Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Streit um Verkehr nach Mauretanien: Neuer Krieg um Westsahara
> Die Westsahara-Befreiungsbewegung Polisario kündigt den seit 1991
> geltenden Waffenstillstand mit Marokko auf. In der Wüste gibt es neue
> Kämpfe.
Bild: Es gibt sie noch: Kämpfer der „Polisario Front“ (Archivaufnahmen)
Madrid taz | Die Exilregierung der Westsahara hat den 29 Jahre alten
Waffenstillstand mit Marokko beendet. In einer am Freitagnachmittag vom
Vorsitzenden der in Algerien basierten Befreiungsbewegung Polisario,
Brahim Ghali, veröffentlichten Kommuniqué, wird die „Wiederaufnahme des
bewaffneten Kampfs zur Verteidigung der legitimen Rechte unseres Volkes“
als unumgänglich beschreiben.
Freitag und Samstag griff die sahrauische Armee nach eigenen Angaben sechs
Militäreinrichtungen entlang des von Marokko errichteten 2.700 Kilometer
langen Sandwalls an, der die von Marokko kontrollierten Teile der
Westsahara – rund 80 Prozent des Gebiets – von den Teilen unter Kontrolle
der Polisario trennt. Laut der sahrauischen Armee kamen dabei „Soldaten des
Feinds“ ums Leben. Marokkos Regierung erklärte, sie halte sich an den
Waffenstillstand. Zuvor hatte sie gesagt, sie reagiere militärisch auf
„Provokationen“ der Polisario.
Die Westsahara war bis 1975 spanische Kolonie. Statt ihr die Unabhängigkeit
zu gewähren, trat Spanien in einem Geheimabkommen das Territorium an der
nordwestafrikanischen Atlantikküste direkt gegenüber den Kanaren an Marokko
und Mauretanien ab, während die Polisario eine „Demokratische Arabische
Republik Sahara“ ausrief. Marokko schickte in einem „Grünen Marsch“ Sied…
in die Westsahara, die es als Teil seines historischen Staatsgebiets
betrachtet. Mauretanien schloss mit der Polisario Frieden, Marokko rückte
daraufhin nach. Offiziell hat Marokko die Westsahara annektiert,
völkerrechtlich gilt das Gebiet als noch nicht entkolonisiert.
1991 erreichte die UNO einen Waffenstillstand, auf das eine Volksabstimmung
über Unabhängigkeit oder Anschluss an Marokko folgen sollte. Das ist bis
heute nicht geschehen, da beide Seiten sich nie einig darüber wurden, wer
abstimmen soll. Während die Polisario nur die Saharauis, die zu Zeiten der
Kolonialherrschaft in der Westsahara lebten, und deren Nachkommen als
wahlberechtigt ansieht, fordert Marokko das Wahlrecht auch für Mitglieder
bestimmter Stämme in Südmarokko. Ende der 1990er Jahre scheiterte der
letzte Versuch der UNO, diese Frage zu klären. Bis zu 170.000 Sahrauis
leben nach sahrauischen Angaben seit mehr als vier Jahrzehnten in den
Flüchtlingslagern in der Wüste in Südalgerien, viele davon dort geboren. In
der Westsahara leben nach marokkanischen Angaben neben rund 150.000
Einheimischen über 350.000 Marokkaner; sie wären bei einem Referendum nicht
wahlberechtigt.
## 45 Jahre nach 1975
Die neuen Kämpfe fallen auf den 45. Jahrestag des Abkommens von 1975. Zuvor
hatte sich der eingefrorene Konflikt wieder zugespitzt. Seit Ende Oktober
blockierten Sahrauis eine Straße, die bei Guerguerat den marokkanischen
Teil der Westsahara mit Mauretanien verbindet. Die Straße durchquert einen
schmalen Landstrich, der zur UN-Pufferzone zwischen den Konfliktparteien
gehört. Am Freitag schickte Marokko Gendarmerie und Militär, um die Straße
zu räumen. Es kam zu einen Schusswechsel. Die Marokkaner nahmen den
Straßenabschnitt ein. Der Verkehr rolle wieder, heißt es aus Rabat. Die
Westsahara-Exilregierung reagierte mit dem Ende des Waffenstillstands.
„Die UNO ist gescheitert. Sie hat mit ihrer Mission nichts anderes gemacht,
als den Status quo aufrechtzuerhalten. Sie wurde zum Garanten der Besatzung
und der Ausbeutung der Rohstoffe unseres Landes durch Marokko“, sagt der
Vertreter der Polisario in Madrid, Abdulah Arabi.
15 Nov 2020
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Westsahara
Marokko
Unabhängigkeit
Polisario
Afrobeat
Marokko
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Flucht
Westsahara
Kolonialismus
Marokko
## ARTIKEL ZUM THEMA
Migration in Westafrika: Tödliche See, tödlicher Sand
Was der wiederaufgeflammte Westsahara-Konflikt mit der Wiederbelebung der
tödlichen Atlantik-Migrationsroute auf die Kanaren zu tun hat.
Konflikt in Westsahara: Am Sandwall
In der Westsahara schlagen Menschenrechtler Alarm: Seit Beginn des Kriegs
zwischen Marokko und Polisario hat sich die Lage deutlich verschlechtert.
Pressefreiheit in Westsahara: Geheime Arbeit
In den besetzten Gebieten der Westsahara gibt es keine freie Presse. Die
Agentur Equipe Media bleibt oft die einzige verlässliche Quelle.
Flucht aus Mauretanien: Dutzende bei Bootsunglück ertrunken
Das Boot soll mit mehreren Menschen auf dem Weg zu den Kanarischen Inseln
gewesen sein. Mauretanien dient vielen als Transitland nach Europa.
Flüchtling über das Warten der Sahraouis: „Unsere Frauen sind die Tapferste…
Ali M'Barek-Mouloud musste als Kind aus Westsahara fliehen. Ein Gespräch
über einen von der Welt vergessenen Konflikt und beduinische Willensstärke.
Handel und Menschenrechte: Conti stellt auf Durchzug
Wie sich eine Tochter des Hannoverschen Automobilzulieferers Continental in
Westsahara engagiert und in Konflikt mit dem europäischen Recht gerät.
Menschenrechtspreis für Laila Fakhouri: Sahraui-Aktivistin wird geehrt
Sie ist 25 Jahre jung und kämpft gegen die Unterdrückung der Sahrauis durch
Marokko. Laila Fakhouri bekommt den Weimarer Menschenrechtspreis.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.