# taz.de -- Strategie der EU-Kommission: Geld verdienen mit Gesundheitsdaten | |
> Die EU-Kommission will einen europäischen Binnenmarkt für Daten schaffen. | |
> In Sachen Privatsphäre ist dabei aber noch vieles ungeklärt. | |
Bild: EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Mittwoch in Brüssel | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will die Marktmacht von US-Konzernen wie | |
Google, Amazon & Co brechen und einen europäischen Binnenmarkt für Daten | |
schaffen. Dort sollen künftig nicht nur Industriedaten etwa aus dem | |
Energie- oder Transportsektor, sondern auch Gesundheitsdaten und private | |
„Datenspenden“ genutzt werden können. Das kündigte Binnenmarktkommissar | |
Thierry Breton am Mittwoch in Brüssel an. | |
„Unsere neue Verordnung wird dazu beitragen, dass Europa zum weltweit | |
führenden Datenkontinent wird“ sagte Breton, der vor seinem Wechsel nach | |
Brüssel beim französischen IT-Unternehmen Atos tätig war. Es gehe darum, | |
den ungenutzten Datenschatz zu heben und ihn mithilfe von „neutralen | |
Datenbrokern“ für Forschung und Entwicklung, aber auch für eine | |
kommerzielle Nutzung zugänglich zu machen. | |
Seine dänische Kollegin Margrethe Vestager fügte hinzu: „Sie müssen nicht | |
alle Daten teilen. Aber wenn Sie Daten teilen und diese sensibel sind, | |
sollten Sie die Möglichkeit haben, dies in einer Weise zu tun, in der die | |
Vertrauenswürdigkeit und der Schutz der Daten gewährleistet werden.“ Die | |
Verordnung ziele vor allem darauf, Vertrauen zu schaffen und mögliche | |
Vorbehalte auszuräumen. | |
Der Vorschlag baut auf einer Strategie auf, die die EU-Kommission bereits | |
im Februar vorgelegt hatte. Damals hatte die Brüsseler Behörde neun | |
„Datenräume“ vorgeschlagen, die Themen wie Fertigung, Energie und | |
Gesundheit oder den Klimaschutz umfassen könnten. Die Verordnung passt aber | |
auch zu Plänen der Bundesregierung in Berlin, eine staatliche Sammlung von | |
[1][Gesundheitsdaten] anzulegen. | |
Dort könnten die Bürgerinnen und Bürger Daten freiwillig zur Verfügung | |
stellen, schrieb Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Oktober in einem | |
gemeinsamen Gastbeitrag mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. | |
Die Analyse großer Datenmengen könne neue Vorsorge- und | |
Behandlungsmethoden vorantreiben. „Nützen diese den Menschen, lässt sich | |
damit dann auch Geld verdienen“, warb Spahn für sein umstrittenes Vorhaben. | |
## Ungehinderter Datenfluss um die ganze Welt | |
Der Datenschutz soll dabei gewahrt werden, heißt es in Brüssel. „Unser | |
Vorschlag ist voll kompatibel mit der Datenschutzgrundverordnung“, beteuert | |
Breton. Allerdings will der Franzose auch „eine Brücke bauen, damit Daten | |
ungehindert fließen können – um die ganze Welt“. | |
Im Europaparlament wurde der Vorstoß skeptisch aufgenommen. Der „Data | |
Governance Act“ dürfe nicht dazu führen, dass der Datenschutz unterlaufen | |
wird, so der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Dass die Kommission nun | |
„Daten-Altruismus“ empfehle, um das Teilen personenbezogener Daten zu | |
erleichtern, überzeuge ihn nicht, sagte der IT-Experte. | |
26 Nov 2020 | |
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[1] /Datenspenden-fuer-die-Forschung/!5723709 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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