# taz.de -- Vor Abstimmung in den USA: Das Problem ist das Wahlsystem | |
> Die Demografie macht es immer unwahrscheinlicher, dass die Republikaner | |
> gewinnen. Deswegen beharren sie auf einem Wahlsystem, das sie bevorzugt. | |
Bild: Die Republikaner beharren auf einem Wahlsystem, welches sie bevorzugt | |
Kein Zweifel: Das US-Wahljahr 2020 ist ein besonderes. Corona, eine | |
politische Polarisierung bis zur Befürchtung einer Bürgerkriegssituation | |
und ein Präsident, der offenlässt, ob er eine Niederlage anerkennen würde, | |
lassen viele um den Bestand der Demokratie in den USA fürchten. Das ist | |
verständlich und berechtigt, übersieht aber, dass die extremen Schwächen | |
des US-Wahlsystems schon lange bestanden, bevor in jener denkwürdigen | |
Wahlnacht vor vier Jahren Donald Trump zum Sieger erklärt wurde. | |
Denn de facto entwickelt sich die Demografie der US-Bevölkerung in eine | |
Richtung, die es nahezu ausschließt, dass in absehbarer Zukunft ein | |
republikanischer Präsident gewählt werden könnte – wenn es das System | |
Electoral College nicht gäbe, das den ungerechten Präsidenten wählt. In den | |
vergangenen 30 Jahren konnte nur ein einziger Republikaner die Mehrheit der | |
landesweit abgegebenen Stimmen für sich gewinnen: George W. Bush bei seiner | |
Wiederwahl 2004 – der ersten Präsidentschaftswahl nach den Anschlägen des | |
11. September 2001 und mit zwei frischen Kriegen im Hintergrund. | |
Die Republikaner*innen brauchen das Electoral College und vor allem das | |
System, das die Wahlleute eines Bundesstaats nicht proportional gemäß den | |
abgegebenen Stimmen aufteilt, [1][sondern komplett dem Sieger zuschlägt]. | |
Nur so kann aus knappen Mehrheiten in einigen Bundesstaaten ein Wahlsieg | |
werden. | |
Je mehr aber die Republikanische Partei – und auch das hat nicht mit Trump | |
angefangen – stramm nach rechts rückt, desto weniger reicht selbst das | |
verkorkste System für einen Wahlsieg. Denn die Mehrheiten in den USA sind | |
nicht rechts, sie sind nicht gegen das Recht auf Abtreibung, sie wollen | |
vernünftige und gerechte Gesundheitsversorgung, bessere Schusswaffengesetze | |
und weniger institutionellen Rassismus. Also kommt zum ungerechten | |
Wahlleutegremium noch dazu, potenziell demokratische Wähler*innen vom | |
Urnengang abzuhalten oder per Gericht dafür zu sorgen, dass ihre Stimmen | |
nicht gezählt werden. | |
Um das machen zu können, braucht man entsprechend besetzte Gerichte – kein | |
Wunder, dass die Einsetzung von Bundesrichter*innen auf allen Ebenen unter | |
Konservativen als größter Erfolg von Trump gefeiert wird. Wie sich das | |
alles auswirkt, sehen wir jetzt schon, wenn republikanische Anwälte dafür | |
streiten, Briefwahlstimmen in Pennsylvania und North Carolina oder aus dem | |
Auto heraus abgegebene Stimmen in Texas nicht anzuerkennen oder | |
republikanische Gouverneure seit Jahren [2][die Wählerregistrierung so | |
erschweren], dass Schwarze und Latinos davon absehen. Ja, die Demokratie | |
ist in Gefahr, aber nicht nur durch Trump. | |
3 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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