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# taz.de -- Noch keine EU-weite Tracing-App: Coronakrise erreicht EU-Spitze
> Von der EU empfohlene Coronamaßnahmen greifen nicht. Viele EU-Staaten
> haben zwar Coronatests ausgeweitet, doch die Auswertung dauert zu lange.
Bild: Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen befindet sich in Quaran…
Brüssel taz | Alle reden über Donald Trump und seine Corona-Infizierung.
Doch Covid-19 ist auch in Europa wieder ein großes Thema. Am Montag musste
sich überraschend EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in
Quarantäne begeben, weil sie bei einer umstrittenen Dienstreise nach
Portugal einen später positiv getesteten Staatsrat getroffen hatte.
Bald kam zwar schon wieder Entwarnung: Von der Leyen sei negativ getestet
worden, erklärte ihr Sprecher. Schon am Mittwoch – nach nur zwei Tagen
Quarantäne – will die CDU-Politikerin wieder die Arbeit aufnehmen. Dann sei
die Ein-Wochen-Frist seit dem Risikokontakt abgelaufen, so ihr Sprecher.
Doch Brüssel ist verunsichert. Denn von der Leyen hatte am [1][EU-Gipfel]
Ende letzter Woche teilgenommen – gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela
Merkel und 26 anderen Staats- und Regierungschefs. Die Vertretungen der
EU-Staaten seien informiert worden, betonte der Sprecher.
Das Treffen selbst hatte eine Woche später stattgefunden als geplant – weil
auch EU-Ratspräsident Charles Michel vorsorglich in Quarantäne musste. Auch
Michel hatte eine Person getroffen, die sich später als infiziert erwies.
Die beiden Fälle zeigen, dass die Coronakrise die Spitzen der EU erreicht
hat.
## Kontaktrückverfolgung kaum möglich
Besserung ist nicht in Sicht. Denn die von der EU empfohlenen
Coronaschutzmaßnahmen greifen nicht. Die meisten EU-Staaten haben zwar die
Tests massiv ausgeweitet. Doch selbst in Belgien, am Sitz der EU, kommen
die Testlabors nicht mit der Auswertung hinterher. Vielerorts muss man
mehrere Tage oder gar Wochen auf das Ergebnis warten. Die Rückverfolgung
und Unterbrechung von Infektionsketten wird so erschwert, wenn nicht
unmöglich gemacht.
Auch gibt es noch immer keine europaweit funktionierende Tracing-App und
sind die verschiedenen Apps nicht miteinander kompatibel.
Die EU-Kommission hat jetzt erst angefangen, sich um die nötigen
Schnittstellen zu kümmern. In der Erprobungsphase werden die Daten der
Coronatests aus sechs EU-Ländern getauscht – darunter Deutschland, Italien,
Tschechien und Dänemark. Frankreich ist nicht dabei, weil Paris ein anderes
System mit zentralem Datenspeicher nutzt. Wann der EU-weite Austausch
kommt, ist nicht absehbar.
## Reisewarnungen nach nationalem Gutdünken
Ein Riesenproblem sind auch die nationalen Reisewarnungen. Jedes EU-Land
erlässt sie nach Gutdünken, aufgrund von nationalen Interessen und
Empfehlungen. Dies führt zu Chaos auf Bahnhöfen und Flughäfen, zu
Verzweiflung in der Reisebranche und behindert auch die Arbeit der EU. Denn
wegen deutscher Reisewarnungen sind etwa Reisen zur Kommission nach Brüssel
praktisch unmöglich.
Der deutsche EU-Vorsitz hat zwar eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich um
eine bessere Abstimmung kümmern soll. Doch die Experten streiten über die
Datenbasis: Sollen nur die Infektionszahlen, oder auch die Daten über
Covid-19-Kranke und Tote herangezogen werden? Eine Einigung ist nicht in
Sicht.
Derweil schlagen immer mehr Länder [2][Corona-Alarm]. Besonders angespannt
ist die Lage in Spanien, Frankreich und Tschechien. Aber auch in Dänemark,
Ungarn, [3][Belgien], den Niederlanden und Luxemburg steigen die Zahlen
stark an.
Dies hat eine Debatte ausgelöst, ob es erneut zu Beschränkungen bei Ein-
und Ausreisen kommen sollte. Die EU stemmt sich dagegen. Eine erneute,
unkoordinierte Schließung der Grenzen wie im Frühjahr müsse unbedingt
vermieden werden, heißt es in Brüssel. Doch Ungarn hat schon dichtgemacht.
Denn das letzte Wort haben die nationalen Regierungen – nicht die EU.
5 Oct 2020
## LINKS
[1] /EU-Sondergipfel-in-Bruessel/!5718258
[2] /Coronanews-weltweit/!5718374
[3] /Corona-in-Belgien/!5704679
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Europäische Union
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