| # taz.de -- „Zoom“ und die Corona-Krise: Bild an, Datenschutz aus | |
| > In der Pandemie sind Video-Konferenzen in Mode. Der führende Anbieter | |
| > dieser Software kommt aus den USA – und bringt gleich einen Haufen | |
| > Probleme mit | |
| Bild: Einfache Zeichen, einfache Handhabung: Einer der Tricks von Zoom ist, das… | |
| Berlin taz | Es gehört zu den Gewinnern der Corona-Krise: das Unternehmen | |
| hinter der Video-Software Zoom. Zahlreiche Firmen haben in den vergangenen | |
| Wochen auf Homeoffice umgestellt und wollen nun ihre Konferenzen per | |
| Videoschalte organisieren. Fitnessstudios bieten Kurse via Videostreaming | |
| an und Lehrer:innen setzen auf Unterricht im virtuellen Klassenzimmer. | |
| Eines der dabei am häufigsten genutzten Tools: Zoom. Bereits Anfang März | |
| meldete das US-Unternehmen bei der Vorlage seiner Quartalszahlen einen | |
| „Aufwärtstrend“, wie Finanzchefin Kelly Stecklberg formulierte. Und was | |
| Europa und die USA angeht, stand zu diesem Zeitpunkt die größte Welle der | |
| Verlegung ins Homeoffice noch bevor. | |
| Der Erfolg von Zoom hat mehrere Gründe: Zunächst ist da das bei Software | |
| beliebte „Freemium“-Modell. Eine kostenlose Basisversion macht Nutzer:innen | |
| mit dem Produkt vertraut, so dass der Schritt hin zu einer | |
| kostenpflichtigen Premiumversion, die für viele Anwendungen notwendig ist, | |
| nicht schwer fällt. | |
| Ein weiterer Faktor: die Bedienung so einfach wie möglich gestalten, aber | |
| lustige Extras einbauen. Das haben Dienste wie Whatsapp oder Instagram | |
| vorgemacht. Auch eine Art abgeschwächter Netzwerkeffekt düfte zum Erfolg | |
| beitragen, also das Prinzip Wo alle hingehen, gehen alle hin: Wer Zoom | |
| schon kennt, weil beispielsweise das Fitnesstudio oder die Schule der | |
| Kinder das Tool nutzt, wird weniger Berühungsängste damit haben – und hat | |
| die Software sowieso schon installiert. | |
| ## Zoom-Bombing erst nach Protesten erschwert | |
| Doch bei aller Nutzerfreundlichkeit ist eines weniger im Sinne der | |
| Anwender:innen: der Umgang mit persönlichen Daten. So machte Zoom in den | |
| vergangenen Tagen unter anderem damit Schlagzeilen, dass die | |
| US-Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat. Die Behörde forderte | |
| laut Berichten der New York Times bei dem Unternehmen Auskunft zu Maßnahmen | |
| für den Schutz von Nutzer-Daten und Privatsphäre ein. Zuvor war bekannt | |
| geworden, dass Zoom Nutzungsdaten an Facebook übermittelte. Das Unternehmen | |
| schaltete die Weitergabe schließlich ab. | |
| Es häuften sich zudem Fälle von [1][„Zoom-Bombing“, bei dem Dritte eine | |
| Videokonferenz kapern können – auch das hat das Unternehmen nach massiver | |
| Kritik erschwert]. Bereits im vergangenen Jahr sah sich Apple genötigt, mit | |
| einem Update des Betriebssystems seine Nutzer:innen vor Zoom zu schützen. | |
| Denn die hartnäckige App war auch nach dem Löschen durch die Nutzer:innen | |
| weiter aktiv. | |
| ## Was sind schon Regeln? | |
| Die Firma setze sich „über sämtliche Regeln der Datensicherheit und des | |
| Datenschutzes hinweg“, kritisiert Thilo Weichert, ehemaliger | |
| Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein und Gründer des Netzwerks | |
| Datenschutzexpertise. „Aus meiner Sicht darf niemand andere dazu | |
| veranlassen, Zoom zu nutzen.“ Das gelte insbesondere für Behörden, Schulen, | |
| Arbeitgeber, politische Parteien, Veranstalter und | |
| Gesundheitsdienstleister. Privat, also etwa innerhalb der Familie, darf | |
| zwar jede:r Zoom nutzen wie er:sie möchte. Doch auch für | |
| Privatanwender:innen gilt: Die eigenen Daten landen in den USA. Und von | |
