# taz.de -- Kiezclub macht Trikots jetzt selbst: St. Pauli will Weltmeister wer… | |
> Der Kiez-Club will seine Kicker künftig selbst mit Trikots ausstatten, | |
> indem er die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt auf den Markt | |
> bringt. | |
Bild: Kann man auch selber machen: die Trikots für auswärts und zuhause, Stan… | |
HAMBURG taz | Die Latte könnte kaum höher gehängt werden: „Wir werden die | |
[1][nachhaltigste] Teamsport-Kollektion der Welt auf den Markt bringen“, | |
kündigte der Vertriebschef des [2][FC St. Pauli], Bernd von Geldern, auf | |
der Vereinswebseite an. Dem bisherigen Ausrüster, also der Firma, die die | |
Mannschaft mit Trikots und Trainingsanzügen ausrüstet, wird gekündigt. | |
Stattdessen wird der Verein die Sachen in Eigenregie herstellen. | |
Hintergrund der Entscheidung ist zum einen die Kritik an dem bisherigen | |
Ausrüster Under Armour, dem Verbindungen zum US-Militär und eine Nähe zur | |
US-Waffenlobby National Rifle Association (NRA) vorgehalten werden. Zum | |
andern ist es ein Beschluss der [3][St.-Pauli]-Mitgliederversammlung aus | |
dem November 2016. Demnach sollen die Merchandising-Produkte des Vereins – | |
vom T-Shirt bis zum Adventskalender – fair und nachhaltig produziert | |
werden. | |
„Diesem Anspruch möchten wir in möglichst vielen Bereichen gerecht werden�… | |
sagt von Geldern. Mit der eigenen Marke „DIIY“ (Do it yourself) wolle der | |
Verein „zeigen, dass sich Qualität, Nachhaltigkeit und faire | |
Arbeitsbedingungen auch für Performance-Kleidung überhaupt nicht | |
ausschließen müssen.“ | |
Nachhaltigkeit bedeutet aus Sicht des Vereins, dass von der | |
Baumwollerzeugung auf dem Feld über die Produktion bis zur Vermarktung | |
ökologische und soziale Standards eingehalten und die Produkte zudem fair | |
gehandelt werden. Um das zu gewährleisten, arbeitet der Verein mit | |
verschiedenen Zertifizierern zusammen. Der Verein entscheide „für jede | |
Produktart individuell, ob und falls ja, welche Siegel wir für sinnvoll | |
erachten“, sagt Carina Weh, die Verantwortliche für Nachhaltigkeit im | |
Verein. | |
## Arbeitsbedingungen vor Ort gecheckt | |
Mit vielen Herstellern, die meisten von ihnen in der Türkei, verbänden den | |
Club überdies langjährige Lieferbeziehungen. „Wir bedienen uns eingeführter | |
und seit 15 Jahren bekannter Produktionsstätten, die wir selber besucht | |
haben und die von Dritten zertifiziert wurden“, sagt von Geldern. Die | |
Arbeitsbedingungen hätten sich Vereinsvertreter vor Ort angesehen. Und | |
trotz der politischen Lage wolle der Verein mit türkischen Firmen | |
zusammenarbeiten. „Wir müssen auch die liberalen Kräfte in der Türkei | |
unterstützen“, findet von Geldern. | |
Es wundere ihn nicht, „dass man ausgerechnet am Millerntor auf diese Idee | |
gekommen ist“, sagt Gerd Nufer, Direktor am Deutschen Institut für | |
Sportmarketing im schwäbischen Reutlingen. Der FC St. Pauli sei | |
traditionell gut darin, sein „anderes Image“ zu vermarkten – und das auch | |
noch unabhängig vom sportlichen Erfolg. | |
Die Trikots selbst zu produzieren, hält er für clever. Am Beispiel der | |
Nationalelf habe er anlässlich der WM 2018 recherchiert, wer wie viel an | |
einem verkauften Trikot verdient. Fazit: „Wer es selbst macht, muss weniger | |
teilen und behält ein größeres Stück vom Kuchen.“ | |
