# taz.de -- Livemusik in Coronazeiten: Warten auf die Coronas | |
> Was Konzerte betrifft, muss man derzeit nehmen, was legal möglich ist – | |
> z.B. auf der Dachterrasse des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin. | |
Bild: 20 Sunsets im HKW | |
Da gibt es dieses ziemlich gut in der Popgeschichte versteckte Liedchen, | |
launig, fast wie in einem Werbejingle heißt es da: „Just one breath, and | |
it’s instant death“. | |
Erschreckend aktuell also, das Liedchen. | |
Herausgekommen ist es vor mehr als 50 Jahren, 1969, als man von | |
Schwebepartikeln in der Luft schon manches und von Corona noch nichts | |
wusste. „The Aerosol Grey Machine“ heißt es. Es findet sich auf dem | |
gleichnamigen Debütalbum der britischen Experimentalrocker Van der Graaf | |
Generator. | |
Wer derzeit mal wieder auf ein Konzert möchte, hat es nicht so einfach. | |
Schließlich kann er nicht einfach in irgendeinen Berliner Park, wo für die | |
tänzerische Notdurft gerade doch hinter jedem Busch ein DJ lauern soll für | |
einen kleinen illegalen Rave. Dass da hinter dem Busch aber jemand seine | |
Gitarre in den Verstärker stöpselt und daneben schon ein Schlagzeug | |
aufgebaut steht, braucht man nicht zu erwarten. | |
Klangforschender Zungenschlag | |
Da muss man nehmen, was an Konzerten momentan legal möglich ist. Und die | |
Konzerte auf der Dachterrasse im Haus der Kulturen der Welt nimmt man gern. | |
Musikalisch querbeet geht es dort bei der „20 Sunsets“-Reihe, am Samstag | |
war ein klangforschender Zungenschlag dabei. | |
Experimente also, hier in der Nähe des Bundeskanzleramts, in der sich an | |
dem Samstag halt noch versprengte Reste der Hygieneskeptikerdemo | |
herumtrieben. Deren Redner und am Anfang auch ein Hubschrauber im | |
Beobachtungsstatus mischten sich so ungebeten als weitere Klangspur zu der | |
sommerlich mild gestimmten und sanft knirschenden Ambientmusik von Andreas | |
Bonkowski alias Window Magic zuerst. | |
Später stellte Hanna Hartman ihre seltsam brummelnden und schmatzenden | |
Klänge in den lauen Abend, und wirklich spektakulär war der Auftritt von | |
Els Vandeweyer, die in ihrem experimentell erweiterten Vibrafonspiel mit | |
Reflektionen über Jazz und Loungemusik auf der HKW-Dachterrasse auch Leute | |
packte und bei Laune hielt, die sich so eine Musik sonst eher nicht antun | |
würden. | |
Das Konzert an dem Samstag war eine Zusammenarbeit vom HKW mit dem Ausland. | |
Da hörte man deswegen Sachen, die sonst in diesem Kellerclub in der | |
Lychener Straße zu hören sind. Zu hören waren. Und wann das dort wieder | |
möglich sein wird, man weiß es nicht. | |
Dabei kann man gar nicht sagen, dass im Hinblick auf Konzerte im | |
Ankündigungssektor derzeit nichts los sei. Ganz im Gegenteil: ständig | |
kommen da gerade in den entsprechenden Mailverteilern Hinweise, was da so | |
alles stattfinden wird. | |
Verlegungswelle auf dem Konzertmarkt | |
Um zum Beispiel auf die Band vom Anfang dieses Textes zurückzukommen, Van | |
der Graaf Generator. Hätte im Rahmen ihrer „50 years of being | |
different“-Tour eigentlich am 18. April in Berlin spielen sollen. Das | |
Konzert wurde aus den coronapandemischen Gründen zuerst auf den 15. | |
September verlegt. Und gerade eben hat man mitgeteilt, dass das nun weiter | |
auf den 26. September geschoben wird. Und zwar den im nächsten Jahr. Kann | |
man sich ja mal vormerken. | |
Dann wird Van-der-Graaf-Vorstand Peter Hammill, der existenzialistische | |
Dunkelmann der Szene, 72 sein. | |
Just one breath, and it ’s instant death! | |
So sieht das also gerade auf dem Konzertmarkt aus. Da klappt es sogar mit | |
dem Treppenwitz: Auch The Coronas nämlich, ein Indierockdreier aus Dublin, | |
sind betroffen von der Verlegungswelle. Statt wie vorgesehen am 20. | |
September sollen sie nun am 5. Mai 2021 im Frannz ihren Hang zum | |
ordentlichen Schmuserock-Pathos ausleben dürfen. | |
Bis dahin sind die Coronas halt erst mal von Corona ausgebremst. | |
6 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
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