# taz.de -- Trump mit Coronavirus infiziert: Was wäre, wenn? | |
> Die Coronainfektion des US-Präsidenten Donald Trump einen Monat vor der | |
> Wahl wirft viele Fragen auf, politische und juristische. Vier Szenarien. | |
Bild: Eigentlich im Wahlkamf ums Weiße Haus, jetzt in Quarantäne zuhaus: US-P… | |
Berlin taz | US-Präsident Donald Trump und die First Lady Melania Trump | |
haben sich nach eigenen Angaben [1][mit dem Sars-Cov-2-Virus infiziert]. | |
Rund vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl wirft diese neue Lage etliche | |
Fragen auf. Mit welchen Folgen ist zu rechnen? Vier mögliche Szenarien. | |
Szenario 1: Infiziert, aber keine Symptome | |
Trump selbst und auch alle womöglich weiteren Mitglieder seines inneren | |
Kreises, die sich infiziert haben könnten, zeigen keinerlei Symptome, | |
können aus der Quarantäne heraus ihre Geschäfte weiterführen, twittern und | |
Wahlkampfvideos veröffentlichen. Nach zwei Wochen beendet Trump nach einem | |
weiteren – dann negativen – Test die Quarantäne und nimmt die | |
Wahlkampfveranstaltungen wieder auf. | |
In diesem Fall könnte die Infektion Trump eindeutig nutzen: Er würde sich | |
einerseits als fitter, starker Gewinner präsentieren. Außerdem würde seine | |
Genesung die Botschaft bekräftigen, Covid-19 sei gar nicht so schlimm. Die | |
Börsenkurse, die unmittelbar nach der Nachricht in der Nacht zu Freitag | |
stark abrutschten, würden sich rasch erholen. | |
Dieses Szenario bringt in den sozialen Medien viele Personen dazu, an einen | |
Fake zu glauben, wie schon bei der Corona-Infektion des brasilianischen | |
Präsidenten [2][Jair Bolsonaro] Anfang Juli. Dessen Popularitätswerte sind | |
inzwischen, nach erfolgreicher Genesung, auf einem Allzeithoch. | |
Szenario 2: Mittlerer oder schwerer Verlauf | |
Trump, die First Lady, sein Schwiegersohn Jared Kushner oder andere | |
prominente Figuren aus dem Weißen Haus zeigen einen mittleren oder gar | |
schweren Verlauf. Damit wäre die Gefährlichkeit des Virus unmittelbar und | |
an oberster Stelle sichtbar. | |
Wenn es Trump selbst betrifft, wäre sein Nimbus der Unverwundbarkeit dahin, | |
er könnte nicht mehr in den Wahlkampf eingreifen und nichts dafür tun, den | |
Vorsprung seines demokratischen Konkurrenten Joe Biden aufzuholen. | |
Vizepräsident Mike Pence müsste zumindest zeitweise die Amtsgeschäfte | |
übernehmen. Zudem würden Diskussionen darüber befeuert, ob Trump, falls | |
gewählt, überhaupt sein Amt antreten könnte. | |
Szenario 3: Ein Kandidat stirbt vor dem Wahltermin | |
Im Prinzip sehen die Statuten beider Parteien vor, dass im Fall des Todes | |
eines bereits von der Partei nominierten Kandidaten die jeweiligen National | |
Committees sofort einen neuen Kandidaten benennen. Allerdings muss dessen | |
Name dann auch noch auf die Wahlzettel – und der Termin dafür ist in fast | |
allen Bundesstaaten bereits verstrichen, zumal in vielen Staaten bereits | |
Stimmen abgegeben werden konnten. | |
Einen Automatismus, dass eine für einen verstorbenen Kandidaten abgegebene | |
Stimme automatisch für den von der Partei benannten Nachfolgekandidaten | |
gezählt wird, gibt es nicht – darüber müssten im Zweifelsfall Gerichte | |
entscheiden. | |
Szenario 4: Ein Kandidat wird gewählt und stirbt | |
Bei den Wahlen am 3. November erhält ein Kandidat ausreichend Stimmen, um | |
