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# taz.de -- Nach NS-Vergleich: Gedenkstättenleiter unter Druck
> Siegfried Reiprich, Chef der Stiftung Sächsische Gedenkstätten,
> bezeichnet die Stuttgarter Krawalle als „Bundeskristallnacht“. Nun wächst
> die Kritik.
Bild: „Bundeskristallnacht oder ‚nur‘ ein südwestdeutsches Scherbennäch…
Dresden taz | Wohlgelitten war Siegfried Reiprich in Sachsen noch nie. Die
in den vergangenen Jahren leiser gewordene Kritik am Geschäftsführer der
Stiftung Sächsische Gedenkstätten bezog sich allerdings auf fachliche
Probleme und seinen persönlichen Umgang mit Mitarbeitern. Nur fünf Monate
vor seiner auf eigenen Wunsch vorgezogenen Pensionierung hat er nun mit
einem Tweet zu den Stuttgarter Krawallen auch überregional für Empörung
gesorgt.
„War da nun eine Bundeskristallnacht oder ‚nur‘ ein südwestdeutsches
Scherbennächtle? Das wollen wir doch hoffen, und mehr; weg damit! Braucht
keiner“, schrieb er am 29. Juni, eine gute Woche nach den Ausschreitungen
und Plünderungen in der Stuttgarter Innenstadt.
Einen Tag später konterte er die Flut von kritischen Einträgen mit einem
Zitat des Publizisten und Journalisten Peter Scholl-Latour: „Wir geraten
in die Position einer bedrohten Minderheit.“ „Wir Weißen, Kaukasier, oder
wie immer man es nennen will“, fügte Reiprich hinzu.
Siegfried Reiprich gehörte in der DDR gemeinsam mit dem heutigen
Stasi-Bundesbeauftragten Roland Jahn und dem sächsischen Landesbeauftragten
Lutz Rathenow zum oppositionellen Arbeitskreis Literatur und Lyrik in Jena.
Er durfte nicht studieren und wurde zur Ausbürgerung in den Westen
gedrängt. 2009 wurde er auf Betreiben der CDU zum Geschäftsführer der
Gedenkstättenstiftung gewählt und 2014 für sieben Jahre wiedergewählt.
## Kommt die Amtsenthebung?
„Ich distanziere mich scharf von den jüngsten Äußerungen des
Geschäftsführers“, teilte nun CDU-Kulturministerin Barbara Klepsch mit. Sie
ist auch Vorsitzende des Stiftungsrates der Gedenkstättenstiftung.
„Der angedeutete Vergleich zwischen den jüngsten Krawallen in Stuttgart und
den [1][NS-Pogromen 1938] verkennt die Wesensmerkmale von politischer
Gewaltherrschaft. Das widerspricht klar dem Sinn der Gedenkstättenarbeit“,
fügt Klepsch hinzu. Sie kündigte an, den Stiftungsrat kurzfristig zu einer
Sondersitzung einzuladen. Möglicherweise plädiert der für eine
Amtsenthebung Reiprichs.
Der Geschäftsführer solle sofort zurücktreten, „um weiteren Schaden von der
Stiftung, ihren Beschäftigten und dem Ansehen des Freistaates abzuwenden“,
forderte der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion, Franz Sodann, im
Landtag.
Reiprichs Vergleich sei „die besonders geschmacklose und perverse
Fortsetzung einer Reihe von Äußerungen, mit denen er der Erinnerungskultur
in Sachsen schweren Schaden zugefügt hat.“ Sodann spielt auf fünf Jahre
zurückliegende Vorwürfe an, Reiprich favorisiere einseitig die
DDR-Aufarbeitung zulasten der mahnenden [2][Erinnerung an die NS-Diktatur].
Zu seinen Kontrahenten damals zählte der Direktor der Landeszentrale für
politische Bildung, Frank Richter, inzwischen für die SPD im Landtag. „Er
gibt sich als Anhänger rechten Gedankenguts zu erkennen“, sagt Richter
heute. Reiprich verletze damit die Opfergruppen, für die er eigentlich
Verantwortung trage.
2 Jul 2020
## LINKS
[1] /Jahrestag-der-Novemberpogrome/!5639864
[2] /Angriffe-auf-KZ-Gedenkstaetten/!5684941
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Gedenkstätte
Sachsen
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Reichspogromnacht
Rechtsextremismus
Gedenkstätte
Prepper
Schwerpunkt AfD
Lesestück Recherche und Reportage
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