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# taz.de -- Studie zu nachhaltigen Elektrogeräten: Totalschaden, das lohnt nic…
> 3,67 Milliarden Euro könnten die Deutschen jährlich sparen, wenn
> Elektrogeräte bloß länger hielten. Das ist Wegwerfkapitalismus in
> Bestform.
Bild: Ist die Waschmaschine kaputt, wird sie in der Regel gegen eine neue ausge…
Das letzte Elektrogroßgerät war die Waschmaschine. 13 Jahre war sie alt und
damit gefühlt noch nicht reif fürs [1][Verschrotten]. Aber vielleicht hatte
sie einfach keine Lust, weiter mit Waschpulver, Wasserenthärter und dem
rekordverdächtig kalkhaltigen Berliner Leitungswasser belästigt zu werden.
Ein angefragter Reparaturservice hätte schon fürs bloße Vorbeikommen und
Gucken fast so viel berechnet wie für ein Nachfolgegerät, und im
schlechtesten Fall wäre dabei rausgekommen: Motor kaputt, Totalschaden, das
lohnt nicht.
Das scheint keine Ausnahme zu sein. Eine am Donnerstag vorgestellte
[2][Studie] vom Ökoinstitut im Auftrag des Verbraucherzentrale
Bundesverbands (vzbv) kommt zu dem Schluss: Allein bei den Produkten
Fernseher, Smartphones, Waschmaschinen und Notebooks könnten
Verbraucher:innen in Deutschland jährlich 3,67 Milliarden Euro sparen,
wenn sie länger halten würden. Achtung: Milliarden! Bezogen auf ein
einzelnes Gerät – das Smartphone – und eine angestrebte Nutzungsdauer von
sieben Jahren, kommt die Studie auf potenzielle 242 Euro Kosten Ersparnis
pro Kopf.
Was die Frage aufwirft: Warum muss auf jeden Joghurt ein
[3][Mindesthaltbarkeitsdatum] gedruckt werden, aber bei so
lebensverändernden Konsumentscheidungen wie Waschmaschine, Kühlschrank
oder Ofen möge man bitte schön selber prognostizieren, was Preis,
Herstellername und Platzierung beim Elektrofachhändler über die Lebensdauer
des Geräts aussagen könnten? Und nein, Amazon-Bewertungen helfen hier nicht
weiter.
Leider auch nicht das EU-Parlament, auch wenn das nun ein „Recht auf
Reparatur“ beschlossen hat. Das ist prinzipiell eine gute Idee, und wenn
EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten es im Gesetzgebungsprozess dabei
belassen, sicher ein Fortschritt. Aber ein Recht auf Reparatur kann nur der
erste Schritt sein. Es braucht vielmehr eine Kultur des Reparierens und des
langen Nutzens. Und die ist aktuell so gar nicht in Sicht. Denn
Langlebigkeit von Gütern verträgt sich einfach nicht gut mit der
herrschenden Kapitalismusvariante.
Ökologische und gesellschaftliche Kosten
Das liegt gar nicht mal so sehr daran, dass das schnelle Verschrotten und
Neukaufen von Produkten eine ebenso wirtschaftsankurbelnde Wirkung hat wie
das Bauen, Einreißen und Wiederaufbauen von Straßen oder Gebäuden. Und dass
Wirtschaftswachstum immer noch als gut, als prioritär, als notwendig gilt.
Es basiert vor allem darauf, dass die derzeitigen Preise nicht annähernd
die Folgen unserer Konsumentscheidungen abbilden.
Um mal bei der Waschmaschine zu bleiben: Der Neukauf verursacht Kosten –
weniger finanzielle für den:die Käufer:in als ökologische und
gesellschaftliche. In einer neuen Waschmaschine steckt mehr Elektronik, das
heißt mehr seltene, teilweise unter fragwürdigen Bedingungen gewonnene
Rohstoffe. Es steckt Energie drin, für die Herstellung und den Transport.
Eine Reparatur hätte zwar mehr Geld gekostet, aber weniger Ressourcen. Zwar
lohnt irgendwann ein Neugerät auch aus Nachhaltigkeitssicht, weil es
weniger Energie verbraucht als der Vorgänger. Aber bei den aktuellen
Nutzungszyklen ist da noch Luft nach oben.
Und so ist es kein Wunder, dass Verbraucher:innen, die wütende
Onlinekommentare schreiben, eben nur die eine Seite sind. Die andere Seite:
Kund:innen, für die der jährliche Smartphonekauf so zum Leben dazu gehört
wie das tägliche Zähneputzen. Die gebrauchte Geräte als Beleidigung und das
Reparieren als Relikt der 50er Jahre betrachten.
Und, um es noch komplizierter zu machen: Gleichzeitig gibt es genügend
Menschen, die schlicht nicht genügend Angespartes haben, um sich beim
Notfall-Waschmaschinenkauf gemütlich zu überlegen, ob es vielleicht auch
das etwas teurere Modell sein darf. Wie gesagt, ohne Garantie dafür, dass
es tatsächlich haltbarer ist. Doch wenn Geräte teurer werden, und das wird
der Fall sein, wenn die Kosten für Gesellschaft und Umwelt eingepreist und
geplante Schwachstellen ausgebaut werden, dann muss auch diese Problematik
mitgedacht werden.
Die neue Waschmaschine übrigens quietscht seit Kurzem manchmal. Vielleicht
sollte da mal jemand draufschauen.
26 Nov 2020
## LINKS
[1] /Lebensdauer-von-elektronischen-Geraeten/!5731603
[2] https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2020/11/25/vzbv_verlaenge…
[3] /Wiederverwertung-von-Lebensmitteln/!5604858
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Studie
Elektrogeräte
Verbraucherschutz
Abfall
Elektroschrott
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Coronavirus
Internet der Dinge
Müll
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