| # taz.de -- Grüne Spitzenkandidatur in Berlin: Bettinas Himmelfahrt | |
| > Ex-Landeschefin Bettina Jarasch will ins Rote Rathaus. Die 51-jährige | |
| > Katholikin wird Spitzenkandidatin der Grünen für die Wahl 2021. | |
| Bild: Ist das Berlins nächste Regierende? Die WählerInnen entscheiden darübe… | |
| Berlin taz | Der Wahlkampf ums Abgeordnetenhaus 2021 hat noch gar nicht | |
| richtig begonnen, da gibt es bereits die erste große Überraschung: Bettina | |
| Jarasch, die frühere Landesvorsitzende der Grünen, soll ihre Partei als | |
| Spitzenkandidatin in den Wahlkampf führen – und wenn alles nach Plan läuft, | |
| nächste Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden. Partei und Fraktion | |
| stellten die Kandidatin am Montag vor. | |
| Lange war damit gerechnet worden, dass Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und | |
| Fraktionschefin Antje Kapek die Spitzenkandidatur unter sich ausmachen. Pop | |
| galt als Senatorin dabei als die politisch Erfahrenere, Kapek als die bei | |
| der Parteibasis Beliebtere. Am Montag wurde nun die unerwartete Wende | |
| bekannt: Kapek und Pop selbst haben Jarasch vorgeschlagen, wie Pop verriet; | |
| Parteiführung, Fraktion und auch die SenatorInnen hätten danach gemeinsam | |
| beschlossen, die Entscheidung für die 51-Jährige mitzutragen, sagte | |
| Parteichef Werner Graf. Jarasch selbst muss noch auf einem Parteitag Ende | |
| November offiziell gewählt werden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass dort | |
| weitere aussichtsreiche Personen für die Spitzenkandidatur antreten. | |
| Jarasch präsentierte sich am Montag bei der Vorstellung explizit als | |
| „Brückenbauerin“ zwischen Parteien, Verbänden, Interessengruppen. „Wer | |
| diese Stadt regieren will, muss Bündnisse schmieden können“, betonte sie in | |
| ihrer etwa 15-minütigen Rede. Sie wolle auf vier zentrale Themen setzen: | |
| die Verkehrswende, bezahlbares Wohnen, die Transformation der Wirtschaft | |
| und breite Bündnisse für die Demokratie. | |
| Um diese Ziele voranzubringen, brauche es viele, die daran mitarbeiten: So | |
| baut Jarasch beim ihrer Meinung nach dringend nötigen Ausbau von Bus, Bahn | |
| und Radwegen eben auch auf die „Autofahrerin, die sich darüber freut, dass | |
| mehr Infrastruktur für Bahnen weniger Stau bedeuten“ würde. Um die | |
| Wohnungsnot zu bekämpfen brauche es „mehr ökologischen Neubau“, den sie m… | |
| „Bündnissen so breit wie möglich“ voranbringen möchte. | |
| Damit wurde deutlich, welche Angriffsfläche die Grünen den politischen | |
| GegnerInnen – und ihren aktuellen rot-roten PartnerInnen – explizit nicht | |
| bieten wollen: dass die Partei bei ökologischen Fragen soziale Aspekte | |
| ausklammere und lediglich InnenstadtbewohnerInnen vertrete, die sich Bio | |
| leisten könnten, weil sie gut verdienen. | |
| Jarasch betonte am Montag ihre Leidenschaft für Widersprüche, die sich auch | |
| in ihrer Biografie wiederfinden würden. Sie ist in Bayern geboren, | |
| katholisch, lebt in Kreuzberg, ihr Wahlkreis fürs Abgeordnetenhaus ist | |
| jedoch in Nord-Pankow. Der politische Schwerpunkt der studierten | |
| Philosophin in Berlin ist die Flüchtlingspolitik; im grünen Bundesvorstand | |
| hat sie sich um Familien- und Religionspolitik gekümmert. Mit ihrer | |
| religiösen Ausrichtung hat sie unter prominenten Berliner Grünen fast ein | |
| Alleinstellungsmerkmal. | |
| Zusammen mit dem Parteilinken Daniel Wesener wurde die Reala 2011 zur | |
| Grünenvorsitzenden gewählt. Den beiden gelang es, mit dem zuvor eher wenig | |
| relevanten Amt weit in die Partei hineinzuwirken. 2015 gehörten sie und | |
| Wesener zusammen mit den beiden damaligen Fraktionschefinnen Pop und Kapek | |
| zum vierköpfigen Spitzenteam für die Abgeordnetenhauswahlen 2016. | |
| Danach wurde es ruhiger um Jarasch; erst recht, als sie 2017 die | |
| Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl wollte und auf dem Parteitag gegen | |
| Lisa Paus krachend verlor. „Warum ich damals in den Bund wollte, hat meine | |
| Partei nicht verstanden“, sagte sie am Montag zu der Niederlage. Ihr | |
| Bürgermeisterinnenkandidatur jetzt sei auch mit der Botschaft verbunden: | |
| „Ich habe verstanden und bin bereit, weiter in Berlin Politik zu machen.“ | |
| Jarasch hätte den bisherigen Umfragen zufolge gute Chancen, tatsächlich | |
| erste grüne Regierungschefin in Berlin zu werden. Die Grünen liegen | |
| beständig seit zwei Jahren vor SPD und Linken, zuletzt mit 26 Prozent sogar | |
| 10 Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten. Eine Neuauflage der aktuellen | |
| rot-rot-grünen Koalition wäre damit möglich, allerdings unter Führung der | |
| Grünen. Jarasch kündigte an, sie kämpfe für eine erfolgreiche Arbeit von | |
| Rot-Rot-Grün bis zur Wahl – was man auch als eine Bewertung der Koalition | |
| lesen kann. | |
| Bei der SPD hofft man derweil auf einen Schub durch die Kandidatur von | |
| Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Die einstige Neuköllner | |
| Bezirksbürgermeisterin soll Ende des Monats zur Landeschefin gewählt und im | |
| Dezember als Spitzenkandidatin gekürt werden. Ihre Ankündigung, in Berlin | |
| antreten zu wollen, hat sich bisher aber nicht merklich auf die Umfragen | |
| ausgewirkt. | |
| Wirtschaftssenatorin Pop nannte Jarasch „eine hervorragende | |
| Spitzenkandidatin“. Sie stehe vor der „historischen Chance“, für die Gr�… | |
| das Rote Rathaus zu erobern. Ähnlich wurde allerdings 2011 auch die | |
| Situation der damaligen grünen Spitzenkandidatin Renate Künast beschrieben, | |
| deren Umfragewerte dann stetig sanken, je näher die Wahl wirklich rückte. | |
| Am Ende landeten die Grünen wieder in der Opposition. | |
| Fraktionschefin Kapek betonte, es sei gelungen, bei der Kür der grünen | |
| Spitzenkandidatin die Interessen einzelner hintenanzustellen und sich | |
| lediglich von der Frage leiten zu lassen, was – und wen – Berlin jetzt | |
| brauche. „Das zeigt von Geschlossenheit der Partei“, so Kapek in Richtung | |
| der Medienvertreter, „sonst hätten wir Sie nicht so überrascht.“ | |
| 5 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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