| # taz.de -- Zollstreit zwischen EU und USA: Handelskonflikt geht vorerst weiter | |
| > Mit Joe Biden als US-Präsident dürfte der Handelsstreit an Schärfe | |
| > verlieren. Dennoch erheben die Europäer neue Strafzölle auf amerikanische | |
| > Güter. | |
| Bild: Trump ist abgewählt. Die EU verhängt trotzdem Strafzölle auf US-Waren … | |
| Berlin/Brüssel taz | Donald Trump ist abgewählt. Doch als hätte es die | |
| Wahlen in den Vereinigten Staaten nicht gegeben, gehen die Handelskonflikte | |
| zwischen der EU und den USA trotzdem vorerst weiter. | |
| EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis kündigte am Montag in Brüssel neue | |
| Strafzölle auf US-Produkte in einem Wert von bis zu 4 Milliarden US-Dollar | |
| (etwa 3,4 Milliarden Euro) an. Erhoben werden Zusatzentgelte auf gefrorene | |
| Fischprodukte, Trockenfrüchte, Tabak und Spirituosen. Nach einer zuvor | |
| veröffentlichten EU-Liste könnten auch Traktoren und Motorradteile | |
| betroffen sein. Zuvor hatte die Welthandelsorganisation WTO dafür grünes | |
| Licht gegeben. | |
| Die Strafzölle gehen auf den seit Jahren [1][schwelenden Streit über | |
| Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing] zurück. Die WTO hatte | |
| erst den USA, dann auch der EU erlaubt, auf die unerlaubten Staatshilfen | |
| der jeweils anderen Seite zu reagieren. Immerhin: Die EU bleibe offen für | |
| eine Verhandlungslösung, sagte Kommissar Dombrovskis am Montag. Hinter den | |
| Kulissen ist durchaus angekommen, dass die Handelsstreitereien mit den USA | |
| vielleicht nicht komplett der Vergangenheit angehören, aber zumindest | |
| entschärft werden. | |
| Donald Trump hat als US-Präsident das Transpazifische Handelsabkommen TPP | |
| ersatzlos aufgekündigt. Das geplante Handelsabkommen mit Europa, TTIP, | |
| liegt auf Eis. Mit China liefert sich sein Land einen wahren Handelskrach, | |
| bei dem sich die beiden größten Volkswirtschaften der Welt gegenseitig mit | |
| Strafzöllen überziehen. Umso größer ist nun die Hoffnung in Brüssel, Berlin | |
| und Peking auf eine allgemeine Entspannung mit dem künftigen US-Präsidenten | |
| Biden. Die Strafzölle wegen Boeing könnten schnell wegfallen, wenn die USA | |
| ihre entsprechenden Sanktionen fallen ließen, heißt es in Brüssel. „Wir | |
| sind bereit, das regelbasierte multilaterale System zu reformieren“, | |
| erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kurz nach Bidens | |
| Wahl. | |
| ## Nord Stream 2 dürfte auch unter Biden für Zoff sorgen | |
| Ähnlich optimistisch zeigte sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. | |
| „Wenn Joe Biden das Prinzip ‚America first‘ beerdigt, können wir auch die | |
| Handelsstreitigkeiten mit den USA beiseitelegen“, sagte er. „Anstatt uns | |
| gegenseitig mit immer neuen Sanktionen zu überziehen, müssen wir nun | |
| schauen, wie wir in Zukunft wieder zu einem positiven Verhältnis kommen | |
| können.“ | |
| Dabei wird es insbesondere mit Deutschland auch weiterhin Streitpunkte | |
| geben, die sich mit Bidens Amtsantritt kaum in Luft auflösen werden. | |
| [2][Die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 etwa]: Selbst von der | |
| Leyen hält sie für „nicht hilfreich“, Polen und die baltischen Staaten | |
| lehnen sie ab. Deutschland verfolgt das Projekt trotz aller Kritik auch aus | |
| dem Europaparlament weiter. In Berlin hofft man, dass Biden die | |
| US-Sanktionen gegen Nord Stream lockern oder gar aufheben könnte. Dabei | |
