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# taz.de -- Union Berlin im Positivtrend: Morsen in Köpenick
> Mit Notbehelfen im Publikum und überhaupt recht unbeschwert geht der 1.
> FC Union Berlin durch Pandemiezeiten: 1:1 gegen Freiburg.
Bild: „Wir bleiben positiv“: Unions Friedrich geht ins Luftduell gegen Frei…
Das Wort zum Sonntag sprach Stadionsprecher Christian Arbeit. Kaum war der
Abpfiff vom Schiedsrichter verklungen, wandte sich der Angestellte des 1.
FC Union Berlin an die Zuschauer:innen: „Ich hoffe, dass ihr ein Lächeln
von heute für die Woche mitnehmt.“ Nicht wenige Mundwinkel unter den
[1][4.500 Gesichtsmasken] dürften in diesem Moment nach unten gezeigt
haben, denn mehrfach hatte sich Union am Samstagnachmittag um den Sieg
gebracht. Zuletzt war es Marvin Friedrich in der 89. Minute gewesen, der
das Tor per Kopfball nur um wenige Zentimeter verfehlte. So blieb es beim
1:1.
Doch das Ergebnis spielte eine ungewohnt untergeordnete Rolle an der Alten
Försterei. Dem Stadionsprecher war es wichtig, die heilsame Wirkung von
Fußball an sich in den Vordergrund zu stellen. Denn die Berliner spielten
an diesem Tag neben dem SC Freiburg gegen einen noch viel größeren,
unsichtbaren Gegner. Dass der Bundesligist in einem der [2][virulentesten
Risikogebiete Deutschlands] solch eine Massenveranstaltung durchführt,
hatte bereits im Vorfeld der Partie für breiten Unmut gesorgt. Berlins
Gesundheitsministerin Dilek Kalayci bat die Fans, lieber zu Hause zu
bleiben.
Christian Arbeit gab dem Publikum indes spirituelles Rüstzeug mit auf den
Nachhauseweg: „Begegnet denen, die euch anmotzen, dass ihr hier wart, mit
Freundlichkeit. Schenkt ihnen ein Lächeln.“ Vor der Partie hatte er schon
dem Union-Anhang einen Workshop in nonverbaler Kommunikation gegeben, weil
das Gesundheitsamt Köpenick ein Singverbot für die Partie erteilt hatte.
„Fußballgott“ könne man klatschen, erklärte Arbeit (dreimal kurz). Ebenso
wie „Eisern Union“ (lang, kurz, kurz, lang). Eine Art Morsealphabet für
Notzeiten. Wahrscheinlich kann der Union-Anhang in Kürze schon seine
Verwünschungen auf den verhassten DFB und Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp
klatschen, ohne juristisch dafür belangt werden zu können.
## Imagepflege des Rebellentums?
Die Suche des Vereins nach einem eigenen Weg in Pandemiezeiten – vor der
Saison entwickelte man bereits Planspiele, vor voll besetzten Rängen zu
spielen – kann man als „typisch Union“ oder etwas unfreundlicher als
Imagepflege des Rebellentums abtun. Vielleicht lässt sich das eiserne
Festhalten von Union an der Idee, so schnell wie möglich wieder Zustände
herzustellen, wie sie vor der Coronazeit herrschten, viel schlichter
erklären. Die Pandemie trifft den Verein wie keinen anderen in der
absoluten Blüte seiner Klubhistorie. Nach dem überraschenden Aufstieg in
die Eliteklasse und dem ebenso erstaunlichen Klassenerhalt ist Union gerade
dabei, Strukturen zu entwickeln, um sich dauerhaft ganz oben zu etablieren.
Die Unterstützung des treuen Publikums wird dabei auch von den Kluboberen
als unverzichtbarer Nährstoff für das Aufblühen des Vereins gewertet. Der
Verzicht darauf fällt deshalb umso schwerer.
Wie vielversprechend dieses Projekt bei Union voranschreitet,
veranschaulichte die Partie gegen den SC Freiburg. Union hat schon einiges
von seiner Grobschlächtigkeit und Berechenbarkeit der Vorsaison ablegen
können. Vor allem in der Anfangsphase wirkten die Berliner ballsicherer und
erspielten sich ein Übergewicht. Maßgeblichen Anteil daran hatte Neuzugang
Max Kruse, der als Anspielstation und Ballverteiler mit den meisten
Torschussvorlagen dem Team einen großen Halt gab. Hinzu kommt, dass Profis
wie Friedrich oder Robert Andrich offensichtlich einiges aus dem ersten
Bundesligajahr bei Union gelernt haben. Die 0:1-Führung der Gäste durch
Vincenzo Grifo (34.) konnte gar keine Unruhe erzeugen, weil Andrich nur
zwei Minuten später kühl die Unsortiertheit der gegnerischen Defensive
ausnutzte und aus der Distanz für den Ausgleich sorgte.
Die Zufriedenheit mit der Leistung sei stärker als die Unzufriedenheit mit
dem Ergebnis, versicherte Union-Trainer Urs Fischer glaubhaft nach der
Partie. Im Vergleich zu seinem Freiburger Kollegen Christian Streich, der
sich mit dem Remis eigentlich hätte glücklich schätzen müssen, wirkte
Fischer besser gelaunt und zuversichtlich. Eine Zuversicht, die sich aus
den stetigen Erfolgen der letzten zwei Jahre speist und auch jedes noch so
große Problem bewältigbar erscheinen lässt. Zu den steigenden Coronazahlen
befragt, riet Fischer bei aller Achtsamkeit zu mehr Zuversicht und erklärte
recht unbefangen: „Ich bleibe positiv.“
25 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.fc-union-berlin.de/de/stadion/hygieneregeln-fuer-stadionbesuche…
[2] https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4
## AUTOREN
Johannes Kopp
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