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# taz.de -- Seriensieger Freiburg beim FC Bayern: Hartes Handwerk
> Nach Startproblemen kompensiert der SC Freiburg seine Abgänge bestens.
> Die fünf Siege in Folge sind auch Coach Streich zu verdanken.
Bild: Gute Entwicklung: Santamaria integriert sich mit Wissbegierigkeit immer b…
Freiburg taz | Pressekonferenzen, die online übertragen werden, sind ein
zweifelhaftes Vergnügen. In der Mimik der auf wenige Pixel eingedampften
Trainer lässt sich nichts lesen, Interaktion ist kaum möglich. Keine Regel
ohne Ausnahme: [1][Als Freiburgs Coach Christian Streich] jüngst mit dem
Lob des Kölner Kollegen Markus Gisdol konfrontiert wurde, er sei der „beste
Trainer der Liga“ entfuhr ihm schon ein lauter Seufzer, bevor der
Fragesteller überhaupt zu Ende formuliert hatte. Danach lobte Streich
irgendwie auch den Kollegen. Und natürlich seine Mannschaft, die das Spiel
zwei Tage später dann auch brav mit 5:0 gewann.
4:1, 3:1 und 5:0 lauteten die letzten drei Ergebnisse, fünf Mal am Stück
siegte der SC. 23 Punkte nach 15 Spielen sind so viel, dass selbst
notorische Schwarzseher wie der Trainer nicht mehr ganz so offensiv
betonen, dass es natürlich nur gegen den Abstieg geht. Insgeheim ist er
dennoch davon überzeugt, dass auch bald wieder eine Niederlagenserie zu
beklagen ist. Und dass die vielleicht schon am Samstag in München ihren
Anfang nimmt.
Dass dort mit dem Sportclub das Team der Stunde aufwartet, ist umso
überraschender, als der SC mit einem großen Handicap in die Saison
gestartet ist. Die Nationalspieler Luca Waldschmidt und Robin Koch gingen
ebenso wie der langjährige Torwart Alexander Schwolow. 35 Millionen Euro
brachte das ein, wovon nur etwas mehr als ein Drittel wieder ausgegeben
wurde. Der Saisonstart misslang dann auch gründlich. Nur sechs Zähler hatte
man nach dem achten Spieltag, der mit einem gruseligen 1:3 gegen Mainz zu
Ende ging.
Dass danach kein einziges Spiel mehr verloren wurde, scheint kein Zufall zu
sein. Jedenfalls benennen die Spieler unisono das schwache Mainz-Spiel als
Wendepunkt im bisherigen Saisonverlauf. Es soll einige Male lauter geworden
sein im Besprechungsraum. Und was passiert, wenn der Trainer wütend wird,
hat Mittelfeldmann Vincenzo Grifo jüngst einer Reporterin nur angedeutet:
„Glauben Sie mir, das wollen Sie nicht erleben.“
## Tipps vom Konkurrenten
Deutliche Worte scheinen sich aber vor allem die Spieler untereinander
gesagt zu haben, wie es vielleicht überhaupt die funktionierenden
Selbstheilungskräfte im Team sind, die die Mannschaft stark machen. So hat
der neue Stürmer Ermedin Demirović kürzlich bestätigt, dass er bei einem
gemeinsamen Spaziergang wertvolle Tipps von einem Kollegen bekommen habe,
von dem man das nicht erwartet hätte: von Nils Petersen, der von Demirović
einstweilen auf die Bank verdrängt wurde.
Doch bei allem Lob für die Soft Skills ihrer Spieler – vor allem ist der
Freiburger Höhenflug aber das Ergebnis harten soliden Handwerks. Wenn die
begabten Individualisten zuhauf das Weite suchen, bleibt eben nur die
Stärkung des Kollektivs.
[2][Das Streich’sche „Übsch, machsch Video“], klingt banal und ist doch …
interessanter konzeptioneller Kontrast zu den Aussagen, die beispielsweise
Markus Gisdol nach dem 0:5 vom Samstag tätigte. „Wenn du gut verteidigst,
machst du meist auch offensiv ein gutes Spiel“, fand Kölns Trainer und
beschrieb das exakte Gegenteil dessen, was sie in Freiburg für richtig
halten. Standards, eine große Waffe im SC-Spiel, werden hier bis zum
Erbrechen geübt, offensive Spielzüge sowieso. Und natürlich kann Streich
sehr akkurat beantworten, welch wohltuenden Einfluss die Fußhaltung bei
Santamarias Treffer im Hoffenheim-Spiel hatte.
Santamarias Entwicklung steht gewissermaßen stellvertretend für die der
ganzen Mannschaft. Der Franzose brauchte einige Wochen, bis er
selbstbewusster auftrat und die geforderten Laufwege verinnerlicht hatte.
Überraschen konnte das allerdings nur die Beobachter, die aufgrund der
Ablösesumme – die Rede ist von zehn Millionen Euro – Wunderdinge
erwarteten. Doch der kam in eine Mannschaft, die Spiel um Spiel verlor.
Heuer zählt er zu den Leistungsträgern, der das einbringt, was Streich sich
von ihm erhofft hatte: neben Fleiß und Robustheit ein gutes
Spielverständnis.
Das Scharnier zwischen Mittelfeld und Sturm funktioniert nun endlich.
„Santa ist ein großer Kämpfer. Er jammert nicht rum oder zweifelt nicht,
wenn es nicht läuft“, sagte Streich nach dessen erstem Bundesligator.
„Irgendwann habe ich ihn gefragt: Ist es vielleicht zu viel?“ Doch
Santamaria waren die vielen Einzel-Videositzungen nicht zu viel. Er wollte
immer mehr wissen. Das, so findet Streich, „sagt alles über ihn“. Vor allem
aber sagt es viel über die Art und Weise, wie in Freiburg gearbeitet wird.
Dass der aktuelle Kader mit einem etwas weniger besessenen Trainer auch auf
Platz acht stehen würde, ist nicht sehr wahrscheinlich. Dass das gelingen
könnte, wenn sie in Freiburg ein klein bisschen weniger akkurat arbeiten
würden, ist hingegen absolut ausgeschlossen.
17 Jan 2021
## LINKS
[1] /Freiburgs-Trainer-Streich-ueber-Fussball/!5301774
[2] https://www.kicker.de/_spielsch_uebsch_christian_streich_in_25_spruechen-62…
## AUTOREN
Christoph Ruf
## TAGS
Fußball-Bundesliga
SC Freiburg
Christian Streich
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Kolumne Press-Schlag
Fußball-Bundesliga
Fußball
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