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# taz.de -- Feiern trotz Corona: Freiluftpartys bald legal?
> Der Sommer ist halb vorbei, legale Open-Air-Partys gab es bisher keine.
> Einige Bezirke wollen nun Flächen bereitstellen.
Bild: Kein Leuchtvirus, sondern eine Discokugel bei einer Party in der Hasenhei…
Viel Fantasie braucht es nicht, um in der silbern schimmernden Kuppel des
Zeiss- Großplanetariums eine riesige Diskokugel zu sehen – bald könnte das
Gebäude tatsächlich zur Party-Kulisse werden: Der Vorplatz des Planetariums
an der Prenzlauer Allee ist eine der aktuell diskutierten Flächen für
legale Open-Air-Veranstaltungen.
Geht es nach den Plänen von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), sollen
diese Flächen dem „Wildwuchs“ illegaler Partys entgegenwirken, die aktuell
in Berliner Parks veranstaltet werden. Zuletzt war in der Nacht auf Sonntag
eine Party mit etwa 3.000 Teilnehmer*innen in der Hasenheide von der
Polizei aufgelöst worden.
„In der Clubszene war schon immer ein Teil in einer Grauzone unterwegs und
ist dabei Risiken eingegangen. Aber zu Coronazeiten gibt es auch die
Verantwortung, dass Partys nicht zu einem Infektionsherd werden“, sagt Lutz
Leichsenring, Sprecher der Clubcommission. Diese hatte Pop um das
Bereitstellen legaler Flächen gebeten.
Neu ist die Forderung nicht: Flächen für sogenannte Free Open-Airs seien
schon vor Corona ein Wunsch der Clubcommission gewesen, sagt Leichsenring.
In einer eigenen Studie wurden in der Vergangenheit 65 Flächen auf ihre
Eignung ausgewertet, 20 davon seien nun im Gespräch. Zwar ist die Liste
noch geheim, es heißt aber, dass neben dem Platz vor dem Großplanetarium
auch der Volkspark Jungfernheide favorisiert werde.
## „Grundsätzlich wünschenswert“
Für Theateraufführungen oder Straßenkonzerte bemühen sich einzelne Bezirke
wie Lichtenberg oder Marzahn-Hellersdorf schon seit Juni, passende Flächen
bereitzustellen. Pops Aufruf, dasselbe für Clubveranstaltungen zu tun,
scheint nun Wirkung zu zeigen: Eine Sprecherin des Bezirks Pankow teilt der
taz mit, dass Freiluftpartys auf dem Vorplatz des Planetariums
grundsätzlich wünschenswert seien. Auch Lichtenbergs Bürgermeister Michael
Grunst (Linke) sucht schon länger nach passenden Flächen.
Während in Friedrichshain-Kreuzberg laut Bezirksamt keine geeigneten
Flächen zur Verfügung stehen, gibt es in Mitte eine ganze Reihe möglicher
Orte, wie ein Bezirkssprecher mitteilt. Dazu gehörten das Erika-Heß-Stadion
oder die Rathausvorplätze von Mitte, Tiergarten und Wedding. Allerdings
gebe es bei allen Locations eine Einschränkung: Wegen der Anwohner*innen
müsse um 22 Uhr Schluss sein.
Anders in Marzahn-Hellersdorf: Hier könnten auf den Wiesen am Cleantech
Businesspark wohl auch nach 22 Uhr die Bässe wummern, erklärt Nadja
Zivkovic (CDU). Für die Stadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen
ist klar: „Eine kleine Theatergruppe braucht etwas anderes als ein Rave.
Ich kann also pauschal keine Flächen ausweisen. Das will ich flexibel
machen, wenn ich mit den Veranstaltern an einem Tisch sitze.“ Die Chancen
sollten allerdings gut stehen: Der Bezirk verfüge über 1.200 Hektar
Grünfläche. Wie lange das Prüfen konkret dauere, hinge von den jeweiligen
Hygienekonzepten ab, so Zivkovic. Eine Online-Konferenz mit der
Clubcommission sei bereits für diese Woche angesetzt.
Dass Clubs wie das Berghain tatsächlich Open-Air-Partys veranstalten
würden, bezweifelt Lutz Leichsenring von der Clubcommission allerdings.
„Für Veranstaltungen auf der grünen Wiese braucht man Equipment wie mobile
Bars, Bühnen und Absperrungen – das müssten die Clubs erst einmal leihen.
Das macht die Partys unter Umständen auch wieder unwirtschaftlich“, sagt
er. Dies bestätigt Konstantin Krex, Sprecher des Clubs Kater Blau. Da der
über eigene Außenflächen verfüge, wären Open-Air-Partys tagsüber auf dem
Clubgelände wünschenswert – ob die sich unter Einhaltung der Abstandsregeln
durchführen ließen, werde gerade geprüft.
## „Im Zweifelsfall nicht haften“
Andere Veranstalter*innen wie das Kollektiv Waldblöße könnten sich hingegen
gut vorstellen, öffentliche Flächen zu nutzen. „Auf unseren Partys wollen
wir einen Raum zum Wohlfühlen schaffen. Wenn wir diese legal veranstalten
können, fühlen auch wir uns wohler“, sagt Mathilde Schaeffer vom Kollektiv.
Marko Schmidt, der seinen echten Namen nicht verraten möchte, freut sich
ebenfalls, dass nun Flächen gefunden werden sollen. Sein Kollektiv hat in
diesem Sommer einige illegale Raves organisiert. Trotzdem würde er zögern,
die legalen Flächen zu nutzen: „Die Hygienevorschriften sind streng, das
macht es für mich schwierig, weil ich als Veranstalter im Zweifelsfall
nicht haften will“, sagt Schmidt.
Erste Hygienekonzepte wurden bereits in Brandenburg erprobt, nach der
Einschätzung von Lutz Leichsenring könnten diese in Berlin übernommen
werden. Dass es für Freiluftpartys nun auch Rückhalt aus dem Senat gebe,
nehme die Verantwortung von den Schultern der Veranstalter*innen.
„Wichtig ist jetzt, den Weg zu ebnen, dass Partys legal stattfinden können.
Wenn das gut klappt, könnten die Veranstaltungen Vorbild für andere
Open-Airs sein.“
27 Jul 2020
## AUTOREN
Jannis Hartmann
## TAGS
Party
Schwerpunkt Coronavirus
Berlin Marzahn-Hellersdorf
Ramona Pop
Schwerpunkt Klimawandel
Travestie
Klaus Lederer
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Klaus Lederer
Berlin-Neukölln
Schwerpunkt Coronavirus
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