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# taz.de -- Chinas „Sicherheitsgesetz“ in Hongkong: Aktivisten dürfen nich…
> In Hongkong sind mindestens zwölf Oppositionelle von der Parlamentswahl
> ausgeschlossen worden. Mehrere wurden festgenommen.
Bild: Joshua Wong und andere Pro-democracy-Aktivist:innen bei einer Pressekonfe…
PEKING taz | Wann [1][Hongkongs Bürger zur Parlamentswahl] antreten werden,
ist noch ungewiss: Zwar ist der Urnengang nach wie vor für den 6. September
dieses Jahres geplant, doch laut Medienberichten möchte die Lokalregierung
die wichtigste politische Veranstaltung der Finanzmetropole aufgrund der
steigenden Virusinfektionen um ein Jahr verschieben. Doch abseits vom
Zeitpunkt steht jetzt bereits fest, dass die siebeneinhalb Millionen
Hongkonger ohnehin keine echte Wahl haben werden.
Mindestens zwölf führende Oppositionspolitiker, darunter vor allem die
derzeit aufstrebende junge Generation, wurden am Donnerstag von ihrer
Kandidatur ausgeschlossen. Konkrete Namen und Gründe nannte die
Lokalregierung zwar nicht, doch gab sie in einer schriftlichen
Stellungnahme Aufschluss für die Kriterien, die zur Disqualifizierung
führen.
Dazu gehört etwa „eine grundsätzliche Ablehnung des nationalen
Sicherheitsgesetzes“, welches die chinesische Staatsführung zu Beginn des
Monats Hongkong ohne demokratische Zustimmung aufgezwungen hat. Zudem solle
man das Grundgesetz Hongkongs nicht nur „aufrechterhalten“, sondern auch
„unterstützen und fördern“.
Zu den geschassten Wahlkandidaten zählt auch [2][der international bekannte
Joshua Wong], der bei den inoffiziellen Vorwahlen der Opposition zu Beginn
des Monats unter allen Nominierten die höchste Unterstützung erhalten
hatte. Der 23-Jährige beschreibt die jüngste Maßnahme als „bisher größten
Schlag gegen die Wahlen der Stadt“: „Peking zeigt eine völlige Missachtung
gegenüber dem Willen der Hongkonger.“
## Bis zu zehn Jahre Haft für junge Aktivisten
Tatsächlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Behörden unliebsame
Kandidaten unter dem Vorwand, nicht gesetzeskonform zu sein, ausschließen
würden. So ist es bereits öfters geschehen. Doch der Ausschluss von gleich
zwölf Kandidaten an einem einzigen Tag ist bislang einmalig. Zudem drohte
die Lokalregierung: „Wir schließen die Möglichkeit, weitere Nominierungen
ebenfalls ungültig zu erklären, nicht aus.“
Für diese Entscheidung hagelt es Kritik aus dem Ausland: „Es ist keine
Demokratie, wenn die Regierung entscheidet, welche Kandidaten der
Opposition zugelassen werden“, tweetet der Grünen-Politiker Reinhard
Bütikofer, Vorsitzender der China-Delegation des Europäischen Parlaments.
Am Dienstag hatte die EU aufgrund des nationalen Sicherheitsgesetzes
Sanktionen gegen China verhängt.
Die Kommunistische Partei lässt sich in ihrer Machtdemonstration nicht
beirren: Am Mittwoch haben Polizisten [3][aufgrund des neuen Dekrets] vier
Aktivisten zwischen 16 und 21 Jahren, wegen „sezessionistischer
Aktivitäten“ festgenommen – ein Straftatbestand, auf dem bis zu zehn Jahre
Haft stehen. Den vier Hongkongern wird vorgeworfen, sich in sozialen
Netzwerken für die Unabhängigkeit Hongkongs ausgesprochen zu haben.
## Joshua Wong ruft zum Durchhalten auf
Es handelt sich bei den Festgenommenen um Mitglieder von „Studentlocalism“
– einer Gruppierung, die 2016 von Jugendlichen im Schulalter gegründet
wurde. Ihre Vereinigung hatten sie noch kurz vor Einführung des nationalen
Sicherheitsgesetzes aufgelöst und ins Ausland verlagert. Das scheint sie
nun jedoch nicht vor Strafverfolgung zu schützen: „Denken Sie nicht, dass
man keine Verantwortung trägt für Posts im Internet“, sagte Li Kwai-wah,
Leiter der neuen nationalen Sicherheitsbehörde, während einer
Pressekonferenz am Mittwoch.
Menschenrechtsorganisationen zeigen sich entrüstet: „Laut den
Stellungnahmen der Polizei wurden alle Inhaftierten allein deswegen zur
Zielscheibe, weil sie ihre Meinung friedlich ausgedrückt haben“, sagt
Nicholas Bequelin von Amnesty International.
Bereits zuvor hatten Hongkongs Polizisten elf Bürger aufgrund des neuen
Gesetzes festgenommen, jedoch ausschließlich im Zuge von
Protestveranstaltungen.
Joshua Wong rief auf Twitter zum Durchhalten auf: „Trotz allem werden wir
Hongkonger nicht aufgeben. Unser Widerstand wird weitergehen und wir hoffen
darauf, dass die Welt uns bei dem kommenden schweren Kampf beisteht“. Nach
der Logik des neuen Sicherheitsgesetzes kann sein Tweet durchaus als
Strafbestand gewertet werden, ruft er doch beispielsweise zur
„Kollaboration mit ausländischen Mächten“ auf.
30 Jul 2020
## LINKS
[1] /Hongkongs-dritte-Infektionswelle/!5699285
[2] /Hongkonger-Aktivist-Joshua-Wong/!5601993
[3] /Proteste-gegen-Chinas-Sicherheitsgesetz/!5700680
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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