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# taz.de -- Soforthilfen in der Coronakrise: Die Novemberhilfen kommen
> Die Regierung unterstützt im November Soloselbstständige und Firmen, die
> von Schließungen betroffen sind. Die Branchenauswahl wird kritisiert.
Bild: Ein geschlossenes Reisebüro in Berlin
Berlin taz | Viele Soloselbständige und FirmeninhaberInnen werden jetzt in
ihren Steuerunterlagen vom vergangenen Jahr kramen – und froh sein, wenn
sie ihre Einnahmen von damals korrekt angegeben haben. Denn die
Bundesregierung hat Einzelheiten zu den „[1][Novemberhilfen]“
bekanntgegeben, mit denen Betriebe und EinzelunternehmerInnen
Einnnahmeausfälle aufgrund der Coronapandemie teilweise kompensieren
können.
„Solidarität ist das Gebot der Stunde“, erklärte Wirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU) am Donnertag. Er hatte sich mit Finanzminister Olaf Scholz
(SPD) auf die Bedingungen der „außerordentlichen Wirtschaftshilfen“
geeinigt. Die Hilfen haben ein Volumen von voraussichtlich 10 Milliarden
Euro und sollen die bereits existierenden „Überbrückungshilfen“ ergänzen.
[2][Antragsberechtigt] sind laut Finanz- und Wirtschaftsministerium
Unternehmen, Selbstständige und Vereine, die auf Grundlage der
[3][Beschlüsse] von Bund und Ländern vom 28. Oktober den Geschäftsbetrieb
im November einstellen müssen und deswegen hohe Umsatzausfälle haben. Dazu
zählen etwa Theater, Kinos, Gaststätten, Sportstudios, Messen und auch
Bordelle.
Indirekt betroffene Unternehmen, die nachweislich regelmäßig 80 Prozent
ihres Umsatzes mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen
Betrieben erzielen, etwa Lieferanten für Kneipen, BühnentechnikerInnen,
SchauspielerInnen oder MusikerInnen, sind ebenfalls antragsberechtigt.
## Vom Teilshutdown betroffenen Branchen helfen
Um den Umsatzausfall durch die Schließungen im November 2020 nachzuweisen,
müssen die AntragsstellerInnen zum Vergleich entweder Steuerunterlagen für
die durchschnittlichen wöchentlichen Umsätze im November 2019 vorlegen oder
aber Unterlagen zu den durchschnittlichen wöchentlichen Umsätzen im
gesamten Jahr 2019 oder einen Vergleichsumsatz im Oktober 2020, falls das
Unternehmen erst kürzlich gegründet wurde.
Unternehmen müssen dazu eineN SteuerberaterIn oder WirtschaftsprüferIn
heranziehen. Soloselbstständige, die nicht mehr als 5.000 Euro Förderung
beanspruchen, können einen Antrag auch ohne SteuerberaterIn stellen.
Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse pro Woche der Schließungen in Höhe
von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November
2019 gewährt, bis zu einer Obergrenze von 1 Million Euro. Andere staatliche
Leistungen, die unter Umständen für den Förderzeitraum November 2020
gezahlt werden, also etwa die Überbrückungshilfe oder das Kurzarbeitergeld,
werden angerechnet.
Im Unterschied zur Überbrückungshilfe, die sich vor allem an den Fixkosten
eines Unternehmens orientiert, bezieht sich die Novemberhilfe lediglich auf
den Umsatzausfall. Damit haben auch Soloselbstständige und
FreiberuflerInnen, die keine größeren Fixkosten wie etwa eine Büromiete
verzeichnen, eine Chance auf Kompensation zumindest von Teilen ihrer
Einkommensverluste.
## Novemberhilfen sollen Umsatzausfälle kompensieren
Wenn im November trotz des Lockdown light Umsätze erzielt werden, etwa über
einzelne Aufträge für eine KünstlerIn, so werden diese Umsätze bis zu einer
Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes vom Vorjahr nicht mit der
Novemberhilfe verrechnet. Für Restaurants, die Speisen im Take-Away-Verkauf
anbieten, gilt der Grundsatz, dass die Umsätze im Außerhaus-Verkauf weder
beim Vergleichsumsatz des Vorjahres noch beim jetzigen Umsatz
berücksichtigt werden.
Die Anträge können in den nächsten Wochen über eine bundesweite
[4][Plattform] gestellt werden, über die auch die Überbrückungshilfen
laufen. Ausgezahlt werden die Hilfen dann über die einzelnen Bundesländer.
Während der Hotel- und Gaststättenverband die Novemberhilfen begrüßte, kam
aus Branchen, die sich benachteiligt fühlen, Kritik. Michael Oppermann,
Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen, rügte, dass Hilfen
nur diejenigen bekämen, deren Kunden die Restaurants oder Hotels direkt
seien. „Unsere Kunden sind aber deren Gäste, die jetzt ausbleiben“, so
Oppermann.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) kritisierte, dass Reisebüros und
ReiseveranstalterInnen „durch den Rost“ der Novemberhilfe fielen. 193
Staaten weltweit seien aufgrund der Coronapandemie nicht oder nur unter
Einschränkungen zu bereisen. Die Branche müsse in diesem Jahr
Umsatzverluste von 28 Milliarden Euro hinnehmen. „Wir bereiten eine Klage
vor“, hieß es in einer Erklärung des Verbandes.
## Reisebranche fühlt sich vergessen – und will klagen
Altmaier lehnte die Kritik ab und verwies unter anderem auf die
existierenden Überbrückungshilfen, die jetzt schon Firmen mit hohen
Umsatzausfällen bei ihren Fixkosten unterstützen, unabhängig von der
Branche.
Max Hilgarth, Geschäftsführer des Verbandes der Gründer und Selbstständigen
Deutschland (VGSD), sagte der taz, er begrüße die Novemberhilfen, er würde
sich aber wünschen, dass sich die Hilfen nach betriebswirtschaftlichen
Kenngrößen richten und nicht nach der Branchenzugehörigkeit.
Hilgarth nannte das Beispiel eines Hochzeitsfotografen, der derzeit kaum
Umsätze habe, da Hochzeitsfeiern nicht stattfinden dürfen. Da der Fotograf
seinen Betrieb aber wegen Corona nicht schließen muss und auch nicht einem
geschlossenen Betrieb zuarbeitet, kann er keine Novemberhilfe wegen seiner
Einkommensverluste beantragen.
„Die Frage ist auch: Was passiert über den November hinaus?“, fragte
Hilgarth. Die außerordentlichen Hilfen sind bisher nur für die
Umsatzausfälle im November geplant. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident
Reiner Haseloff (CDU) betonte am Freitag im ZDF-Morgenmagazin, dass die
Coronahilfen für Betroffene des Teil-Shutdowns nicht unbegrenzt
weiterlaufen könnten. Da gebe es Grenzen im Haushalt, sagte er.
Die Zuschüsse von 10 Milliarden Euro stammen aus dem Topf für die
bisherigen Überbrückungshilfen. Von den vorgesehenen 25 Milliarden Euro in
diesem Topf wurden bislang erst rund 1,5 Milliarden Euro abgerufen, was
auch mit dem bürokratischen Verfahren zu tun habe, rügten Verbände. Diese
Zugangshürden werden mit den neuen Novemberhilfen abgesenkt.
6 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanz…
[2] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanz…
[3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/bund-laender-besc…
[4] https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Navigation/DE/Home/home…
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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