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# taz.de -- Smart Home im Kinderzimmer: Wenn der Teddy spioniert
> Die Bundesnetzagentur warnt vor Spielzeug, das mit dem Internet verbunden
> ist. Daten sind nicht sicher, Käufer*innen können sich strafbar machen.
Bild: Wird von der Stiftung Warentest wegen Sicherheitslücken als kritisch ein…
Die Abhöranlage des 21. Jahrhunderts hat runde Ohren, Knopfaugen und ist
pelzig. Der smarte Teddy und auch andere solche Spielzeuge finden sich in
vielen Kinderzimmern. Sie können sich mit dem Internet verbinden und sind
über Bluetooth mit einer App auf dem Smartphone verbunden. Häufig verfügen
sie auch über einen Lautsprecher und ein Mikrofon. Und genau das kann zum
Problem werden.
Denn wenn das Mikrofon dem Käufer gegenüber nicht offiziell kommuniziert
wird und die aufgenommenen Daten ins Netz gesendet werden, kann die
Bundesnetzagentur Spielzeuge und andere smarte Gegenstände als „versteckte,
sendefähige Anlage“ einstufen. Die Einführung, der Besitz und das
Verbreiten einer solchen Anlage ist in Deutschland verboten. In der
vorweihnachtlichen Einkaufszeit, die dieses Jahr vor allem auf
Online-Marktplätzen stattfinden wird, [1][warnt die Agentur nun erneut vor
zwielichtigen Anbieter*innen], die Abhöranlagen verkaufen und
aufgenommene Daten aus Kinderzimmern an Werbetreibende verkaufen.
Mit versteckten Mikros machen sich allerdings nicht nur die Hersteller,
sondern auch die Käufer*innen strafbar. Laut Paragraf 90 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG) liegt eine verbotene Sendeanlage vor, wenn
sie der Form nach einen anderen Gegenstand vortäuscht oder als ein
Gegenstand des täglichen Gebrauchs getarnt ist.
Erlaubt ist Spielzeug, das etwa Fragen beantwortet, ohne dafür eine
Internetverbindung aufzubauen und Daten zum Hersteller zu senden. Auch
Babyphone und smarte Lautsprecher wie Amazon Echo sind erlaubt: Erstere,
weil klar ist, dass sie der Raumüberwachung dienen; Letztere, [2][weil Echo
nur bei einem Aktivierungswort Daten ins Netz sendet] und auch klar als
Mikro erkennbar ist.
## Smarte Puppe Cayla verboten
Im Jahr 2017 wurde die smarte Puppe Cayla hingegen als verbotene
Sendeanlage eingestuft. [3][Die Übertragung der Dateien fand per Funk
statt, weshalb sie laut TKG eine Sendeanlage ist]. Weil Käufer*innen nicht
auf Anhieb erkennen konnten, dass ein Mikrofon verbaut war, lag zudem eine
Tarnung vor. Die Bundesnetzagentur forderte daraufhin verschiedene
Verkaufsstellen dazu auf, die Puppe aus dem Sortiment zu nehmen.
Käufer*innen mussten Cayla vernichten und sogar [4][einen
„Vernichtungsnachweis“] einer Abfallwirtschaftsstation an die
Bundesnetzagentur senden. Wenn sich Betroffene weigern, das Spielzeug zu
zerstören, drohen Zwangsgelder von bis zu 25.000 Euro. Auch könne man
strafrechtlich belangt werden.
Nun ist die verbotene Sendeanlage nicht das einzige Problem im
Kinderzimmer. Wie auch smarte Brotbüchsen und Toaster sind sie häufig nur
unzureichend gesichert, bemängeln IT-Expert*innen seit Jahren. Beim
eingangs erwähnten smarten Teddy der Firma CloudPets lagen 2017 etwa mehr
als 2 Millionen Sprachnachrichten von Eltern und deren Kindern offen im
Netz. Dazu fanden sich Mailadressen und Passwörter.
Die Firma Mattel leitete die Aufnahmen ihrer smarten Barbiepuppe an
Werbetreibende weiter. Und über ungesicherte Bluetooth-Verbindungen können
sich Unbekannte in die Mikrofone einloggen und im Kinderzimmer mithören.
Kriminelle Hacker*innen könnten die smarte Barbie zusammen mit anderen
Smart-Home-Geräten dazu nutzen, Websites mit Anfragen zu überhäufen und die
Server zum Abstürzen zu bringen.
Im Jahr 2018 hat die Bundesnetzagentur bei der Online-Marktüberwachung
14.700 Geräte, darunter Smart-Home-Produkte, von Online-Plattformen
entfernen lassen, [5][schreibt sie]. Durch die Schwemme von ungesicherten
Smart-Home-Produkten aus dem Ausland rennt sie den Hersteller*innen trotz
vieler Testkäufe aber trotzdem oft hinterher.
## Achtung beim Weihnachtskauf
Ist das Gerät dann einmal im Kinderzimmer, kann es schon zu spät sein. Zwar
sollten sich Eltern informieren, was sie ihren Kindern eigentlich genau
schenken. Wenn Anbieter*innen aber bewusst täuschen, ist der Gesetzgeber
gefragt. Ein Vorstoß könnte [6][ein neuer Paragraf des Bürgerlichen
Gesetzbuchs sein], der Anbieter dazu zwingen soll, Sicherheitsupdates zur
Verfügung zu stellen, und das über einen längeren Zeitraum.
Ein Entwurf zur Novellierung des IT-Sicherheitsgesetzes von 2015 sieht
außerdem vor, dass Hersteller ein Kennzeichen zur IT-Sicherheit an
Produkten anbringen sollen. Das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik soll dabei mehr Kompetenzen bekommen. [7][Die
Kennzeichnung wird aller Voraussicht nach aber freiwillig bleiben]. Der
Bundestag wird sich [8][mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0] voraussichtlich
im Laufe des Dezembers beschäftigen.
Beim bevorstehenden Weihnachtskauf sollten Eltern indes genau darauf
achten, wo das smarte Spielzeug hergestellt wurde und die
Datenschutzrichtlinien lesen. Und vielleicht tut es ja auch einfach der
klassische Plüschbär.
2 Dec 2020
## LINKS
[1] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020…
[2] https://www.homeandsmart.de/alexa-datenschutz-oder-datenspion
[3] https://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170013
[4] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Teleko…
[5] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/2018…
[6] https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Bereit…
[7] /Entwurf-des-IT-Sicherheitsgesetzes/!5727138
[8] https://www.isico-datenschutz.de/blog/it-sicherheitsgesetz/
## AUTOREN
Denis Giessler
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