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# taz.de -- Geplatzter Börsengang der Ant Group: Chinas Angst vor dem Finanzre…
> Jack Ma, reichster Mann Chinas, hat die traditionellen Banken
> herausgefordert. Nun stoppt Peking den Börsengang seiner Ant Group.
Bild: Das drollig-selbstbewusste Maskottchen der Ant Group
Peking taz | Nur wenige Tage nachdem der größte Börsengang in der
Geschichte überraschend geplatzt ist, kommt allmählich Licht ins Dunkel
über die wahren Hintergründe. Die chinesische Ant Group sollte ab Freitag
in Schanghai und Hongkong gelistet werden – mit einem Rekordvolumen von 37
Milliarden US-Dollar. Für viele Beobachter stand schon bald fest: Der Stopp
des Börsengangs war eine Machtdemonstration Pekings gegen Ant-Gründer Jack
Ma – immerhin dem mit weit über 60 Milliarden Dollar Privatvermögen
reichsten Mann des Landes. Doch in dem Fall geht es um weit mehr als nur
die Frage, wie mächtig die Staatsführung Chinas erfolgreichsten Unternehmer
werden lässt.
Ein Blick zurück: Die Ant Group hat sich 2011 von Jack Mas Internetimperium
Alibaba abgespalten. Sie betreibt den zweitgrößten mobilen
Zahlungsdienstleister Chinas, Alipay, über den im letzten Jahr über 15
Milliarden Euro transferiert wurden. Ihren Umsatz generiert Ant
mittlerweile aber hauptsächlich mit der Vermittlung von Mikrokrediten. Im
Gegensatz zu den bürokratischen Großbanken des Landes, die vor allem
aufgeblähten Staatsunternehmen riesige Darlehen gewähren, richtet sich Mas
Fintech-Firma vor allem an mittelständische Geschäftsleute und Konsumenten.
Am Dienstag schließlich erklärten die Finanzregulatoren, dass die Ant Group
ihre Offenlegungspflichten nicht erfüllen könnte. Man wolle „die
Kapitalmarktstabilität und das Interesse der Investoren schützen“, sagte
Außenministeriumssprecher Wang Wenbin am Mittwoch.
Doch im modernen China ist der offizielle Grund niemals die ganze Wahrheit.
Einiges legt nahe, dass Ma den Preis für eine gewagte Rede zahlen muss. Vor
zwei Wochen hielt er einen Vortrag, der wie eine Kampfansage an Chinas
Bankensystem wirkt. „Die heutigen Banken setzen die Pfandhausmentalität
fort“, sagte Ma. Und: Jene Mentalität könne „die finanziellen Bedürfnisse
der globalen Entwicklung der nächsten 30 Jahre nicht unterstützen“.
Besonders prekär: Im Publikum saß die chinesische Finanzelite.
## Sorgen wegen einer Kreditblase
Nun haben sich führende Ökonomen des Landes in den Staatsmedien geäußert,
dass die Maßregelung der Ant Group durchaus berechtigt sei:
Fintech-Unternehmen wie das von Ma würden ihr Monopol ausnutzen, exzessiv
von Big Data sowie künstlicher Intelligenz Gebrauch machen und zudem die
Privatsphäre ihrer Nutzer verletzen. Im Grunde würde sich das
Online-Kreditgeschäft der Ant Group nicht grundsätzlich von jenen
traditioneller Banken unterscheiden, weshalb sie auch denselben Regulatoren
unterworfen werden sollte. Ma hingegen hatte stets argumentiert, ein reines
Tech-Unternehmen zu führen.
Aus Angst vor einer Konsumentenblase hat die chinesische Zentralbank
gleichzeitig mit der Absage des Börsendeals verschärfte Regeln für
Online-Mikrokredite erlassen. Demnach dürfen solche Darlehen künftig nur in
derselben Provinz ausgegeben und nicht größer als umgerechnet etwa 4.000
Euro sein. Vor allem aber muss Ant sämtliche Mikrokredite mindestens zu 30
Prozent selbst finanzieren.
Die Kurse von Mas Imperium sind seither deutlich eingebrochen. Und
schrieben früher heimische Medien noch stolz über den 56-Jährigen, dass er
in China eine eigene Ära geprägt habe, publizierte bereits am Montag das
Propagandaorgan der Kommunistischen Partei: „Es gibt keine sogenannte Ära
Jack Ma“.
5 Nov 2020
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Finanzmarkt
Banken
Alibaba
Schwerpunkt Überwachung
Alibaba
KP China
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Coronavirus
Hongkong
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