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# taz.de -- Starökonom tritt in EU-Dienst: Schlechte Zeiten für Steuerflucht
> Der französische Ökonom Gabriel Zucman wird die neue
> Steuerbeobachtungsstelle der EU leiten. Sie soll Steuervermeidung
> dokumentieren.
Bild: Kann Daten dunkle Geheimnisse entlocken: Gabriel Zucman
Berlin taz | Der französische Ökonom Gabriel Zucman ist eine Art Wunderkind
seines Faches: Er ist erst 34 Jahre alt, wurde aber schon mit fast allen
wichtigen Preisen der Ökonomie überhäuft, ist seit fünf Jahren Professor an
der kalifornischen Eliteuniversität Berkeley – und der weltweit führende
Experte beim Thema Steuerflucht. Im US-Wahlkampf beriet er die linken
Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Jetzt kommt ein weiteres
Amt hinzu: Zucman wird die neue europäische Steuerbeobachtungsstelle
leiten.
Diese Institution ist auf Druck des Europaparlaments entstanden und soll
gezielt recherchieren, wie Steuervermeidung in der EU funktioniert und was
sich dagegen tun ließe. Zunächst sind 1,2 Millionen Euro für 18 Monate
bewilligt, doch stehen die Chancen gut, dass die neue
Steuerbeobachtungsstelle dauerhaft finanziert wird.
Für den grünen Europaabgeordneten Sven Giegold ist es „ein Glücksfall“,
dass es gelang, Zucman für das Projekt zu interessieren. „Er ist wirklich
progressiv und hat einen Ansatz entwickelt, wie man Gewinne und Vermögen
gerecht besteuern kann“, meint Giegold.
Zucman hat bei dem französischen Star-Ökonomen Thomas Piketty promoviert
und versteht sich als eine Art Steuerdetektiv. Auf Twitter nennt er sich
selbstironisch einen „Jäger von Vermögen und Einkommen“, der „in Gegenw…
und Vergangenheit“ unterwegs sei, um „legale und illegale“ Geldströme
aufzuspüren. Er besitzt eine geradezu kriminalistische Begabung,
stinknormalen offiziellen Statistiken dunkle Geheimnisse zu entlocken.
5.800 Milliarden Euro einfach verschwunden
Zucman erkennt in den Daten Zusammenhänge, die zuvor von allen anderen
übersehen wurden. Dieser Spürsinn zeigte sich bereits in seinem ersten Buch
„Steueroasen. Wo der Wohlstand der Nationen versteckt wird“, das ihn 2014
schlagartig berühmt machte.
Der Ökonom hatte damals die verblüffend simple Idee, die Vermögensbilanzen
aller Länder miteinander abzugleichen. Dabei zeigte sich, dass
[1][Billionen Euro einfach verschwinden]. So gab etwa Luxemburg damals
offiziell an, dass die weltweit gehandelten Anteile an Luxemburger
Investmentfonds 2.200 Milliarden Euro wert seien. Doch nur knapp 1.200
Milliarden davon tauchten in den Vermögensbilanzen anderer Länder wieder
auf. 1.000 Milliarden Euro waren weg. „Als gehöre ein Teil der Erde dem
Mars“, spöttelte Zucman.
Insgesamt fehlen weltweit etwa 5.800 Milliarden Euro, wovon etwa 80
Prozent nicht versteuert werden. Deutschland gehört zu den großen
Verlierern, denn infolge der massiven [2][Steuerflucht] fehlen jährlich
Einnahmen von etwa 10 Milliarden Euro. Weitere 20 Milliarden Euro kostet
die „Steueroptimierung“ der multinationalen Konzerne, die ihre Profite
durch interne Verrechnungstricks in jene Länder verschieben, in denen die
Gewinnsteuern am niedrigsten sind.
Zucman findet seinen eigenen Erfolg so normal, dass er davon gar kein
Aufhebens macht. „Er ist total nett“, staunt Giegold. „Und überhaupt nic…
eitel.“
30 Nov 2020
## LINKS
[1] /Schaden-durch-Steueroasen/!5723634
[2] /Steuervermeidung-in-der-EU/!5567697
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Steueroase
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soziale Ungleichheit
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