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# taz.de -- Streik in Berlins Einzelhandel: Helden der Arbeit wollen Geld sehen
> Beschäftigte im Einzelhandel streiken in Berlin und Brandenburg für mehr
> Lohn. Die Betriebe blockieren trotz Pandemie-Gewinnen.
Bild: Warnstreik von 350 Mitarbeitenden des Einzelhandels Anfang Juli in Berlin
Berlin taz | Einkaufen könnte an diesem Freitag mancherorts vielleicht
schwierig werden: Die Gewerkschaft Verdi hat zu Streiks im Einzel- und
Großhandel aufgerufen. Betroffen seien Betriebe der Unternehmen wie
Rewe-Großlager, drei Ikea-Standorte, Edeka, Galeria Kaufhof, Thalia, H&M
und Töchterunternehmen, sagte Conny Weißbach der taz, Verhandlungsführerin
für die Tarifrunde in Berlin-Brandenburg.
Die Beschäftigten wollen um 12 Uhr am Breitscheidplatz für verbesserte
Arbeitsbedingungen demonstrieren. Zum Streikauftakt am 2. Juli waren nach
Gewerkschaftsangaben nur rund 350 Beschäftigte am Wittenbergplatz
zusammengekommen. Darunter waren auch Mitarbeiter*innen der
Bücherkette Thalia, deren Geschäftsführung zum Jahresbeginn den
[1][Austritt aus der Tarifbindung erklärt hatte].
Die Gewerkschaft fordert eine „Reallohnerhöhung“ um 4,5 Prozent, dazu
monatlich 45 Euro mehr sowie einen „rentenfesten Mindestlohn“ von 12,50
Euro bei einer Laufzeit von 9 Monaten. Zudem möchte sie die Rückkehr zur
Allgemeinverbindlichkeit für die gesamte Branche erreichen, in der in
Berlin und Brandenburg rund 214.000 Beschäftigte arbeiten. „In der Pandemie
haben viele Unternehmen sehr gute Umsätze gemacht. Wir erwarten eine faire
Tariferhöhung, die auch das Engagement der Beschäftigten in der Krise
honoriert“, so Frank Wolf, Verdi-Bezirksleiter.
Dagegen sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg,
Nils Busch-Petersen, der taz, die Gewerkschaft verkenne die „zerrissene
Lage“ der Branche: Zwar hätten einige „sehr profitiert“ von der Pandemie,
etwa Supermärkte. Doch viele Betriebe, gerade in Textil und Mode, „stehen
an der Wand oder kurz davor“. Diese teils „dramatische Lage“ müsse
berücksichtigt werden.
## Arbeitgeber wollen nur scheibchenweise mehr zahlen
Die Arbeitgeber fordern daher eine „Differenzierung“ des Tarifvertrags.
Busch-Petersen schlägt vor, dass bei einer Laufzeit von 3 Jahren die
Betriebe bei „nachweislich schlechter wirtschaftlicher Lage“ die
Tariferhöhung erst später beginnen können. Ziel sei aber weiterhin, dass am
Ende der Laufzeit wieder Tarifeinheit herrsche, so der
Arbeitgebervertreter.
Verdi werde solche „Zwei-Klassen-Tarifverträge nicht vereinbaren“,
erwiderte Weißbach. So manche Unternehmen, etwa H&M, hätten schon lange
strukturelle Probleme, das könne man nicht auf die Pandemie schieben. Mit
einem ausgehöhlten Vertrag ginge die Tarifeinheit im Einzelhandel kaputt.
Weißbach sagt: „Wenn wir diesen Tarifvertrag aushöhlen, dann geht die
ohnehin stark umkämpfte Einheit des Tarifrechts im Einzelhandel kaputt.“
Im Groß- und Außenhandel fordert die Gewerkschaft 6 Prozent mehr Lohn und
mindestens 150 Euro. Die Arbeitgeberseite hat laut Verdi ein Angebot von
1,5 Prozent Lohnerhöhung vorgelegt – für die „Krisengewinnler“ der Bran…
„Das ist dreist“, sagte Franziska Foullong, Verdi-Verhandlungsführerin im
Großhandel, das liege ja sogar unter der Teuerungsrate. Zudem könne sie für
den Großhandel sagen: „Krisenverlierer sind uns nicht bekannt!“
Manche Bereiche wie der Pharmagroßhandel hätten hohe Gewinne in der Krise
gemacht. Andere Betriebe seien durch die Corona-Hilfen der Bundesregierung
und die Kurzarbeit „gesund gehalten“ worden. Laut Foullong waren am
Donnerstag rund 130 Beschäftigte im Pharmagroßhandel im Streik, am Freitag
soll der Lebensmittel-Großhandel folgen.
23 Jul 2021
## LINKS
[1] /Betriebsratschef-ueber-Thalia-Buchlaeden/!5741429
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Verdi
Einzelhandel
Streik
Bauwirtschaft
Schwerpunkt Coronavirus
Streik
Tarif
Gewerkschaft
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