# taz.de -- Kandidatinnenkür der Grünen in Berlin: Grüne Frau will ins Rote … | |
> Die Berlin-Grünen schicken weder Pop noch Kapek ins Rennen um die | |
> aussichtsreiche Spitzenkandidatur. Sondern Bettina Jarasch. | |
Bild: Frisch gebacken: Die Überraschungskandidatin Bettina Jarasch bei ihrer V… | |
Würde es die Wirtschaftssenatorin vom Realo-Flügel werden, Ramona Pop? Oder | |
Antje Kapek, Parteilinke und Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus? | |
Seit über einem Jahr sorgt die Frage nach der [1][Grünen]-Spitzenkandidatin | |
bei der Berlinwahl im Herbst 2021 für ungezählt viele Mutmaßungen, | |
Abwägungen und Kommentare. Sicher schien nur eins: Für diesen Job konnte | |
nur eine der beiden infrage kommen. | |
Eine Fehleinschätzung: Als der Grünen-Landesvorstand am Montagmittag, 5. | |
Oktober, die Spitzenkandidatin präsentierte, stand weder Pop noch Kapek in | |
der Mitte, sondern die frühere Landesvorsitzende [2][Bettina Jarasch]. | |
„Eine Stadt. Viele Themen. Alle im Blick. Ich will Verantwortung für unsere | |
einmalige Stadt übernehmen – im Roten Rathaus als Regierende | |
Bürgermeisterin“, twitterte die dem Realo-Lager zugeordnete Jarasch kurz | |
darauf selbst. Sie wäre nicht nur die erste grüne Regierungschefin in | |
Deutschland, sondern auch die erste Regierende Bürgermeisterin in Berlin. | |
Die Chancen dafür stehen knapp ein Jahr vor der Wahl gut: Die Grünen liegen | |
in der jüngsten Umfrage mit 26 Prozent weit vor der CDU (22) und noch | |
weiter vor ihren Koalitionspartnern SPD und Linkspartei mit je 15 Prozent. | |
## Karriere nach dem Knick | |
Jarasch als Spitzenkandidatin kommt nicht nur überraschend, weil alles auf | |
Pop oder Kapek deutete, sondern auch, weil Jarasch selbst ihre beste Zeit | |
bei den Grünen hinter sich zu haben schien. | |
Fast sechs Jahre lang hatte sie bis Ende 2016 die Berliner Grünen in einer | |
äußerst erfolgreichen Doppelspitze geführt und den nach der enttäuschenden | |
Berlinwahl 2011 zerstrittenen Landesverband wieder befriedet. Zudem war sie | |
Mitglied im Bundesvorstand. | |
Doch ausgerechnet als die Grünen im Jahr 2016 nach jahrzehntelanger | |
Opposition – ausgenommen ein knappes halbes Jahr als Teil einer | |
Übergangsregierung 2001 – kleinster Partner der neuen rot-rot-grünen | |
Landesregierung wurden, kippte Jaraschs Karriere. | |
Denn als die heute 51-Jährige wenige Monate später Spitzenkandidatin der | |
Berliner Grünen für die Bundestagswahl 2017 werden wollte, ließ ihre Partei | |
sie durchfallen: Kaum mehr als ein Viertel votierte bei einer | |
Mitgliederversammlung für sie. | |
## Kirche statt Kreuzberg | |
Auch bei einer weiteren Kandidatur für Listenplatz 2 war sie, die als | |
Parteivorsitzende Wahlergebnisse von teils weit über 90 Prozent bekommen | |
hatte, chancenlos. | |
Jarasch, 1968 in Augsburg geborene gelernte Journalistin und Mutter von | |
zwei Kindern, lange Referentin in der Grünen-Bundestagsfraktion und enge | |
Mitarbeiterin der ehemaligen Bundesministerin Renate Künast, blieb im | |
Abgeordnetenhaus, dem Berliner Landesparlament. | |
Dort kümmerte sie sich intensiv, aber nicht länger im Medienfokus, um | |
Flüchtlings- und Integrationspolitik. Dass sie in der Grünen-Fraktion auch | |
Sprecherin für Religionsfragen ist, kommt nicht ohne Grund: Denn Jarasch | |
ist, alles andere als typisch für eine Kreuzberger Grüne, seit vielen | |
Jahren auch Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der katholischen | |
Kirchengemeinde St. Marien Liebfrauen. | |
5 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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