Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rückkehr zum Unterricht: Heikler Schulstart
> Diese Woche geht die Schule in weiteren vier Bundesländern los.
> Gestritten wird vor allem über die Maskenpflicht – und erste
> Schulschließungen.
Bild: Schulstart in Schleswig-Holstein: Eine Klasse in Kiel sitzt mit Masken dr…
Berlin taz Die Bilanz nach der ersten Schulwoche hat Bildungsministerin
Bettina Martin (SPD) nicht überrascht: Ihr Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern hat als erstes mit dem [1][Regelunterricht nach den
Sommerferien] begonnen. Nach wenigen Tagen im neuen Schuljahr ist nun
eingetreten, wovor Eltern und Lehrkräfte seit Wochen warnen: dass es ohne
Abstandsregeln im Unterricht auch bald zu den ersten Corona-Ausbrüchen an
Schulen kommen werde.
„Wir haben von Anfang an gesagt, dass es Verdachtsfälle in den Schulen
geben wird“, sagte Martin am vergangenen Freitag. Zu dem Zeitpunkt waren
bereits zwei Schulen geschlossen: ein Gymnasium in Ludwigslust und eine
Grundschule in Graal-Müritz. Nach dem Wochenende mussten zwei Schulen in
Rostock einen Teil der Schüler:innen vorsorglich in Quarantäne schicken.
Für Hunderte Schüler:innen heißt das: Trotz bestem Sommerwetter zu Hause
bleiben – und wieder zu Hause lernen. Auch in Hamburg, [2][wo am Donnerstag
das Schuljahr startete], sind nach Angaben des Senats derzeit 23
Schüler:innen positiv auf Corona getestet worden – die Testergebnisse
weiterer Verdachtsfälle stehen noch aus. Auch in Hamburg heißt es für
betroffene Klassen: erneutes [3][Homeschooling].
Die Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg zeigen, auf welche
Szenarien sich die Bundesländer, die diese Woche ins neue Schuljahr
starten, einstellen müssen: dass sich Urlauber:innen im Ausland mit dem
Coronavirus infizieren – die Tests bei den Kindern aber zunächst negativ
ausfallen. Dass eine Lehrkraft infiziert ist und das Kollegium ganz oder
teilweise in Quarantäne muss. Und dass Lehrer:innen künftig Klassen, in
denen Coronafälle auftreten, vorübergehend digital unterrichten, während
der Unterricht für den Rest der Schule normal weiterläuft.
## Bedürfnis nach Baden mit Abstand
„Das ist das Konzept“, sagt die mecklenburgische Ministerpräsidentin
Manuela Schwesig (SPD). „Keine flächendeckende Schließung von Schulen mehr.
Sondern dort, wo es Fälle gibt, schnell und konsequent handeln.“ Schwesig
appellierte, das Coronavirus weiter ernst zu nehmen. „Das Bedürfnis von
allen – und da schließe ich mich mit ein – ist, an die Seen zu fahren, an
die Strände zu fahren.“ Wenn sich aber alle an die Regeln hielten und so
die Ansteckungsgefahr für Schüler:innen und Lehrer:innen außerhalb der
Schule gering bliebe, sei auch dafür gesorgt, dass das Coronavirus nicht in
die Schulen getragen werden könne. Oder nur vereinzelt.
Ob das gelingt, ist jedoch fraglich. Alle Bundesländer verzeichnen laut
[4][Robert-Koch-Institut] steigende Infektionszahlen, selbst dünn
besiedelte Bundesländer wie eben Mecklenburg-Vorpommern oder
Schleswig-Holstein. Dort blieb eine Grundschule beim Schulstart am Montag
wegen eines Coronafalls geschlossen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU)
empfahl den älteren Schüler:innen im Land, in den ersten beiden Schulwochen
freiwillig einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen – auch während des
Unterrichts.