Allerdings hat der bisherige Ausrüster Under Armour auch Geld dafür | |
bezahlt, dass die St.-Pauli-Spieler seine Trikots tragen – eine Million | |
Euro, die der Verein erst mal erwirtschaften muss. „Unser Anspruch ist, so | |
erfolgreich zu arbeiten, dass wir es uns leisten können, keinen Ausstatter | |
zu haben“, sagt Geschäftsführer von Geldern. | |
Andrea Rechtsteiner von der gleichnamigen [4][Textilberatungsfirma] findet | |
das Projekt des FC St. Pauli lobenswert. „Es ist eine Benchmark für die | |
anderen“, sagt sie. Der Club kümmere sich nicht nur um nachhaltige | |
Textilien, sondern auch um die Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten und | |
eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. „Wenn Sie selbst produzieren, haben | |
Sie natürlich die gewollte Transparenz in der [5][Lieferkette]“, sagt | |
Rechtsteiner. | |
Was eigene Produkte angeht, muss St. Pauli nicht bei Null anfangen. „Wir | |
haben schon unsere Totenkopfsachen selbst hergestellt“, sagt von Geldern – | |
und auch die schon mit Anspruch. „Beim Totenkopf-T-Shirt sind wir schon auf | |
einem Standard, mit dem wir zufrieden sind“, sagt der Vertriebschef. Die | |
Shirts sind nach dem Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert | |
und basieren auf fairem Handel. | |
Die Trikots, die die Anforderungen von Hochleistungssportlern erfüllen | |
müssen, bestehen zum größten Teil aus Recyclingplastik nach den Kriterien | |
des Global Recycled Standard (GRS). Dazu kommt bei einigen Materialien der | |
bluesign-Standard für die Herstellung. | |
17 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gruener-Knopf-Siegel-fuer-faire-Bekleidung/!5624202 | |
[2] /Vor-dem-Start-der-neuen-Bundesligasaison/!5699924 | |
[3] https://www.fcstpauli.com/verein/leitlinien/ | |
[4] https://www.andrea-rechtsteiner.de/unser-profil | |
[5] /Oekonom-zu-Lieferkettengesetz/!5709868 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
FC St. Pauli | |
Fußball | |
Nachhaltigkeit | |
Sponsoring | |
Sportvereine | |
Sport-Marketing | |
FC St. Pauli | |
Fußball | |
FC St. Pauli | |
Lieferketten | |
Menschenrechte | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nordderby in der Zweiten Bundesliga: Ein unnützes Unentschieden | |
Im Zweitliga-Derby trennen sich der FC St. Pauli und Holstein Kiel 1:1 | |
(0:0). Beim Kiez-Club war dem Spiel eine Torwartposse vorausgegangen. | |
Heimniederlage für den FC St. Pauli: Euphorische Talfahrt | |
Neuanfang einstweilen gescheitert: Nach einer 0:3-Klatsche gegen Fortuna | |
Düsseldorf findet sich der FC St. Pauli tief im Zweitliga-Keller wieder. | |
FC St. Pauli gewinnt erste Heimpartie: Fast jeder Schuss ein Treffer | |
Mit gnadenloser Effizienz besiegt der FC St. Pauli am Millerntor die | |
favorisierten Heidenheimer mit 4:2. Ein paar Zuschauer*innen waren auch | |
dabei. | |
Vorstoß für Lieferkettengesetz: Freiwillig ist nichts passiert | |
Initiativen aus der Zivilgesellschaft fordern seit langem Mindeststandards | |
für die faire Produktion von Textilien. Jetzt kommt Hilfe von der Politik. | |
Ökonom zu Lieferkettengesetz: „Das ist eine Frage des Anstands“ | |
Das Lieferkettengesetz soll Menschenrechte sichern – und überfordert weder | |
Mittelstand noch Exporteure, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger. |