| # taz.de -- Grüne Spitzenkandidatur in Berlin: Ein Coup mit langen Folgen | |
| > Mit Bettina Jarasch einigen sich die Grünen auf eine unbekannte | |
| > Überraschungskandidatin. Das ist ein Coup für die Partei. Aber wie sind | |
| > ihre Chancen? | |
| Bild: An der Spitze: Bettina Jarasch, links Wirtschaftssenatorin Pop und Frakti… | |
| Eine solche Entscheidung im politischen Berlin geheim zu halten, ist eine | |
| Leistung. Schon seit mehreren Wochen [1][diskutiert eine Gruppe von sechs | |
| führenden Grünen] über einen durchaus kontroversen Vorschlag für die | |
| Spitzenkandidatur bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021. Und nichts | |
| dringt nach draußen. Das ist ein Zeichen der Geschlossenheit der grünen | |
| Alphatiere. | |
| Seit Montag ist es nun ganz offiziell: [2][Bettina Jarasch soll die Grünen | |
| ins Rote Rathaus führen.] Mit der 51-Jährigen tritt eine Frau an, die bei | |
| vielen Initiativen für Geflüchtete einen Namen und einen guten Ruf hat. | |
| Darüber hinaus ist sie aber in der Stadt wenig bekannt. | |
| Und sie hat zwar fünf Jahre lang die grüne Partei in Berlin geführt – was | |
| kein Zuckerschlecken ist – und ist Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der | |
| katholischen St. Marien-Liebfrauen-Gemeinde in Kreuzberg. Ansonsten aber | |
| hat Jarasch wenig Erfahrung in politischen Ämtern oder gar der Verwaltung. | |
| Das könnte zum Problem werden, denn die direkten KontrahentInnen beim | |
| Wettrennen ums Rote Rathaus sind ausgewiesene Politprofis. Für die SPD wird | |
| die frühere Neuköllner Bürgermeisterin und Bundesfamilienministerin | |
| Franziska Giffey antreten; für die Linke wahrscheinlich Kultursenator Klaus | |
| Lederer. | |
| ## Wahlkampf offiziell eröffnet | |
| Beide sind aber noch nicht offiziell gekürt. Das gibt Jarasch neben den | |
| guten Umfragewerten der Grünen immerhin einen kleinen Vorsprung in jetzt | |
| mit ihrer Kandidatur offiziell eröffneten Wahlkampf. | |
| Jarasch muss die nächste Zeit nutzen, um sich zum einen bekannt zu machen. | |
| Vor allem aber muss sie zeigen, wofür sie inhaltlich steht: Wer ist diese | |
| Frau? Wofür brennt sie noch? Kann sie überhaupt Rotes Rathaus? Was versteht | |
| sie unter dem am Montag viel bemühten Begriff der „Brückenbauerin“ konkre… | |
| Und ist sie so integrativ, dass sie große Bündnisse auch in der Praxis | |
| umsetzen kann? | |
| Mit der Entscheidung ihrer Führungsebene haben es die Grünen souverän | |
| geschafft, eine wichtige Personalfrage zu klären. Hätte | |
| Wirtschaftssenatorin Ramona Pop oder Fraktionschefin Antje Kapek die | |
| Spitzenkandidatur übernommen, wäre das stets auch als eine Entscheidung | |
| gegen die jeweils andere gewertet worden. Darin steckte das Potenzial für | |
| einen langwierigen innerparteilichen Konflikt. | |
| Nun haben sich erst mal viele Grüne für Jarasch entschieden. Doch das war | |
| ein Coup mit Folgen für die – sollte es nicht so gut laufen – zähe Zeit d… | |
| Wahlkampfs: Denn sie haben sich gleichzeitig damit verpflichtet, diese | |
| Unterstützung durchzuhalten bis zum Wahltag. | |
| Jarasch kann nicht alleine siegen. Sie braucht die Teamarbeit der Fraktion, | |
| der SenatorInnen, vor allem der Partei. Wie 2016, als sie Teil des | |
| vierköpfigen Spitzenteams der Grünen für die Berlin-Wahl war, steht Jarasch | |
| nun wieder an der Spitze. Nur, dass die anderen diesmal nicht neben ihr | |
| stehen, sondern hinter ihr. Hoffentlich. | |
| 5 Oct 2020 | |
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| Bert Schulz | |
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