| # taz.de -- CSU-Fraktionsklausur im Kloster Banz: In Aufbruchstimmung | |
| > Die größte Niederlage der CSU-Geschichte ist noch kein Jahr her, doch die | |
| > Partei fühlt sich wieder in Topform. Söder startet die nächste Offensive. | |
| Bild: Trotz aller Klimaschutz-Ambitionen: Das Auto bleibt der CSU heilig | |
| Kloster Banz taz | Die Stimmung ist gut, als zum Abschluss der | |
| Fraktionsklausur im Kloster Banz die beiden Parteichefs Markus Söder und | |
| Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Mikrofone treten. Man gibt sich stark – | |
| und einig. „Wir wissen – und wir beide ganz persönlich“, sagt Söder, �… | |
| es am Ende nur gemeinsam geht. Wir als CSU können uns noch so stark fühlen, | |
| ohne Rückenwind aus Deutschland sind auch bayerische Höhenflüge nicht | |
| möglich. Umgekehrt: Ohne ein starkes bayerisches Ergebnis kann man auch in | |
| Deutschland keinen Staat machen.“ | |
| Vom „gemeinsamen Kompass“ der Unionsparteien ist die Rede und von einer | |
| „Basis von Inhalten aber auch einer Basis des miteinander Umgehens“, die | |
| man wieder gefunden habe. Das vergangene Jahr, fügt die CDU-Chefin an, sei | |
| „keine Sternstunde in der Geschichte von CDU und CSU“ gewesen. | |
| Die Botschaft ist klar: 2018 ist Vergangenheit, eine neue Ära hat längst | |
| begonnen. Und was Kramp-Karrenbauer noch etwas zaghaft zu vermitteln | |
| versucht, versprüht Söder schon seit drei Tagen im Kloster Banz mit jeder | |
| Pore: Wir sind wieder da. Die CSU ist auf dem Weg zur alten Stärke. | |
| Das Gute daran, wenn man mal ganz unten angelangt ist, ist ja bekanntlich, | |
| dass es dann nur noch bergauf gehen kann. Insofern kann man es ja | |
| verstehen, wenn sich mancher CSU-Abgeordnete auf der Fraktionsklausur in | |
| Kloster Banz derzeit an die Zeit vor einem Jahr erinnert und sich über den | |
| heutigen Zustand seiner Partei freut. | |
| ## Ein „zartes Pflänzchen“ | |
| Zur Erinnerung: Damals, es war wenige Wochen vor der Landtagswahl, | |
| prognostizierten die Umfrageinstitute den Christsozialen Wahlergebnisse von | |
| 35 Prozent und weniger – wohlgemerkt: einer Partei, die Bayern mit kurzer | |
| Unterbrechung über Jahrzehnte hinweg allein regiert hatte, die noch 2003 | |
| einen Stimmenanteil von über 60 Prozent erreicht hatte. Bei der Wahl im | |
| letzten Jahr kam sie dann immerhin noch auf 37,2 Prozent – auch das schon | |
| eine historische Niederlage, Ministerpräsident Markus Söder konnte sich nur | |
| mangels Alternative im Amt halten. | |
| Seither hält sich die CSU in den Umfragen etwa auf diesem Wert, und | |
| spätestens seit Söder im Januar auch das Amt des Parteichefs übernommen | |
| hat, herrscht wieder weitgehend Ruhe. „Relativ stabil“ stehe die CSU da, | |
| sagt Söder selbst, spricht aber auch von einem „zarten Pflänzchen“, das es | |
| zu hegen und pflegen gelte. Anders als sein Vorgänger Horst Seehofer hat | |
| Söder Partei und Fraktion gut im Griff. Nur selten verlautet leises Murren | |
| aus den Gremien, wenn der eine oder andere mit der Geschwindigkeit des | |
| Chefs nicht mehr mitkommt. „Söder legt ein Tempo vor, wie noch keiner vor | |
| ihm, nicht einmal Stoiber“, gibt ein Insider zu. „Und er bestimmt die | |
| Themen.“ | |
| Aber er versteht es offenbar, seine Leute dabei mitzunehmen; dem | |
| Abgeordneten zufolge gibt es „nicht den Ansatz einer Palastrevolte“. Dass | |
| Söder beim regulären CSU-Parteitag im Oktober mit einem sehr guten Ergebnis | |
| im Amt bestätigt werden wird, bezweifelt hier kaum jemand. | |
| Nun dürfte die relative Stärke der CSU tatsächlich damit zu tun haben, dass | |
| Söder, wie er immer wieder gerne zugibt, aus den Fehlern des letzten Jahrs | |
| gelernt hat. Zum einen war das der Versuch, der AfD im Wahlkampf mit | |
| rechtspopulistischen Sprüchen wie denen vom „Asyltourismus“ oder vom „En… | |
