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# taz.de -- Coronaleugner vor Reichstagsgebäude: Ekelhaftes Gebräu
> Der Treppensturm ist kein Hinweis auf wirkliche Tatkraft. Ernster zu
> nehmen ist das Bündnis aus Gegnerschaft zu Coronaregeln und
> Rechtsradikalismus.
Bild: Wilde Mischung: Demonstrierende vor dem Reichstag
Ein Bild geht um die Welt. [1][Es zeigt deutsche Rechtsradikale beim
gewaltsamen Versuch, in das Reichstagsgebäude einzudringen]. Sind wir
wieder so weit? Bedrohen Neonazis die deutsche Demokratie? Haben Justiz und
Polizei versagt, sind die Politiker Schlafmützen?
Gemach. Die ekelhafte Szene ist zweifellos ein Propagandaerfolg für die
Rechten, die glauben machen, sie seien tatsächlich ein ernst zu nehmender
Machtfaktor. Doch tatsächlich hat die AfD in den letzten Monaten in allen
Umfragen an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Dass es Rechtsextremen
mit Reichsflagge gelungen ist, einige Treppenstufen zu erklimmen, ist kein
Hinweis auf ihre wirkliche Tatkraft, eher auf ihre Geschicklichkeit.
Die Fotos sind im Gegenteil auch ein Beweis dafür, dass die liberale
Demokratie funktioniert, die ihre Gegner nicht unter dem Einsatz von
Schusswaffen und Wasserwerfern zu Märtyrern macht. Auch wenn es vielleicht
nicht die geschickteste Polizeitaktik war, die diese Bilder zur Folge
hatte. Gefährlicher als solche Aktionen sind tätliche Angriffe auf
Migranten und Juden, wie sie fast täglich geschehen – und meist unbeachtet
bleiben.
Ernster genommen werden sollte auch das Gebräu aus wirrer [2][Gegnerschaft
zu Coronaregeln und organisiertem Rechtsradikalismus], das sich am
Wochenende in Berlin gezeigt hat. Die Bandbreite an Vorbildern reichte
dabei von Mahatma Gandhi bis zu Adolf Hitler. Und so paradox es ist, es
gibt Gemeinsamkeiten. Eine davon ist die Ignoranz gegenüber
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, eine andere der Hang zur Vermutung
einer Verschwörung gegen ein per se als gut bezeichnetes Volk, die dritte
schließlich der zur Schau getragene Hass auf Andersdenkende.
Deshalb besteht die Masse der Gegner von Pandemiemaßnahmen nicht aus
Neonazis. Aber die Coronakrise hat eine irrationale Bewegung geboren, die
Argumenten gegenüber nicht immer zugänglich ist. Da wirkt das Virus
vergleichsweise sympathisch.
Demonstrieren dürfen diese Menschen trotzdem. Auch wer der festen Meinung
ist, dass die Erde eine Scheibe und der Mond eine Laterne ist, kann für den
Erhalt dieser eingebildeten kosmischen Wertewelt auf die Straße gehen. Das
Demonstrationsrecht gilt für alle, unabhängig davon, wie seltsam sich ihre
Parolen anhören, jedenfalls solange sie dabei nichts Verbotenes tun. Und
wenn Demonstranten, wie am Samstag geschehen, einschlägige Regeln zum
Schutz vor der Pandemie nicht einhalten, dann wird eine Versammlung eben
von der Polizei aufgelöst.
Mit den Rechtsradikalen vom Reichstag ist dagegen ein anderer Umgang
angebracht.
30 Aug 2020
## LINKS
[1] /Reaktionen-auf-die-Corona-Proteste/!5710612
[2] /Politologe-ueber-Demo-von-Coronaleugnern/!5706393
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
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