# taz.de -- Vor Friedensgesprächen in Afghanistan: Die Unbeugsame | |
> Fausia Kufi überlebt ein weiteres Attentat. Die bekannte Frauenrechtlerin | |
> gehört zur Regierungsdelegation für die Verhandlungen mit den Taliban. | |
Bild: Fausia Kufi 2012 als selbsternannte Präsidentschafskandidatin bei einer … | |
BERLIN taz | „Einige Taliban starrten mich an. Wenige machten Notizen, | |
andere schauten weg.“ So beschreibt die afghanische [1][Frauenrechtlerin] | |
und Friedensverhandlerin Fausia Kufi gegenüber der BBC ihre erste Begegnung | |
bei Sondierungsgesprächen mit den Taliban in Moskau im vergangenen Jahr. | |
Kufi war eine von zwei Frauen der Regierungsdelegation und damit nur eine | |
von insgesamt zwei weiblichen Verhandlerinnen unter den siebzig Anwesenden | |
beider Seiten. | |
Kufi schlug dabei den Taliban selbstbewusst vor, doch auch Frauen in deren | |
Delegation aufzunehmen. „Sie haben sogleich gelacht“, erinnert sich die | |
45-jährige Politikerin. | |
[2][Sollte die Regierung dieser Tage wie vereinbart die letzten gefangenen | |
400 Taliban-Kämpfer freilassen], könnten noch in dieser Woche erstmals | |
offizielle Gespräche Kabuls mit den Taliban in Katar beginnen. Wieder ist | |
Kufi Teil der geplanten Regierungsdelegation, unter deren 21 Mitgliedern | |
jetzt vier Frauen sind. | |
## Attentäter bisher unbekannt | |
Doch um ein Haar hätte [3][ein Attentat] am Freitagnachmittag Kufis | |
Teilnahme vereitelt. Kufi hielt mit ihrer Schwester auf dem Rückweg aus der | |
Provinz an einem Markt in einem Kabuler Vorort an. Als sie aus dem Auto | |
stiegen, eröffneten Unbekannte das Feuer. | |
Kufis Hand wurde getroffen, aber nicht lebensbedrohlich. Ein | |
Taliban-Sprecher erklärte später, die Aufständischen hätten mit dem | |
Attentat nichts zu tun. Politiker der Regierung verurteilten den Anschlag | |
und versprachen Aufklärung. | |
Es war schon der zweite gescheiterte Anschlag auf Kufi. Zehn Jahre zuvor | |
wurde auf sie in der Ostprovinz Nangarhar geschossen, als sie von einer | |
Veranstaltung zum Internationalen Frauentag nach Kabul zurückkehren wollte. | |
Ihre Leibwächter retteten sie. | |
Kufi ist eine der im Ausland bekanntesten Politikerinnen Afghanistans. 2005 | |
wurde sie für ihre Heimatprovinz Badakhshan ins Unterhaus gewählt und wurde | |
– ein absolutes Novum – Vizepräsidentin des Parlaments. | |
## Großspurige Präsidentschaftsandidatur | |
Später verkündete sie großspurig eine eigene Präsidentschaftskandidatur für | |
die Wahlen 2014, wurde aber von der Wahlkommission beim Mindestalter | |
ausgebremst. Inzwischen ist sie nicht mehr im Parlament. | |
Kufi ist eines von 23 Kindern, darunter 19 Töchter, eines traditionellen | |
afghanischen Politikers, die dieser mit seinen sieben Frauen hatte. | |
Sie war nach eigenen Angaben das erste Mädchen ihrer Familie, die | |
durchsetzen konnte, zur Schule gehen zu dürfen. Die Taliban vereitelten ihr | |
Medizinstudium, in dem sie junge Frauen aus den Unis warfen. Darauf | |
kümmerte sich Kufi beim Kinderhilfswerk Unicef um ehemalige Kindersoldaten. | |
Wie viele männliche Politiker strickt auch sie gern eigene Legenden. So | |
schreibt sie in ihrer Autobiografie, ihre Mutter habe sie als Neugeborene | |
aus Frust über die erneute Geburt einer Tochter statt eines Sohnes zum | |
Sterben in der Sonne ausgesetzt. Erst nachdem Fausia den ganzen Tag | |
geschrien habe, hätte die Mutter sich ihrer doch noch erbarmt. | |
Kufis Vater starb im Machtkampf der antisowjetischen Mudschaheddin. Der | |
Mann, mit dem ihr älterer Bruder sie dann verheiratete, starb an TBC aus | |
der Taliban-Haft. | |
Von ihm hat Kufi zwei heute erwachsene Töchter. So sehr sie die Taliban | |
ablehnt, so sehr sieht sie die Notwendigkeit von Gesprächen mit den | |
afständischen Islamisten. Denen dürften sie es nicht leicht machen. | |
16 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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