# taz.de -- Treffen von Putin und Lukaschenko: Reine Verachtung | |
> Mit Putins Unterstützung für Lukaschenko ist es nicht mehr weit her. Der | |
> in Aussicht gestellte Kredit würde Belarus noch abhängiger von Moskau | |
> machen. | |
Bild: Treffen sich zwei Präsidenten in Sotschi: Alexander Lukanschenko und Wla… | |
Es war ein denkbar schlechtes Schauspiel, das da am Montag, 14. September, | |
in der russischen Stadt Sotschi am Schwarzen Meer aufgeführt wurde. Allein | |
die Körpersprache war schon entlarvend bei der Zusammenkunft zwischen | |
Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem belarussischen Noch-Staatschef | |
Alexander Lukaschenko: Putin kühl zurückgelehnt mit versteinerter Miene, | |
Lukaschenko so weit nach vorne gebeugt, als würde er gleich auf die Knie | |
fallen wollen. Nein, Treffen von Freunden sehen anders aus. Und der | |
Umstand, dass Putin betonte, er könne Lukaschenko jetzt erstmals persönlich | |
zu dessen „Wahlsieg“ gratulieren, mutete geradezu grotesk an. | |
Doch diese abgeschmackten Höflichkeitsfloskeln konnten nicht über die wahre | |
Befindlichkeit Putins hinwegtäuschen: Reine Verachtung. Schließlich war mit | |
Lukaschenko ein Bittsteller nach Sotschi gekommen. Einer, dem die Kontrolle | |
in seinem Land längst entglitten ist und der es [1][trotz brutaler | |
Repressionen und Zwangsmaßnahmen auch nach über einem Monat nicht geschafft | |
hat, die Proteste zum Verstummen zu bringen.] Da half es auch nichts, dass | |
Lukaschenko seinem Gegenüber weiszumachen versuchte, die Lage in Belarus | |
sei besser, als die „Feindpresse“ behaupte. | |
Den widerborstigen Nachbarn in die Knie zu zwingen und noch stärker an | |
Russland zu binden, das versucht der Kreml schon lange. Belarus ist aus | |
strategischen Gründen wichtig – als Pufferstaat zum Westen, denn es grenzt | |
an drei EU-Staaten. Putin dürfte allerdings klar sein, dass der großzügige | |
1,3 Milliarden-Euro-Kredit, den er Belarus jetzt gewährt, das Problem nicht | |
lösen, sondern Lukaschenkos Delirium allenfalls ein wenig verlängern wird. | |
Es wird immer deutlicher, dass Moskau ein fertiger Plan B fehlt. Belarus | |
„heimzuholen“, wie seinerzeit die Krim, ist nicht vermittelbar. Die | |
Interessen angeblich unterdrückter Landsleute mit Waffengewalt zu | |
verteidigen, wie im Donbass, ebenso wenig. Mal abgesehen davon, dass das | |
die Liebe der Belaruss*innen zum großen Bruder nicht gerade befördern | |
dürfte. Die Frage ist jetzt: Wie wird Putin mit diesem Dilemma umgehen? | |
Aufschlussreich in diesem Zusammenhang sind die Äußerungen der | |
belarussischen Oppositionspolitikerin [2][Swetlana Tichanowskaja], die sich | |
zusehends aus der Deckung wagt. Es sei bedauerlich, sagte sie an die | |
Adresse Putins gerichtet, dass die Kremlchef einen Dialog mit dem Diktator | |
führe, anstatt mit dem Volk. Fragt sich nur, ob auch Putin diese Botschaft | |
verstanden hat. | |
15 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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