| # taz.de -- Thüringer Ex-Ministerpräsident: FDP geht auf Distanz zu Kemmerich | |
| > Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) sieht kein Problem für | |
| > seine AfD-gestützte Wahl. Der Parteivorstand zieht die Reißleine. | |
| Bild: Thomas Kemmerich auf dem absteigenden Ast | |
| Leipzig taz | Es ist ein weiterer Paukenschlag im Ringen um die politische | |
| Deutungshoheit in Thüringen. Nachdem FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas | |
| Kemmerich am Donnerstagmittag auf Twitter erneut seine mit Stimmen der AfD | |
| gewonnene [1][Wahl zum Ministerpräsidenten vom Februar] verteidigte, | |
| distanzierte sich der Bundesverband heute Morgen umgehend – und ging | |
| mächtig auf Distanz. | |
| In einer Pressemitteilung erklärte FDP-Generalsekretär Volker Wissing, das | |
| Präsidium distanziere sich geschlossen von den aktuellen Äußerungen | |
| Kemmerichs. In der Folge werde Kemmerich – sollte er sich erneut als | |
| Spitzenkandidat zur Wahl stellen – jegliche „finanzielle, logistische oder | |
| organisatorische Unterstützung“ entzogen. | |
| Besonders deutlich wurde auch [2][Marie-Agnes Strack-Zimmermann], | |
| Bundestagsabgeordnete und Mitglied im FDP-Vorstand. Kemmerich sei | |
| „irgendwann falsch abgebogen und nicht mehr umgedreht“, twitterte sie am | |
| Freitagvormittag. „Es wird Zeit, dass du jetzt die Ausfahrt nimmst. | |
| Tschüss.“ | |
| Die Entscheidung verdeutlicht, wie groß die Kluft bei den Liberalen ist. | |
| „Es gibt immer wieder diese Schüsse aus Berlin“, sagte der Thüringer | |
| FDP-Fraktionsgeschäftsführer Tim Wagner am Freitagmorgen der taz. Auch der | |
| Landesverband habe die Nachricht von der Distanzierung erst am Morgen über | |
| die Medien erfahren. | |
| ## „Schüsse aus Berlin“ | |
| Dennoch gebe es in der Landtagsfraktion keine Probleme, Kemmerich zu | |
| unterstützen. „Wir lassen uns da nicht reinreden“, so Wagner. Sollte | |
| Kemmerich auf dem Landesparteitag am 14./15. November als neuer | |
| Spitzenkandidat gewählt werden, könne er mit der Unterstützung des | |
| Landesverbandes rechnen – ungeachtet dessen, was die Bundespartei sagt. | |
| „Auf die Mittel des Bundesverbandes sind wir nicht angewiesen.“ | |
| Wagner verteidigte den Tweet Kemmerichs, dass „nicht die Annahme der Wahl“ | |
| der Fehler gewesen sei, „sondern der Umgang der anderen demokratischen | |
| Parteien mit der Situation“. Demnach habe die AfD „falsch gespielt“, so | |
| Wagner, als sie Kemmerich mit ihren Stimmen unterstützen, nicht etwa der | |
| FDP-Kandidat falsch gehandelt. Dennoch sei auch für den Landesverband klar, | |
| „dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gibt“. | |
| Die Landespartei rund um Thomas Kemmerich weist damit erneut die | |
| Verantwortung für das Regierungsfindungsdebakel in Thüringen von sich. | |
| Anders der Bundesverband: In der Mitteilung heißt es deutlich, die | |
| Verantwortung für die Wahl zum Ministerpräsidenten trage Kemmerich selbst. | |
| Bereits einen Tag danach war Kemmerich auf Druck der Partei wieder vom Amt | |
| des Ministerpräsidenten zurückgetreten. | |
| Im Mai war Kemmerich dann ohne Mund-Nasen-Schutz als Redner auf einer | |
| [3][von einem Reichsbürgern organisierten Anti-Corona-Demonstration in | |
| Gera] aufgetreten, bei der auch die AfD anwesend war. Auch diesen Auftritt | |
| kritisierte die Bundesspitze scharf. | |
| ## Die AfD ist schuld, heißt es aus der Thüringer FDP | |
| Wagner verteidigt im Gespräch mit der taz, Kemmerich sei über die Teilnahme | |
| der AfD und die politische Ausrichtung der Veranstaltung nicht im Bilde | |
| gewesen. Man habe zu dieser Zeit „inhaltlich-strukturelle Probleme“ | |
| innerhalb des Landesverbandes gehabt, weshalb man die Veranstaltung „nicht | |
| entsprechend prüfen“ konnte. „All das hat ihn in ein Licht gerückt, in dem | |
| er nicht steht.“ Die Landtagsfraktion habe daraus gelernt, die | |
| Unterstützung im Landesverband für Kemmerich bleibe jedoch groß. | |
| 9 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sarah Ulrich | |
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