Denn der Kampf gegen das Virus wird die
Schulen sicher noch bis zu den Sommerferien beschäftigen.
Eine Umfrage der taz in einigen Bezirken ergibt: Wenn alles glattläuft,
könnten tatsächlich die ersten Geräte bereits im Januar in Schulen mit
schlecht oder gar nicht öffnenden Fenstern ankommen – auch dank eines
vereinfachten Ausschreibe- und Vergabeverfahrens. Wobei der Optimismus in
den Bezirken angesichts einiger Unwägbarkeiten recht unterschiedlich
ausfällt: „Erste Angebote liegen vor. Die Lieferung der Geräte im Januar
ist nach jetzigem Sachstand realistisch“, schreibt Pankows Schulstadtrat
Torsten Kühne (CDU) knapp. Man gehe „von einer Größenordnung von circa 120
Geräten für 69 Schulen im Bezirk aus.“
Auch in Reinickendorf ist man grundsätzlich optimistisch, die Geräte bis
Ende Januar „an maximal 54 öffentliche Schulen ausliefern zu lassen“. Man
gehe von einem Durchschnittspreis von 3.000 Euro pro Filtergerät aus,
schreibt das Schulamt – das reiche, um jene Schulen auszustatten, bei denen
eine Abfrage im November ergeben habe, dass Fenster oder Türen klemmen.
Die 4,5 Millionen Euro werden jedoch anteilig je nach SchülerInnenzahl auf
die Bezirke verteilt – nicht nach dem abgefragten Bedarf in den Bezirken.
Ob das Geld tatsächlich reicht, wird sich also vermutlich erst im Laufe des
Februars herausstellen. Neuköllns Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD)
hatte bereits im November angemerkt, ob die Filter reichten, müsse man erst
noch sehen.
Auch in Mitte, wo die Koppenplatz-Grundschule steht, formuliert man etwas
vorsichtig: „Eine detaillierte Zeitangabe zur Beschaffung (und Anzahl der
Geräte) kann erst nach Ablauf der Angebotsfrist und Wertung der
eingereichten Angebote erfolgen“, schreibt Schulstadtrat Carsten Spallek
(CDU). Zudem seien die „Lieferfristen/-kapazitäten der Hersteller
relevant“. Mit anderen Worten: Sicher ist noch gar nichts.
Immerhin an der Grundschule am Koppenplatz gibt es Bewegung. In einem
wochenlangen Mailwechsel konnten die Eltern der Schulleitung nicht viel
mehr abringen als die Antwort, man bitte die Eltern um Geduld, da „der
Dienstweg“ eingehalten werden müsse. Zuvor hatte eine Anfrage der taz beim
Schulamt ergeben, dass genau das zunächst offenbar nicht geschehen war. Für
Kirsten Grieshaber und andere Eltern ist das zögerliche Vorgehen
unverständlich: „Angesichts der Infektionszahlen wünscht man sich da schon
ein beherzteres Vorgehen.“
Nun kümmert sich die Schulleitung: „Selbstverständlich“ habe man „alle
Anfragen bzgl. spezieller Luftfiltermodelle dem Schulträger zur Überprüfung
vorgelegt“, schreibt Schulleiterin Iljana Lott am Freitag. Und: Man erwarte
jetzt „eine zeitnahe Rückmeldung“.
11 Dec 2020
## LINKS
[1] /Corona-Strategien-der-Schulen/!5731224
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Bildung
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