| waren es ausgerechnet Bidens Demokraten, die sich im US-Kongress für eine | |
| Verschärfung eingesetzt hatten. Sie dürften dies nach der Wahl nicht | |
| vergessen haben, sondern könnten versucht sein, den Druck auf Deutschland | |
| und die EU weiter zu erhöhen. | |
| ## Gemeinsam China unter Druck setzen | |
| Auch der Handelsüberschuss der Deutschen bleibt den USA nach Ansicht von | |
| Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, ein Dorn im Auge. „Allerdings | |
| sitzt fortan ein Mann im Weißen Haus, mit dem man reden kann“, sagt Gitzel. | |
| „Und allein die Aussicht auf ein vernünftiges Verhandlungsklima bei | |
| Handelsfragen wird bei der deutschen Exportwirtschaft für Frohlocken | |
| sorgen.“ | |
| Ökonom Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für | |
| Wirtschaftsforschung (DIW), forderte die Europäer auf, auf Bidens USA | |
| zuzugehen, um die transatlantische Partnerschaft zu stärken. „Wichtig wäre | |
| ein US-EU-Freihandelsabkommen, um zusammen globale Standards zu setzen und | |
| China zu drängen, sich an gemeinsame Regeln zu halten.“ Biden werde die | |
| US-Interessen auch deshalb in den Vordergrund stellen, um die starke | |
| soziale und politische Polarisierung in den USA zu adressieren. | |
| ## Kein Zurück zu der Zeit vor Trump | |
| Hauptziel im Handelsstreit bleibt auch unter Biden China. Hier geht es | |
| nicht nur um eine unausgeglichene Handelsbilanz, sondern auch um politische | |
| Vormacht und um den Technologie-Spitzenplatz. Chinesische Staatsmedien | |
| reagierten zwar zunächst ähnlich euphorisch auf Bidens Sieg wie die | |
| Europäer. An den chinesischen Börsen ging es am Montag kräftig aufwärts, | |
| die chinesische Währung, der Yuan, erreichte ein neues Zweijahreshoch. Es | |
| liege „im gemeinsamen Interesse der Menschen aus beiden Ländern und der | |
| internationalen Gemeinschaft, dass die Beziehung zwischen China und den USA | |
| verbessert und verlässlich wird“, schrieb Chinas führende Parteizeitung | |
| Global Times. | |
| Doch ob die USA unter Bidens Präsidentschaft von Trumps aggressiver | |
| Handelspolitik absehen werden? Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen | |
| Handelskammer in China (EUCCC), ist skeptisch. „Die bilateralen Beziehungen | |
| werden nicht zu ihrem Zustand aus der Zeit vor Trump zurückkehren, da in | |
| den USA ein parteiübergreifender Konsens für eine harte Haltung gegenüber | |
| China herrscht.“ Peking habe längst erkannt, „dass sich die bilateralen | |
| Beziehungen grundlegend und dauerhaft verändert haben“, sagt der | |
| langjährige China-Kenner. Die chinesische Führung spricht von einem | |
| „langwierigen Krieg“ und von der Wichtigkeit, in bestimmten | |
| Schlüsseltechnologien Eigenständigkeit zu erreichen. | |
| EU-Handelskammerpräsident Wuttke geht davon aus, dass Biden und sein Team | |
| China zwar als strategischen Konkurrenten sehen, er glaubt aber nicht, dass | |
| sie weiter so aggressiv agieren werden wie etwa Trumps amtierender | |
| Außenminister Mike Pompeo. „Für die Zentralregierung in Peking dürfte es | |
| einfacher sein, mit dem Biden-Team zu kommunizieren.“ | |
| 10 Nov 2020 | |
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| [1] /EU-darf-Strafzoelle-gegen-USA-verhaengen/!5719718/ | |
| [2] /Streit-ueber-Nord-Stream-2/!5709578/ | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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