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# taz.de -- Bezahlung in Aklepios-Klinik in Seesen: Langer Streit ums Geld
> Seit 16 Monaten streiken die Beschäftigten des Asklepios-Krankenhauses in
> Seesen. Asklepios lehnt einen allgemeingültigen Tarifvertrag ab.
Bild: Derzeit wieder ein Thema: Streik im Krankenhaus (Archivbild vom April 201…
Göttingen taz | In einen der längsten Arbeitskämpfe der jüngeren Geschichte
kommt möglicherweise Bewegung. Seit 16 Monaten streiken Beschäftigte der
Asklepios-Kliniken Schildautal in Seesen im Kreis Goslar immer wieder für
mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Der jüngste Streik begann am 5.
Oktober. Weil es am 26. Oktober neue Gespräche zwischen Arbeitgeber und
Betriebsrat geben soll, will die Gewerkschaft Ver.di die Streikaktionen zum
Beginn der nächsten Woche aussetzen.
Die Asklepios-Kliniken in Seesen umfassen ein Akutkrankenhaus und eine
Reha-Klinik für Neurologie-Patienten. Sie verfügen über insgesamt 500
Betten. Nach eigenen Angaben beschäftigt der Betreiber Asklepios an dem
Standort mehr als 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Der Arbeitskampf begann im Juli des vergangenen Jahres, wegen der
Coronapandemie wurde der Streik zwischenzeitlich für mehrere Monate
unterbrochen. Ver.di will in den beiden Kliniken vor allem den Tarifvertrag
des öffentlichen Dienstes (TVöD) durchsetzen. Asklepios verweigert das. Das
Unternehmen will grundsätzlich keinen allgemeingültigen Tarifvertrag für
seine Häuser, sondern nur Vereinbarungen für jede einzelne Einrichtung.
Vergleiche sind schwierig, da Asklepios Zulagen nach anderen Kriterien
vergibt, als es der TVöD vorsieht. Dem Konzern zufolge führt das sogar
dazu, dass einige Mitarbeiter bessergestellt seien als sie es unter den
Bedingungen des TVöD wären.
Ver.di hält dagegen. Bei privaten Wettbewerbern in der Region sei ein dem
TVöD ähnliches Tarifniveau Standard, sagt Gewerkschaftssekretär Jens
Havemann. Das jüngste Angebot von Asklepios aus dem Mai sei davon weit
entfernt, es gelte zudem nur für einzelne Berufsgruppen. So sollten neu
eingestellte Gesundheits- und Krankenpfleger im Akut-Krankenhaus fünf
Prozent weniger Gehalt bekommen als im TVöD, Therapeuten sogar 20 Prozent.
Viele Beschäftigte würden deshalb in Krankenhäuser wechseln, die nach TVöD
oder einem entsprechenden Niveau bezahlt würden. Langjähriges Personal
verlasse „zuhauf“ die Klinik, neues sei bei dem Fachkräftemangel für die
gezahlten Gehälter und bei den Arbeitsbedingungen kaum zu bekommen.
Zahlreiche Stellen in Seesen blieben unbesetzt. „Es könnten weit mehr
Patienten aufgenommen werden, wenn nur ausreichend Personal vorhanden
wäre“, so die Gewerkschaft.
Hinzu kommt ein weiterer Konfliktpunkt: Asklepios will bislang nicht mit
Ver.di verhandeln, sondern nur mit dem Betriebsrat. Nur dieses Gremium
könne für alle Mitarbeiter sprechen. Dagegen vertrete Ver.di nur die rund
200 Beschäftigen umfassende Gruppe der gewerkschaftlich organisierten
Mitarbeitenden.
Der Betriebsrat, der nach Angaben seines Vorsitzenden Oliver Kmiec keine
anderen Positionen als Ver.di vertritt, hatte das jüngste Angebot von
Asklepios bei einer Betriebsversammlung im Mai zur Abstimmung gestellt.
Alle rund 200 Anwesenden votierten dagegen.
„Wir wissen, dass wir die Klinik in kürzester Zeit wieder zu dem Leuchtturm
machen können, der er immer gewesen ist“, sagte Kmiec. Das Konzept der
Klinik sei perfekt. „Wir können den Patienten alles bieten, was auch immer
sie gerade brauchen. Das einzige, was wir dafür brauchen, ist ein Konzern,
der den rigiden Sparkurs verlässt und in das Personal investiert.“
Zoff zwischen den Parteien gibt es auch über die von Ver.di während des
Streiks angebotene Notdienstvereinbarung. Asklepios sieht die Besetzung in
der Intensivstation und der Therapie als nicht ausreichend an und hat mit
Verweis auf eine angebliche Patientengefährdung Anfang Oktober eine
Notdienstverpflichtung in Kraft gesetzt. Den so zur Arbeit verpflichteten
Mitarbeitern drohte der Konzern Konsequenzen bis hin zur fristlosen
Kündigung an, sollten sie sich am Streik beteiligen.
Ver.di wiederum bezeichnet die Notdienstverpflichtung als unzulässig, das
Streikrecht gelte für alle Beschäftigten. „Selbstverständlich“ werde kein
Coronabett bestreikt: „Sobald ein Covid-19-Patient in der Klinik
aufgenommen wird, werden wir in diesem Bereich die Kapazitäten auf das
Vorstreik-Niveau anheben.“
Ungeachtet des für nächste Woche angekündigten Moratoriums scheint die
Bereitschaft vieler Beschäftigten ungebrochen, notfalls auch unbefristet
weiter zu streiken. Eine Streikversammlung hatte sich am vergangenen
Donnerstag laut Ver.di-Verhandlungsführer Ha-vemann einhellig für eine
Fortsetzung des Arbeitskampfes ausgesprochen. „Asklepios lässt den
Beschäftigten leider keine andere Wahl“, so Havemann. „Es muss eine Lösung
für alle geben.“ Asklepios solle die Verhandlungen mit dem Betriebsrat am
kommenden Montag nutzen, um endlich ein seriöses Angebot zu unterbreiten.
22 Oct 2020
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Streik
Verdi
Pflege
Asklepios
Krankenhäuser
Bezahlung
Gesundheitspolitik
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Schwerpunkt Coronavirus
Streik
Universitätsklinikum
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