Und in Brandenburg, wo der Unterricht ebenfalls am Montag startete, hat das
Kabinett am Dienstag nun doch eine Maskenpflicht für Schüler:innen und
Lehrer:innen im Schulgebäude beschlossen. Ursprünglich hatte
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) dies nicht vorgesehen. Auch
Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg haben erst vergangene Woche eine
Maskenpflicht an Schulen eingeführt.
Besonders streng sind die Regeln in Nordrhein-Westfalen. Am Dienstag
verteidigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf einer Pressekonferenz
die Entscheidung, die Maskenpflicht für ältere Schüler:innen vorübergehend
auch auf den Unterricht auszuweiten. „Die Maßnahme ist bis zum 31. 8.
befristet und ist dem gestiegenen Infektionsgeschehen in
Nordrhein-Westfalen geschuldet.“ Gebauer stellte klar, dass die Maßnahme
„nicht auf Dauer aufrechterhalten werden sollte“. Ausschließen wollte sie
es aber nicht. Vor allem Elternverbände hatten die Maskenpflicht im
Unterricht als nicht praktikabel kritisiert. Oberstufenschüler:innen
sollten nun aber leichter hitzefrei bekommen, versprach Gebauer.
## Heftiger Streit um Masken
In Berlin, wo der Unterricht seit Montag läuft, sorgt die Maskenfrage
[5][für heftige Diskussionen]. Der Landesschülerausschuss hatte am
Wochenende laut über einen Schulstreik für mehr Sicherheit nachgedacht. Und
der Landeselternausschuss fordert eine Maskenpflicht auch im Unterricht, um
die Infektionsgefahr durch etwaige [6][Last-Minute-Reiserückkehrer:innen]
zu minimieren.
Die Berliner Vorsitzende der Vereinigung der Schulleiterinnen und
Schulleitern an Integrierten Sekundarschulen, Maren Pech, warnte: „Niemand
weiß, wo die Menschen herkommen, wo sie im Urlaub waren, welche Kontakte
sie hatten.“ Am Dienstag wurde dann bekannt, dass an einer Schule im
Stadtteil Neukölln zum Schulstart eine Lehrkraft positiv getestet wurde,
zehn weitere Kolleg:innen befinden sich vorsorglich in Quarantäne.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verteidigte ihr Vorgehen indes und
betonte, dass Berlin unter anderem eine umfangreiche Teststrategie speziell
für die Schulen habe. Die soll mittelfristig auch Erkenntnisse darüber
liefern, in welcher Form Schulen tatsächlich [7][befürchtete Hotspots für
das Virus] sind. Seit Juni hätten sich Personal und SchülerInnen von 600
Schulen an einem freiwilligen Screening beteiligt – mit positiv getesteten
Fällen im einstelligen Bereich. Auch die kostenlosen Tests für
Schulpersonal würden angenommen, so Scheeres.
Rückenwind bekam sie am Montag durch ein Urteil des Berliner
Verwaltungsgerichts. Zwei Schülerinnen und ihre Eltern hatten gegen die
Aussetzung der Abstandsregel geklagt – doch die Richter betonten: Die
Schutzmaßnahmen und das Testkonzept seien überzeugend, sodass man auf die
1,5-Meter-Regel verzichten könne. In Hamburg urteilten Richter:innen in
einem ähnlichen Fall gegen einen Eileintrag eines Mannes, der die
Maskenpflicht für Schüler:innen und Lehrkräfte verlangt.
## Alles nur kein Lockdown
Die Länder haben klargemacht, dass sie einen erneuten Lockdown um jeden
Preis verhindern möchten. So kündigte NRW-Schulministerin Gebauer an, alles
tun zu wollen, um den Präsenzunterricht so weit wie möglich
aufrechtzuerhalten. Wenn das Infektionsgeschehen es nötig macht, wird wohl
auch die Maskenpflicht im Unterricht verlängert. Lob für diese Maßnahme
erhält sie vom Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter
Meidinger: „Wer vollen Unterrichtsbetrieb will, kommt an der Maskenpflicht
nicht vorbei“, sagte Meidinger der Passauer Neuen Presse.
