| # taz.de -- Grüner-Knopf-Siegel für faire Bekleidung: Müllers Grüne-Socken-… | |
| > Schwarze Schrift und anstelle des „o“ ein grüner Knopf: So sieht das neue | |
| > Siegel für fair hergestellte Textilien vor. Aber was genau ist „fair“? | |
| Bild: Der „Grüne Knopf“ kennzeichnet künftig fair hergestellte Textilien | |
| Berlin taz | Perfekt fair ist Entwicklungsminister Gerd Müller noch nicht | |
| gewandet. Aber der CSU-Politiker hat schon mal einen kleinen Anfang | |
| gemacht. Seine Socken, gekauft bei der Firma Hans Natur, tragen den Grünen | |
| Knopf. Dieses staatliche Textil-Siegel stellte Müller am Montag offiziell | |
| vor. Er hat es ins Leben gerufen, um besonders ökologische und sozial faire | |
| Produkte auszuzeichnen. | |
| Die kleine Firma Hans Natur ist eines von 27 Unternehmen, die am Start des | |
| Grünen Knopfes teilnehmen. Dabei sind weitere Mini-Händler wie Melawear, | |
| Spezialanbieter wie Dibella (Hotelwäsche), größere Textilunternehmen wie | |
| Tchibo und Vaude, Konzerne wie Otto und Rewe, aber auch Discounter wie Aldi | |
| und Lidl. Insgesamt 70 Firmen hätten Interesse, sagte Müller. | |
| [1][Das neue Siegel] findet sich ab sofort an einzelnen Produkten in | |
| Geschäften und Onlineshops. Um es zu erhalten, müssen die Firmen 26 | |
| Prüfkriterien für den jeweiligen Artikel erfüllen. In den asiatischen | |
| Zulieferfabriken sollen zum Beispiel genug Feuerlöscher hängen, bestimmte | |
| gesundheitsschädliche Chemikalien werden verboten, Gewerkschaftsfreiheit, | |
| gesetzmäßige Arbeitszeiten und Mindestlöhne sind zu gewährleisten. | |
| Zusätzlich müssen die Händler jeweils 20 Kriterien auf der Ebene des ganzen | |
| Unternehmens einhalten. Eine in Deutschland ansässige Firma ist | |
| beispielsweise verpflichtet, einen Beschwerdemechanismus nachweisen, damit | |
| auch die Arbeiterinnen und Arbeiter der Zulieferfabriken in Kambodscha ihre | |
| Sorgen so vorbringen können, dass die Zentrale sie wahrnimmt. | |
| ## Eingetragene Marke | |
| Die Produktkriterien können die Textilverkäufer auch dadurch nachweisen, | |
| dass sie bereits über anerkannte private Siegel wie [2][GOTS] | |
| (Bio-Rohstoffe), [3][Fairtrade] oder [4][Fair Wear] verfügen. Prüfstellen | |
| wie der TÜV sollen außerdem die Firmen durchleuchten. Die Deutsche | |
| Akkreditierungstelle (DakkS) überwacht die Prüfer. Schließlich ist die | |
| Marke Grüner Knopf beim Patentamt in München eingetragen. Sie soll sich zu | |
| einem internationalen Standard entwickeln, dem Konzerne aus anderen Ländern | |
| beitreten. | |
| Mit „Ausbeutung wie im 19. Jahrhundert“ müsse Schluss sein, sagte Müller. | |
| Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche, | |
| bezeichnete das Zertifikat als „sehr konkreten Schritt“. Bisher sei es | |
| nicht möglich, in einer Stadt wie München einen fair produzierten Anzug zu | |
| kaufen. Das werde sich hoffentlich bald ändern, so Bedford-Strohm. | |
| „Der Grüne Knopf kann dazu beitragen, ökologische und sozial faire Produkte | |
| aus der Nische in den Massenmarkt zu bringen“, sagte Melawear-Chef Henning | |
| Siedentopp. „Für die Kundinnen und Kunden ist er eine Orientierungshilfe.“ | |
| Ralf Hellmann von Dibella verspricht sich „langfristig eine höhere | |
| Akzeptanz und eine Umsatzsteigerung nachhaltiger Textilien“. | |
| ## Existenzsichernde Löhne kein Thema | |
| Die Kampagne für Saubere Kleidung sieht dagegen „erhebliche Schwächen“. | |
| „Die Zahlung eines existenzsichernden Lohns ist nicht integriert“, erklärte | |
| Ingeborg Mehser vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt. Anfangs müssen | |
| die Firmen nur versprechen, dass ihre Lieferanten die staatlich | |
| festgesetzten Mindestlöhne der Produktionsländer einhalten. | |
| Existenzsichernde Gehälter, die den Beschäftigten einen angemessenen | |
| Lebensstandard ermöglichen, liegen meist beim Doppelten oder Dreifachen des | |
| Mindestlohns. | |
| Das Entwicklungsministerium (BMZ) betonte, dass heute quasi nirgendwo in | |
| der Textilbranche Existenzlöhne gezahlt würden. Die Firmen, die den Grünen | |
| Knopf bekommen und später auch behalten wollten, müssen sich laut BMZ dem | |
| Existenzlohn aber allmählich annähern. | |
| Zahlreiche Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften sowie der | |
| Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierten zudem, dass die | |
| Teilnahme am Müller-Siegel für die Firmen freiwillig ist. Stattdessen | |
| fordern sie ein Lieferkettengesetz, das nicht nur für die Textilbranche | |
| verbindlich wäre. Minister Müller und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) | |
| drohen zwar mit einem solchen Gesetz – aber nur für den Fall, dass eine | |
| freiwillige Umfrage bei Unternehmen auf die mangelnde Beachtung der | |
| Menschenrechte in den Zulieferfabriken hindeuten sollte. Das Ergebnis wird | |
| nächstes Jahr erwartet. | |
| 9 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/gruener_knopf/bekanntgabe.pdf | |
| [2] https://www.global-standard.org/de/ | |
| [3] https://www.fairtrade-deutschland.de/ | |
| [4] https://www.fairwear.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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