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# taz.de -- Kiel novelliert Klimaschutzgesetz: Musterland mit hohen Zielen
> Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein will Wärmewende und
> Photovoltaik voranbringen. Angesichts der Ziele wirken die Pläne aber
> bescheiden.
Bild: Wind- und Sonnenenergie: Schleswig-Holstein setzt auf den Ausbau der Phot…
Hamburg taz | Schleswig-Holsteins Energiewende-Minister Jan-Philipp
Albrecht (Grüne) will zusätzlichen Schwung in den Klimaschutz des Landes
bringen. Am Dienstag stellt der Minister seinen Kabinettskollegen von der
CDU, den Grünen und der FDP seine Vorschläge zur Novellierung des
Energiewende- und [1][Klimaschutzgesetzes] vor.
„Mit dem neuen Gesetz wollen wir wichtige Weichen für mehr Klimaschutz
stellen und die nächsten Stufen der [2][Energiewende] in Schleswig-Holstein
zünden“, sagte Albrecht vor der Presse. Unter den Punkten, die er dazu am
Freitag genannt hat, kommt Wind nicht vor. Dafür geht es viel um Wärme und
Photovoltaik.
Das Land zwischen Nord- und Ostsee mit seinem üppigen Angebot an Windstrom
ist zwar ein Vorreiter bei den Erneuerbaren Energien. Seinen Stromverbrauch
kann es schon heute zu 150 Prozent aus selbst erzeugtem, CO2-freien Strom
decken. Doch beim Energieverbrauch belegt der Strom nur den dritten Platz
hinter dem Verkehrssektor und dem Wärmeverbrauch, wo es noch weitaus mehr
zu tun gibt.
Dabei ist das Land von seinen CO2-Minderungszielen noch ganz schön weit
entfernt. Eigentlich sollte Schleswig-Holstein schon heute 40 Prozent
weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Geschafft sind laut dem aktuellen
[3][Monitoring-Bericht der Landesregierung] gerade einmal 25 Prozent. In
zehn Jahren sollen es 55 Prozent sein, 2050 dann 80 bis 95 Prozent.
## Dynamische Ziele
Neu einführen will Albrecht hier einen dynamischen Faktor: Machen die EU
oder der Bund in Zukunft schärfere Vorgaben, soll das
schleswig-holsteinische Gesetz entsprechend angepasst werden.
Um den Klimazielen näher zu kommen, sollen größere Kommunen zur Erstellung
eines kommunalen Wärmeplans verpflichtet werden. Auf diese Weise könnten
bis zu 45 Prozent der Haushalte im Land auf Erneuerbare Wärme umgestellt
werden. Dafür soll es eine Förderung vom Land geben.
Künftig soll es nicht mehr nur bei Neubauten, sondern auch bei Altbauten
Pflicht sein, grüne Energie fürs Heizen und die Warmwasserbereitung zu
nutzen. „Der Altbestand ist bei der Wärme die größte Baustelle“, sagte
Albrecht. Wärmepumpen und Solarthermie-Anlagen seien schon heute die
bessere Alternative zur Ölheizung. Beim Austausch von Heizungsanlagen in
Gebäuden, die vor 2009 gebaut wurden, sollen mindestens 15 Prozent des
Energiebedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden.
Weil es mit dem Ausbau der [4][Windenergie] an Land nur noch schleppend
vorangeht, setzt Albrecht auf den stärkeren Ausbau der Photovoltaik.
Jüngere Studien sähen beim Solarstrom auf Gebäuden in Schleswig-Holstein
ein Potenzial von sieben bis neun Gigawatt installierter Leistung.
Das wäre gewaltig. Derzeit sind nur 1,1 Gigawatt realisiert. Die gesamte
installierte Stromleistung im Land liegt bei 13,4 Gigawatt, 10,6 davon
erneuerbar. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk Brokdorf in Dithmarschen,
eines der leistungsfähigsten überhaupt, schafft knapp 1,5 Gigawatt.
„Wir können die Ausbaulücke mit Photovoltaikanlagen auf Dächern,
Parkplätzen sowie mit Freiflächenanlagen schließen“, sagte Albrecht. Für
Investoren seien Photovoltaikanlagen wirtschaftlich attraktiv. Trotzdem
will er ein bisschen nachhelfen:
Bei neu errichteten Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen soll eine
Überdachung mit Photovoltaikanlagen zum Standard werden, gleichfalls beim
Neubau und der Dach-Renovierung von Nichtwohngebäuden. Und wer überlegt,
sich eine Solaranlage aufs eigene Häuschen zu setzen, dem soll das Land
nach den Vorstellungen des Energieministers mit einer ausgeweiteten
Energiespeicherförderung ab Anfang 2021 winken.
Auf Bundesebene soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass Lärm-
und Sichtschutzwände an Autobahnen und Bundesstraßen mit
Photovoltaik-Modulen versehen und Rast- und Parkplätze mit Ladestationen
und Solar-Anlagen ausgestattet werden.
## Windenergie stagniert
Bei der Windenergie, die entscheidend dazu beigetragen hat, dass das Land
beim Thema Erneuerbare Energien so gut dasteht, konnte Albrecht die
Genehmigung von 100 neuen Anlagen verkünden. Allerdings war die Zahl der
Genehmigungen nach 2017 massiv eingebrochen. Der Zuwachs an Leistung war
minimal.
„Wenn es so weitergeht, werden sie ihr eigenes Koalitionsziel nicht
erreichen“, warnt Jana Lüth vom Bundesverband Windenergie. Dabei werde die
Lage noch dadurch verschärft, dass bei vielen alten Windkraftanlagen die
EEG-Förderung auslaufe und sie wegen des niedrigen Strompreises nicht mehr
wirtschaftlich zu betreiben seien.
Der Jamaika-Koalitionsvertrag von 2017 sieht einen Ausbau der Windenergie
an Land bis 2025 auf zehn Gigawatt vor. Ende Juni waren erst 6,7 Gigawatt
geschafft. Um dieses Ziel zu erreichen, sagt Lüth, müsse die
Landesregierung ein klares Signal setzen: „Wir wollen die Energiewende.“
2 Nov 2020
## LINKS
[1] /Klimapaket-im-Bundesrat/!5642770
[2] /Politoekonomin-Maja-Goepel-ueber-Ideologie/!5722049
[3] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/K/klimaschutz/energiewende…
[4] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/Themen/Energie/Windene…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Erneuerbare Energien
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Schleswig-Holstein
Windkraft
Photovoltaik
Solarenergie
Ökostrom
Wasserstoff
IG
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
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