Den 16 Kultusminister:innen ist klar, dass gerade [8][lernschwächere Kinder
beim Homeschooling] eher das Nachsehen haben. Ihr Plan B: die Schulen so
gut es geht auf eine eventuelle Rückkehr zum Fernunterricht vorbereiten.
Die Hamburger Schulbehörde hat insgesamt 39.000 Tablets und Notebooks
angeschafft. In Mecklenburg-Vorpommern hat die Landesregierung bislang ein
Drittel der Schulen [9][an die Lernplattform „itslearning“] angeschlossen.
NRW-Schulministerin Gebauer hat ihren Lehrkräften eine „Handreichung zum
Lernen auf Distanz“ geschickt.
In Berlin will man es im Notfall mit halbiertem Präsenzunterricht
versuchen. Der Plan sei bereits „sehr konkret“, betonte ein Sprecher am
Dienstag, es gebe etwa genaue Vorgaben zum Stundenvolumen. Einige Schulen
fragten zum Schulstart die Eltern konkret nach dem technischen Stand zu
Hause und wo es Unterstützungsbedarf gebe – beim Lockdown im Frühjahr war
das für viele Schulen eher ein Blindflug.
11 Aug 2020
## LINKS
[1] /Schulstart-nach-den-Sommerferien/!5699863
[2] /Hamburger-Konzept-fuer-Schulbetrieb/!5700072
[3] /Homeschooling-waehrend-Corona/!5679402
[4] https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html
[5] /Schulstart-in-Berlin/!5706095
[6] /Corona-in-Deutschland/!5699773
[7] /Virus-Infektionsrisiko-fuer-Kinder/!5700702
[8] /Armut-in-der-Coronakrise/!5677821
[9] /Lernen-zu-Hause/!5669207
## AUTOREN
Ralf Pauli
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Schule
Bildung
Maskenpflicht
Abstandsregeln
NRW
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Maskenpflicht
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schülerin über Masken im Unterricht: „Wenn man deutlich spricht, geht's“
Seit einer Woche trägt Gymnasiastin Johanna Börgermann Mund-Nasen-Schutz im
Unterricht – und ist trotz Hitze dafür. Sie kritisiert die Ausstattung der
NRW-Schulen.
Weihnachtsmärkte in Coronazeiten: Priorität hat der Markt
Es ist Hochsommer und die Länder erarbeiten Konzepte, damit
Weihnachtsmärkte trotz Pandemie stattfinden können. Das wünscht man sich
auch für Schulen.
Bußgeld für Maskenverweigerer: Tragt die Masken!
Die Bedeckung von Nase und Mund schützt uns vor dem Virus und den schweren
Folgen einer Erkrankung. Wer keine Maske trägt, soll eben Strafe zahlen.
Rückkehr zum Schulbetrieb: NRW führt Maskenpause ein
Neben Corona macht auch die Hitze den Schüler:innen zu schaffen.
Nordrhein-Westfalen hat dafür eine Idee – und wälzt Details auf die Schulen
ab.
Schulalltag in Corona-Pandemie: Umarmungen sind Tabu
In der Hamburger Max-Schmeling-Schule mühen sich Lehrer und Schüler, zum
regulären Alltag zurückzufinden. Ein Ortsbesuch bei 27 Grad im Schatten.
Corona-Fälle in Hamburg: Schüler in Ferien infiziert
Zum Schulstart 23 Lernende und drei Lehrer positiv getestet. Die meldeten
dies vor Schulbeginn. Rabe verteilt iPads. Vater scheitert mit Klage.
Rückkehr in Schulen: Kein Plan B
Am Montag begann in weiteren Bundesländern die Schule. Der Start ins neue
Schuljahr ist eine Zitterpartie. Denn ein Plan für den Ernstfall fehlt.
Schulstart nach den Sommerferien: Es geht wieder los
In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern beginnt diese Woche das neue
Schuljahr mit Unterricht im Regelbetrieb. Kann das gut gehen?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.