# taz.de -- Einsatz für Geflüchtete auf Lesbos: Humanitäre Lösung gefordert | |
> Berlin will mehr Geflüchtete aus Moria aufnehmen. Der Senat soll | |
> rechtliche Spielräume nutzen, die keiner Zustimmung durch den | |
> Innenminister bedürfen. | |
Bild: Hier ist noch Platz: Protest für die Aufnahme der Menschen aus Moria vor… | |
BERLIN taz | In Sachen Moria gibt Berlin nicht auf: Die drei | |
Regierungsfraktionen SPD, Linkspartei und Grünen, haben am Donnerstag einen | |
Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, der Bundesinnenminister Horst | |
Seehofer (CSU) auffordert, seine Blockade der humanitären Aufnahme von | |
Geflüchtete von den griechischen Inseln durch Länder und Gemeinden | |
aufzugeben. | |
Der Senat solle Seehofer erneut um Zustimmung für das Berliner | |
Landesprogramm bitten, „zusätzlich begründet mit der sich verschärft | |
habenden humanitären Notlage und der Gefahr für Leib und Leben durch die | |
Corona-Pandemie“, heißt es im Antrag. Er kam kurzfristig auf die | |
Tagesordnung und wurde vom Abgeordnetenhaus am frühen Abend beschlossen. | |
Seit Monaten verweigert Seehofer die Zustimmung für | |
Landesaufnahmeprogramme, die Berlin ebenso wie Thüringen für Geflüchtete | |
von den griechischen Inseln beschlossen haben. Berlin würde auf diese Weise | |
gerne 300 Menschen aufnehmen, vorzugsweise Kinder und Mütter. Nach dem | |
Brand in Moria haben sich andere Bundesländer und zahlreiche Kommunen | |
ebenfalls bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Doch der | |
Bundesinnenminister bleibt hart. | |
Die [1][1.500 Menschen,] die die Bundesregierung nach zähem Ringen nun | |
trotzdem aufnehmen will, seien „ein begrüßenswerter Schritt“, heißt es im | |
Antrag – doch Rot-Rot-Grün will mehr. Die Koalition greift daher auch | |
Vorschläge auf, die der Republikanische Anwaltsverein vorige Woche | |
unterbreitete, um rechtliche Spielräume zu nutzen. Dazu gehört die Aufnahme | |
besonders dringlicher humanitärer Einzelfälle nach Paragraf 22 | |
Aufenthaltsgesetz, für die Berlin Seehofers Zustimmung nicht benötigen | |
würde. | |
Dazu gehört auch die Erleichterung von Familienzusammenführungen. Es sei | |
„zu prüfen“, heißt es etwas vage im Antrag, „ob auf eine Feststellung, … | |
die hier bereits lebenden Angehörigen den Lebensunterhalt nachziehender | |
Geflüchteter aus Moria sichern können, unter den gegebenen Umständen und | |
der atypischen Situation der Coronapandemie verzichtet werden kann“. Das | |
Landeseinwanderungsamt „wird gebeten“, Vorab-Einverständniserklärungen f�… | |
die Visa-Erteilung der Betreffenden zu erteilen. | |
Grüne und Linke nutzen die Gelegenheit für deutliche Worte in Richtung | |
Seehofer. Bettina Jarasch, grüne Sprecherin für Integration und Flucht, | |
sagte: „Wenn Innenminister Seehofer guter Christ und guter Europäer sein | |
will, muss er sofort mehr Menschen nach Deutschland holen – wenigstens so | |
viele, wie die Länder sich längst bereit erklärt haben aufzunehmen.“ Auch | |
Katina Schubert, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Linksfraktion, | |
forderte, „Seehofer muss seine Blockade der aufnahmebereiten Städte, Länder | |
und Gemeinden beenden.“ | |
Innensenator Andreas Geisel (SPD) schrieb es am Donnerstag im | |
Abgeordnetenhaus auch ein bisschen seiner Reise nach Athen zu, dass nun | |
deutlich mehr Flüchtlinge von Moria nach Deutschland evakuiert werden | |
sollen. Als er am Montag losgeflogen sei, sei die geplante Zahl 150 | |
gewesen; als er wieder gekommen sei, hatte sie sich verzehnfacht, so Geisel | |
auf eine Frage des CDU-Abgeordneten Kurt Wansner. | |
Wansner hatte wissen wollen, welche Verträge Geisel in Athen abgeschlossen | |
habe. „Keine“, erwiderte Geisel. Die Reise nach Athen war nach seinen | |
Angaben schon länger geplant und vorbereitet. Geisel warnte auch davor, | |
über die Köpfe der Griechen hinweg zu diskutieren – „die haben nämlich e… | |
Regierung“. | |
Am Freitag wird Geisel im Bundesrat zum Thema sprechen. Rot-Rot-Grün will | |
erneut einen Antrag einbringen, Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes so zu | |
ändern, dass eine Zustimmung des Innenministers für die aktuell | |
diskutierten Landesprogramme nicht mehr nötig ist. Dass die Länderkammer | |
dafür stimmt, ist jedoch unwahrscheinlich. Und im Bundestag sind CDU/CSU | |
und SPD dagegen. September 2019 war der Antrag schon einmal gescheitert. | |
17 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Aufnahme-Gefluechteter-nach-Moria-Brand/!5709883 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Moria | |
Geflüchtete | |
Andreas Geisel | |
Horst Seehofer | |
Grüne Berlin | |
Zusammenleben | |
Flucht | |
Moria | |
Moria | |
Moria | |
Moria | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Grüne Spitzenkandidatur in Berlin: Ein Coup mit langen Folgen | |
Mit Bettina Jarasch einigen sich die Grünen auf eine unbekannte | |
Überraschungskandidatin. Das ist ein Coup für die Partei. Aber wie sind | |
ihre Chancen? | |
Geflüchtete und Rassismus: Nette Nachbarschaft | |
Der Bund feiert sich für die Aufnahme 1.500 Geflüchteter. Forscher*innen | |
liefern nun einen Grund, warum Deutschland weniger knauserig sein sollte. | |
Nach dem Brand in Moria: 6.000 Menschen in neuem Lager | |
In dem eilig errichteten Lager sind etwa die Hälfte der Geflüchteten, die | |
vorher in Moria lebten, untergebracht. 157 von ihnen sind positiv auf | |
Corona getestet worden. | |
R2G in Berlin und Moria: Menschlichkeit mit Hintertürchen | |
Berlin will Geflüchteten aus Moria die Familienzusammenführung mit | |
Angehörigen in Berlin erleichtern. Doch die Sache hat einen Haken. | |
Bundesratsinitiative nach Moria-Brand: Hamburg enthält sich | |
Berlin und Thüringen wollen, dass Länder selbstständig Geflüchtete aus | |
Moria aufnehmen können. Bremen unterstützt den Antrag, Hamburg nicht. | |
Aufnahme Geflüchteter nach Moria-Brand: Seehofer beansprucht Lorbeeren | |
Innenminister Seehofer lobt sich für die Aufnahme von 1.500 Flüchtlingen. | |
SPD-Vize Kevin Kühnert hält das „nur für einen Zwischenschritt“. | |
Nach dem Brand im Flüchtlingscamp: Schutzlos in Moria | |
Nach dem Brand mangelt es den Geflüchteten auf Lesbos an allem. Es gibt | |
erste Pläne für ihre Unterbringung – doch wenig Hoffnung. |