eine Mehrheit im Electoral College zu gewinnen und Präsident zu werden. | |
Aber er stirbt vor der Amtseinführung am 20. Januar. Für diesen Fall hat | |
die US-amerikanische Verfassung ein äußerst kompliziertes Vorgehen | |
vorgesehen. Wichtig ist vor allem der Zeitpunkt und plötzlich – was bei all | |
den Unsicherheiten bei der Wahl 2020 ohnehin viele erwarten – werden all | |
jene normalerweise von der Öffentlichkeit völlig unbemerkten Termine | |
zwischen Wahl und Amtseinführung wichtig: | |
Bis zum 8. Dezember müssen die Bundesstaaten alle eventuellen | |
Streitigkeiten über das Abstimmungsergebnis geregelt und ihre Wahlleute für | |
das Electoral College benannt haben. Das Electoral College tritt in einem | |
Wahljahr offiziell stets „am ersten Montag nach dem zweiten Mittwoch im | |
Dezember“ zusammen. Das ist in diesem Jahr der 14. Dezember. | |
Stirbt der Kandidat mit den meisten Wahlleuten vorher, stellen sich viele | |
Fragen: Einerseits kann auch in diesem Fall die Partei, der der Wahlsieger | |
angehört, einen Nachfolger bestimmen. Andererseits binden manche Staaten | |
ihre Wahlleute an den Kandidaten, der den Staat gewonnen hat. In diesem | |
Fall müssten die Wahlleute ihre Stimme für einen toten Kandidaten abgeben – | |
oder aber der entsprechende Bundesstaat müsste kurzfristig seine Regeln | |
ändern. | |
Es gibt zu diesem Zeitpunkt keinen Automatismus, dass der | |
Vizepräsidentschaftskandidat aufrückt, auch wenn es das Wahrscheinlichste | |
wäre. Eine Vielzahl an Rechtsfragen ist zu klären, die Gesetze der | |
Bundesstaaten variieren stark, aber am Ende müssen die Wahlleute jedes | |
Bundesstaats für einen Präsidenten und Vizepräsidenten stimmen. | |
Diese Wahlscheine müssen bis zum 23. Dezember beim Präsidenten des | |
US-Senats abgegeben sein: Das ist der amtierende Vizepräsident Mike Pence. | |
Am 3. Januar tritt der neu gewählte Kongress zusammen, am 6. Januar trifft | |
er sich in einer gemeinsamen Sitzung zur offiziellen Zählung der | |
Wahlleute-Stimmen. Erst wenn der Kongress das Ergebnis bestätigt hat, gibt | |
es einen offiziellen „president-elect“ – stirbt der nach diesem Datum, | |
tritt die verfassungsmäßige Nachfolgeregelung in Kraft, das heißt, dem | |
Präsidenten folgt automatisch der gewählte Vizepräsident. | |
Stirbt aber der gewählte Kandidat zwischen dem 23. Dezember und dem 6. | |
Januar, wird es völlig unübersichtlich. Kann sich der Kongress am 6. Januar | |
nicht darauf einigen, die für den nunmehr verstorbenen Kandidaten | |
abgegebenen Stimmen einfach dem gewählten Vizepräsidenten zuzuschreiben, | |
müsste der Kongress selbst einen Präsidenten wählen. | |
Diese Aufgabe würde dem Repräsentantenhaus obliegen, wobei jeder | |
Bundesstaat eine Stimme hätte. Dieses Verfahren könnte zu massiven | |
Streitigkeiten führen, wenn etwa in einem Bundesstaat der demokratische | |
Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen die Mehrheit erzielt hat, die | |
meisten Abgeordneten des Staates aber Republikaner sind – oder umgekehrt. | |
In keinem Fall allerdings sieht die Verfassung eine Neuwahl nach dem Tod | |
eines Kandidaten oder bereits bereits vereidigten Präsidenten vor. | |
2 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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