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# taz.de -- Wendler, Seehofer und Harris: Glaubhaft ja, aber wofür?
> Während Michael Wendler mit seinem Corona-Statement schockt, bleibt Horst
> Seehofer stur und Kamala Harris schafft einen ikonischen Moment.
Bild: Mit einem „Mr Vice-President, I’m speaking“ behauptete sich Kamala …
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Der Tag, an dem seine Lieder besser wurden als
seine Statements – der Wendler.
Und was wird in dieser besser?
Wendler, Naidoo, Hildmann – Riesenpersonaldebatte bei der AfD in paar
Jahren.
Die Nobelpreise wurden vergeben, den Friedensnobelpreis bekam das World
Food Programme. Verdient?
Während Gastronomen in Berlin die Sperrstunde „kopflos und
unverhältnismäßig“ vermenschenrechten, wirkt die Wahl des Komitees schon
fast sarkastisch: Hey, es gibt da noch eine knappe Milliarde Menschen auf
der Welt, die Permanenzsperrstunde erleiden. Das WFP ist ein
17.000-Leute-Team, also keine Heldenfigur. Man widerstand der Versuchung,
mal wieder mächtig Weltpolitik zu machen, indem man etwa die von Trump
geschmähte WHO geadelt hätte. Wichtiges Thema, kein Personenkult,
unabhängige Agenda: Ja, gute Wahl.
Gegen eine Studie wehrt er sich noch immer, doch einen Lagebericht zu
Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden hat Seehofer nun vorgelegt.
Demnach soll es in den Behörden 350 rechtsextreme Verdachtsfälle geben.
Halten Sie diese Zahl für glaubhaft?
Glaubhaft ja, wofür eigentlich: keine Ahnung. Der Verfassungsschutz
summiert hier nur die aktenkundigen Fälle, ohne Bundeswehr, doch mit
abgeschlossenen Verfahren und mit einem Stichtag vor den neuen
NRW-Enthüllungen. Also: Was unterm Radar amtlicher Ermittlungen
herumkompostiert, wird nicht abgebildet. Seehofers Strategie, eine
„gesamtgesellschaftliche Studie“ vorzuschlagen, zielt auf das erwartbare
Fazit: „Die Sicherheitsbehörden sind nicht rechtslastiger als der
Durchschnitt.“ Das Geld kann man sich also sparen und gleich fragen: Gelten
für seine Leute nicht besonders hohe Ansprüche?
Vor einem dreiviertel Jahr hatte sich Thüringens FDP-Parteichef Kemmerich
mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Jetzt schrieb er
auf Twitter, [1][die Annahme der Wahl sei kein Fehler gewesen, woraufhin
die FDP-Bundesspitze ihm nun die Unterstützung entzieht]. Kommt die
Reaktion zu spät?
Nach der Misswahl hatte FDP-Chef Lindner noch gratuliert – also griff man
danach zum schärfsten Schwert des organisierten Liberalismus: Man gründete
eine Arbeitsgruppe. „Umgang mit der AfD“. Den hatte weiterhin Kemmerich,
etwa bei einer rechtskonfusen Demo in Gera. Die FDP-AG arbeitsgruppt indes
offenbar so innig, dass ihr bei Twitter Leute zuvorkamen mit der Frage nach
Kemmerichs Fazit. Darauf erweist er sich als Mann der flachen Lernkurve und
gibt so der Bundes-FDP die Chance, ihre Landesfiliale zu erpressen: Zur
Neuwahl im April 21 würde ein Spitzenkandidat Kemmerich ohne schicke
Lindner-Plakate auskommen müssen. Die Landes-FDP grübelt nun: Ist das gut
oder schlecht?
Die TV-Debatte zwischen den beiden US-Vize-Kandidaten lief deutlich ruhiger
ab als bei Trump und Biden. Mit einem „Mr Vice-President, I'm speaking“
schuf Kamala Harris einen ikonischen Moment. Was können sich die
Präsidentschaftsanwärter von ihr abschauen?
Schon bisher luden Alter und Fitness von Trump und Biden ein, sie als
geriatrische Raupen bevorstehender Schmetterlinge zu sehen. Zu Trumps
Erkrankung wurden Details der Nachfolgeregelungen detaillierter denn je
aufgefächert. Da ist ein unschicklicher Wunsch Vater des Gedankens; da
müssen wir durch. Trump hat zwei Parteien ohnmächtig geprügelt, die
gegnerische wie seine. Harris und Pence sind ihr schwach vernehmbarer Puls.
Herbert Feuerstein, Günter de Bruyn, Eddie van Halen und Ruth Klüger –
letzte Woche mussten wir uns von einigen Prominenten verabschieden. Haben
Sie ein paar tröstende Worte zum Abschied parat?
Sehr betagte Menschen nennen als schwerste Last des Alters, dass alle
anderen schon weg sind. Das lädt dazu ein, den vier kostbaren Seelen eine
gute Wahl bei ihrer Reinkarnation zu wünschen. Wir freuen uns auf euch.
Robert Habeck traut sich jetzt Kanzler. Trauen Sie ihm auch?
Habeck macht keine großen Worte. Sondern 36 kleine. Statt des „Ich will da
rein“ des Schröders bittet Habeck das Publikum zu einem Gesprächskreis, in
dem mehrere Habecks untereinander interessante Aspekte einer möglichen
Frage diskutieren. Wir dürfen dabei sein, Vertrauen fassen und staunen: Der
Junge hat sich das gut überlegt. Habeck will gebeten werden.
Und was machen die Borussen?
Nichts. Kein Borusse in der Schlaaand-Elf. Schöner, ruhiger Samstagabend.
Fragen: Carolina Schwarz, Ambros Waibel
11 Oct 2020
## LINKS
[1] /Thueringer-Ex-Ministerpraesident/!5719200
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
US-Wahl 2024
Rechtsextremismus
Kolumne Die Woche
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Schwerpunkt AfD
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Friedrich Küppersbusch
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