| des Multilateralismus“ Paroli zu bieten, zum anderen war das aber auch das | |
| Unvermögen, die Reihen geschlossen zu halten – sowohl innerhalb der eigenen | |
| Partei als auch innerhalb der Union. Wenn sich die Landtagsfraktion ihrer | |
| „legendären Geschlossenheit“ rühmt, geschieht das mittlerweile wieder ohne | |
| ironischen Unterton. | |
| ## Söder bleibt Söder | |
| Aber auch Söders letzte Verbalattacke gegen die Kanzlerin ist schon sehr | |
| lange her. Und mit der neuen CSU-Chefin versteht er sich ohnehin bestens. | |
| Da passe tatsächlich kein Blatt Papier dazwischen, sagt Söder. | |
| Die gute Nachricht für irritierte CSUler: Söder ist nach wie vor Söder – | |
| trotz der [1][Geschwindigkeit, die er vor allem in Sachen Umwelt zuletzt an | |
| den Tag gelegt hat.] Erst übernahm er das Artenschutzvolksbegehren, das der | |
| CSU-nahe Bauernverband verteufelt hatte, dann unterließ er wochenlang keine | |
| Gelegenheit, neue Vorschläge zu Rettung von Umwelt und Klima aufs Tapet zu | |
| bringen. Natürlich fragt sich mancher in der Fraktion da gleich, ob es sich | |
| die CSU mit so viel grünem Anstrich nicht mit ihrer wichtigsten Klientel | |
| verdirbt, mit den Landwirten etwa oder den Autobauern? | |
| Doch wer Söder jetzt in Banz hörte, konnte beruhigt sein. Bestürzt zeigte | |
| sich der Ministerpräsident über die Aggressivität, die man neuerdings dem | |
| Auto entgegenbringe, die [2][IAA] sei ja keine Leistungsschau mehr, nur | |
| noch eine Leidensschau, Bayern sei ein Autoland, und ohne das Auto sei | |
| „weder die freiheitliche Lebensform noch die wirtschaftliche Leistung zu | |
| erhalten“. Und überhaupt: Wer die Autoindustrie schädige, der „sägt den … | |
| ab, auf dem unser Land sitzt“. Noch Fragen? | |
| Und eigentlich ist das Klimathema für Söder schon wieder abgehakt. Er ist | |
| in Gedanken schon wieder viel weiter. In einer Grundsatzrede legte er den | |
| Parlamentariern im Kloster das Konzept einer neuen Technologie-Offensive | |
| vor, mit der er den Freistaat in die Zukunft führen, die „nächste Stufe der | |
| Rakete zünden“ will. | |
| ## Der große Sprung nach vorne | |
| Es ist ein Milliardenprogramm, das zum Beispiel vorsieht, Bayern zum | |
| Spitzenstandort in Sachen Künstliche Intelligenz zu machen. Auch eine | |
| umfassende Hochschulreform plant Söder – mit 1000 neuen Professuren und | |
| 10.000 neuen Studienplätzen. Dazu will der Ministerpräsident | |
| Spitzenforscher aus aller Welt abwerben – gezielt auch vom Brexit | |
| verunsicherte Wissenschaftler aus Großbritannien. Hochschulen sollen | |
| Start-ups gründen, Technologie-Studiengänge komplett auf Englisch angeboten | |
| werden können. | |
| Auch in der Mobilfunkabdeckung will Söder einen großen Sprung machen. 500 | |
| neue Masten sollen aufgestellt werden, um endlich ein flächendeckendes Netz | |
| zu haben. „Eine der internationalen Peinlichkeiten Deutschlands ist der | |
| Mobilfunk“. Klar, das Ganze kostet. Söder spricht von einer „Milliarde | |
| plus“ in den nächsten vier bis fünf Jahren und davon, dafür die | |
| Schuldentilgung zu reduzieren. In Details bleibt er aber vage. Bayern | |
| verstecke sich nicht vor der Zukunft, sagt er noch – und: „Die Algorithmen | |
| entscheiden letztlich über die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft.“ Nach der | |
| Rede, so Fraktionschef Thomas Kreuzer, habe es „Riesenapplaus“ gegeben. | |
| „Esst ihr noch was“, fragt die CDU-Chefin Kreuzer und Söder nach der | |
| Pressekonferenz. Viel Zeit hat sie nicht mehr. Söder und sie müssen nach | |
| Berlin, noch mal kurz das Klima retten. | |
| 19 Sep 2019 | |
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| [1] /CSU-Chef-entdeckt-Umweltschutz/!5624628 | |
| [2] /IAA-in-Frankfurt/!5626143 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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