| Ende zu Ende verschlüsselt sind die Videoanrufe auch nicht, wie das | |
| Unternehmen vor wenigen Tagen einräumte – genau das hatte es eigentlich | |
| versprochen. | |
| Florian Deusch, Fachanwalt für IT-Recht, hat Zweifel, dass die Software in | |
| deutschen Unternehmen legal, sprich im Einklang mit der | |
| Datenschutz-Grundverordnung, eingesetzt werden kann. Ein Beispiel von | |
| mehreren: Zoom schließt aus, dass es Vor-Ort-Kontrollen gibt, um die | |
| Einhaltung der Datenschutzvorschriften zu überprüfen. Das geht aus den | |
| Vertragsbedingungen des [2][öffentlich einsehbaren | |
| Auftragsverarbeitungsvertrags] hervor, den Zoom mit Unternehmen schließt, | |
| die die Software nutzen. Solche Kontrollen müssen aber laut der | |
| EU-Datenschutzgrundverordnung möglich sein, wenn ein Unternehmen im Auftrag | |
| eines anderen persönliche Daten verarbeitet. Und das ist hier der Fall. | |
| „Wenn Zoom Vor-Ort-Kontrollen ausschließt, ist das datenschutzrechtlich | |
| schon ein dicker Hund“, sagt Deusch. | |
| Auch Zooms Umgang mit Sicherheitslücken ist für Tobias Eggendorfer, | |
| Professor für IT-Sicherheit an der Hochschule Weingarten, ein Warnsignal: | |
| Auf den Hinweis auf Sicherheitslücken habe es nicht reagiert. „Das zeigt, | |
| dass das Unternehmen IT-Sicherheit erst noch kennenlernen muss.“ | |
| Eggendorfer vermutet, dass es sich nicht um einzelne Nachlässigkeiten | |
| handelt, sondern um ein grundsätzliches Problem in der Unternehmenskultur. | |
| Mängel im Datenschutz und bei der IT-Sicherheit können nicht nur dann zum | |
| Problem werden, wenn es um persönliche Daten geht. Sondern beispielsweise | |
| auch bei Betriebsgeheimnissen, die per Videokonferenz besprochen werden. | |
| ## Druck wirkt | |
| Zoom selbst ließ eine Anfrage der taz unbeantwortet. Doch dass derartige | |
| Probleme schlecht fürs Geschäft sein können, scheint das Unternehmen in den | |
| vergangenen Tagen gemerkt zu haben. Es beseitigte mehrere Sicherheitslücken | |
| und eine besonders umstrittene Funktion: Dass nämlich der:die Einladende | |
| einer Videokonferenz überprüfen kann, ob die Teilnehmenden das Fenster auf | |
| ihrem Gerät auch im Vordergrund haben – oder parallel an etwas anderem | |
| arbeiten. | |
| Daternschützer:innen raten dennoch zu Alternativen. Am einfachsten dürfte | |
| das für Unternehmen sein, die eine eigene IT-Abteilung haben. Sie können | |
| Tools nutzen, bei denen ein eigener Server aufgesetzt werden muss, etwa die | |
| Open-Source-Software Jitsi. Für den Bildungsbereich sammelt Eggendorfer | |
| gerade erste Erfahrungen mit BigBlueButton – und äußert sich positiv. Ohne | |
| dass ein eigener Server aufgesetzt werden muss und von der Bedienung recht | |
| ähnlich wie Zoom funktioniert [3][Blizz. Dahinter steckt ein Unternehmen | |
| aus Deutschland], datenschutzmäßig ist es schon damit etwas besser als Zoom | |
| – wenn auch nicht in allen Punkten perfekt. | |
| Für kleine Firmen oder Gruppen empfiehlt Eggendorfer die | |
| Open-Source-Software Wire. Die Whatsapp-Alternative bietet in der | |
| kostenpflichtigen Version auch Video-Telefonate mit mehreren Teilnehmenden | |
| und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Und wer einfach nur privat ein | |
| Video-Telefonat mit der Fernbeziehung organisieren will, kann das | |
| beispielsweise mit der Messaging-App Signal tun. Die hatte auch Edward | |
| Snowden schon empfohlen. | |
| 7 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gegen-Zoombombing-Meeting-Tool-Zoom… | |
| [2] https://zoom.us/docs/doc/Zoom_GLOBAL_DPA_December_19.pdf | |
| [3] https://www.blizz.com/de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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