| # taz.de -- Häftlinge in Afghanistan befreit: IS-Angriff auf Gefängnis | |
| > Bei einem Angriff im Dschalalabad sind mindestens 29 Menschen getötet | |
| > worden. Mehrere hundert Insassen konnten aus dem Gefängnis fliehen. | |
| Bild: Regierungskräfte auf dem Dach eines Gebäudes, in dem sich Angreifer ver… | |
| Berlin taz | Der „Islamische Staat/Provinz Khorasan“ (ISKP), afghanischer | |
| Ableger der gleichnamigen Terrorgruppe im Nahen Osten, hat die | |
| Verantwortung für den Sturm auf das Gefängnis von Dschalalabad in der | |
| Ostprovinz Nangrahar (auch als Nangarhar bekannt) übernommen. Sonntagabend | |
| sprengten Bewaffnete mit einer Autobombe das Gefängnistor und ermöglichten | |
| Hunderten Gefangenen die Flucht. | |
| Der Angriff, der am letzten Tag einer [1][von den Taliban erklärten | |
| dreitägigen Feuerpause zum islamischen Opferfest] begann, endete | |
| Montagmittag nach 18 Stunden. | |
| Die Behörden sprechen von 29 bis 39 Toten und 50 Verletzten. Unter den | |
| Toten seien acht Sicherheitskräfte und mehrere Strafgefangene. Auch sechs | |
| Angreifer seien ums Leben gekommen, allein vier, als einer von ihnen einen | |
| Sprengstoffgürtel zündete. Afghanische Medien sprachen von „mindestens 20“ | |
| Angreifern. | |
| Viele der 1.700 Gefängnisinsassen konnten bei dem Angriff fliehen doch | |
| seien über 1.000 wieder festgenommen worden. Einige stellten sich auch | |
| selbst. In sozialen Medien kursierte ein Video über einen Mann, der sagte, | |
| er säße wegen Mordes ein und sei nur aus Angst vor den Angreifern geflohen. | |
| ## Hochrangiges IS-Mitglied getötet | |
| Erst am Tag vor dem Angriff hatten Sicherheitskräfte in Dschalalabad mit | |
| Assadullah Oraksai ein hochrangiges Mitglied des ISKP-Geheimdienstes | |
| getötet. Doch dürfte der Angriff keine direkte Reaktion darauf gewesen | |
| sein. Denn solche Angriffe benötigen eine längere Vorbereitung. | |
| Der Angriff zeigt erneut, dass Behauptungen der afghanischen Regierung | |
| voreilig sind, die Gruppe sei nach parallelen aber unkoordinierten | |
| Offensiven von Regierungstruppen und Taliban im letzten Herbst und Frühjahr | |
| besiegt. | |
| Zwar wurden die meisten der bis dahin etwa 1.700 ISKP-Kämpfer aus | |
| Gebirgstälern in ihrer Hochburg Nangrahar vertrieben: Etwa 50 wurden | |
| getötet, 350 ergaben sich, 350 weitere zogen sich in die Nachbarprovinz | |
| Kunar und 150 über die Grenze nach Pakistan zurück. In Kunar, der zweiten | |
| Hochburg, soll es nach UN-Angaben noch 2.000 Kämpfer geben, darunter eine | |
| unbekannte Zahl Ausländer. | |
| Zuvor gab es glaubhafte Hinweise, dass der afghanische Geheimdienst | |
| zumindest einzelne ISKP-Gruppen gegen die Taliban unterstütze. ISKP und die | |
| viel stärkeren Taliban kämpfen erbittert um die Führung des Aufstands im | |
| Land. | |
| ## Konflikte im Grenzgebiet zu Pakistan | |
| ISKP ist seit Ende 2014 in Afghanistan aktiv und rekrutiert sich vor allem | |
| aus abtrünnigen pakistanischen Taliban. Drei der vier letzten ISKP-Chefs | |
| waren Pakistaner, wie auch der getötete Oraksai. Sie nutzten | |
| Stammeskonflikte im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aus. | |
| Zulauf von afghanischen Taliban-Dissidenten gab es nur in geringem Maße. | |
| Zuletzt stießen zunehmend radikalisierte Angehörige der afghanischen | |
| Mittelschicht dazu, berichtete die International Crisis Group im Juni. Sie | |
| würden in salafistischen Moscheen rekrutiert. | |
| In den letzten Jahren verlor die lokale Bevölkerung die Geduld mit dem | |
| extrem harschen Regime des ISKP. Dessen Kommandeure ließen reihenweise | |
| Stammesführer und angebliche Spione töten. Lokale Stammesmilizen wandten | |
| sich an Regierung und Taliban, um zu verhindern, dass ISKP-Kämpfer | |
| Einheimische aus ihren Häusern vertrieben. | |
| [2][Der ISKP verfügt auch über autonom agierende Terrorzellen in Städten | |
| wie Kabul und Herat.] Im März stürmte ein einzelner Kämpfer einen | |
| Sikh-Tempel in Kabul und tötete 25 Menschen. Am Donnerstag bekannte sich | |
| ISKP zu einem schweren Autobombenanschlag in der Provinz Logar. Die UNO | |
| registrierte im ersten Halbjahr 2020 17 ISKP-Angriffe mit zivilen Opfern – | |
| ein Fünftel des Vorjahreszeitraums. | |
| 3 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Ruttig | |
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