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# taz.de -- Warnstreiks im öffentlichen Dienst: Endlich Streik!
> Verdis Forderungen sind bescheiden, aber wichtig für die Gesellschaft.
> Für die kommende ökonomische Krise können sie eine Warnung an die Politik
> sein.
Bild: Verdi-Warnstreik vor einem Münchener Krankenhaus
Was haben wir [1][geklatscht für all jene, die mitten in der Coronakrise
die Gesellschaft am Laufen hielten]. Für die unter teils miserablen
Bedingungen schuftenden Mitarbeiter*innen der Krankenhäuser oder die
Erzieher*innen in den Kitas. Wer all die Jobs beklatschte, ohne die unser
Gemeinwesen nicht funktionieren kann, tat dies auch für die Fahrer*innen
von Bussen und Bahnen oder für die Müllabfuhr. Die Geste war nett, doch
selten war Solidarität preiswerter zu haben.
Nun aber ist die Zeit gekommen, in der sie auch etwas kosten darf – ja
muss. Die Gewerkschaft Verdi fordert bundesweit für die Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro, was
insbesondere den unteren Lohngruppen hilft. Eine maximal bescheidene
Forderung angesichts der Ungerechtigkeit, die sich durch Corona noch weiter
zugespitzt hat, und der ökonomischen Krise, die in den nächsten Jahren erst
ihre volle Wirkung entfalten wird.
Wenn die öffentlichen Haushalte wie bei jeder Krise der letzten Jahrzehnte
auf Sparkurs umschalten, statt für Mehreinnahmen zu sorgen, werden die
Beschäftigten und die Armen am meisten zu leiden haben. Dann wird jeder
Cent helfen, der jetzt noch erkämpft werden kann.
Es geht bei diesem Streik nicht nur um die berechtigten Forderungen von 2,3
Millionen Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen, sondern um die
Gesellschaft als Ganzes. Ist Verdi standhaft und erfolgreich, darf die
Politik das als Warnung verstehen. Als Warnung, dass sich die Mehrheit der
Gesellschaft nicht noch einmal Kürzungen von Sozialausgaben und
öffentlichen Angeboten oder gar das Privatisieren von öffentlichem Eigentum
gefallen lassen wird.
Auch wäre es ein gutes Signal für andere Gewerkschaften, ebenfalls offensiv
bessere Bedingungen etwa für die Beschäftigten im Einzelhandel oder bei den
Paketlieferdiensten einzufordern.
## Das Elend der Gegenwart
Verhandelt wird in diesem Streit aber mehr als die zukünftige Krise,
nämlich das gegenwärtige Elend. Die noch immer unvollendete Einheit zeigt
sich darin, dass Busfahrer*innen in Brandenburg für dasselbe Gehalt
zweieinhalb Wochenstunden mehr arbeiten müssen als ihre Kolleg*innen in
Berlin. Gestreikt wird gegen die gesundheitsgefährdende Unterbesetzung in
den Krankenhäusern, die eine Folge davon ist, dass das [2][Gesundheitswesen
dem Prinzip der Gewinnmaximierung unterworfen] wurde. Diese fatalen Fehler
gilt es zu beheben.
Doch wir wären nicht in Deutschland, wenn nicht schon die ersten
vorsichtige Warnstreiks, in Berlin etwa seit dem Wochenende bei der
Stadtreinigung, ab Dienstag in den öffentlichen Krankenhäusern und [3][für
neun Stunden bei der BVG] zu Besorgnis und Warnungen nach „Augenmaß“ oder
gar Vorwürfen, der Tarifkonflikt würde auf dem Rücken der Gesellschaft
ausgetragen, führen würden.
Das Gegenteil ist richtig. Verdis Kampf dient allen, die nicht ob ihres
Reichtums unabhängig von öffentlicher Daseinsfürsorge ihr unbeschwertes
Leben führen können. Es ist also an der Zeit, klaglos aufs Fahrrad
umzusteigen und den Streikenden den Rücken zu stärken. Der nächste Lockdown
wird nicht mit Klatschen zu befrieden sein.
28 Sep 2020
## LINKS
[1] /Soziale-Ungerechtigkeit-in-Deutschland/!5675361
[2] /Privatisierung-des-Gesundheitswesens/!5544982
[3] /Warnstreiks-treffen-die-BVG/!5716696
## AUTOREN
Erik Peter
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Arbeitskampf
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