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# taz.de -- Deutsche Militärtrucks in Aserbaidschan: Eindeutig ein Mercedes
> Trotz Waffenembargo gelangten Daimler-Trucks mit israelischen Geschützen
> nach Aserbaidschan. Deutschland zeigt wenig Aufklärungswillen.
Bild: Daimler-Konzernzentrale in Stuttgart: Wie kommen deutsche Militärtrucks …
Berlin taz | Die Militär-Trucks der aserbaidschanischen Armee sind diesmal
genau zu erkennen. In einem neuen Youtube-Video, 1:14 Minuten lang, zeigt
das Verteidigungsministerium in Baku seine Lastwagen aus allen Winkeln. Ein
Zündschlüssel ist zu erkennen, der Mercedes-Stern, ein Zielfernrohr aus
bulgarischer Produktion und ein israelisches Geschütz auf der Ladefläche.
Ab Sekunde 57 sind die fünf Lkws in einer Reihe aufgestellt zu sehen. Dann
beginnt das Testschießen. Bumm!
Hat da in der aserbaidschanischen Regierung jemand die taz gelesen? Das
Video veröffentlichte das Verteidigungsministerium der Kaukasusrepublik am
23. April – genau sechs Tage, nachdem die taz erstmals [1][darüber
berichtet hatte], dass das Land offenbar Militärgerät aus
deutsch-israelischer Produktion besitzt. Indizien dafür waren einige wenige
Lkw-Aufnahmen, die bis ins Jahr 2012 zurückreichen und auf die Recherchen
der Umwelt- und Friedensorganisation Greenpeace zuvor im Internet gestoßen
waren.
Das neue Video, voller Details, bestätigt die Vermutung aus dem April. Es
handelt sich eindeutig um [2][Lastwagen von Daimler], lackiert in
Tarnfarben, ausgerüstet mit Mörsern des israelischen Herstellers Elbit
Systems, Modell Cardom. Das ist heikel, weil in Aserbaidschan ein
autoritäres Regime an der Macht ist und der Konflikt mit Armenien um die
Grenzregion Berg-Karabach immer wieder aufflammt. Gegen Aserbaidschan
besteht deshalb ein Waffenembargo der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Auf welchen Wegen die Lastwagen dennoch dorthin gelangten, ist unklar. Der
Daimler-Konzern, der nicht nur für den zivilen Markt produziert, sondern
auch Fahrzeuge mit militärischer Ausstattung im Angebot hat, beteuerte auf
Nachfrage schon im April, keine Rüstungsgüter nach Aserbaidschan verkauft
zu haben. Wie die Lkws aus den Videos dorthin kamen, könne man nicht
nachvollziehen.
## Eine Spur führt nach Israel
Eine naheliegende Möglichkeit ist, dass zunächst Daimler die Trucks nach
Israel verkauft hatte – in ziviler oder in militärischer Ausführung. Die
Firma Elbit Systems baute sie dort möglicherweise um, bestückte sie mit
ihren Cardom-Mörsen und lieferte sie weiter nach Aserbaidschan.
Dafür spricht unter anderem, dass auf den Lkw-Türen ausweislich des neuen
Videos ein „Cardom“-Logo angebracht ist. Ein solches Geschäft würde
überdies ins Bild passen: Die israelische Rüstungsindustrie liefert
regelmäßig Waffen an die aserbaidschanische Armee – mit Zustimmung der
Regierung in Jerusalem.
Elbit Systems selbst ließ eine jüngst von der taz gestellte Anfrage
unbeantwortet. Die israelische Regierung will weder Fragen zum konkreten
Waffendeal noch zu Rüstungsexporten nach Aserbaidschan im Allgemeinen
beantworten. Und auf Aufklärung drängen offenbar weder die OSZE noch die
Bundesregierung.
Israel ist zwar offizielles Partnerland der OSZE und müsste sich per
Definition zu deren Zielen bekennen. Ein Sprecher der Organisation gibt auf
Anfrage aber lediglich an, dass sich die Partnerländer nur „auf
freiwilliger Basis“ an OSZE-Vereinbarungen zu halten hätten. Für weitere
Fragen solle man sich direkt an die Regierungen Israels und Aserbaidschans
wenden.
## Bundesregierung schaut weg
Und die Bundesregierung? Hat sie den Bruch des Embargos angesprochen?
Gegenüber Daimler, gegenüber den Regierungen in Jerusalem und Baku? „Die
Bundesregierung tauscht sich regelmäßig mit der israelischen Regierung zu
außen- und sicherheitspolitischen Fragen aus. Mit Aserbaidschan gibt es
regelmäßige politische Konsultationen“, schreiben Bundesaußen- und
Wirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Antwort auf diese Frage.
Konkreter werden sie nicht.
Für Alexander Lurz, [3][Greenpeace-Experte für Rüstungsexporte], ist das zu
wenig. „Der fehlende Aufklärungswille der Bundesregierung ist
erschreckend“, sagt er. „Es ist keine Petitesse, wenn plötzlich deutsche
Militärgüter an einer der spannungsgeladensten Grenzen weltweit
auftauchen.“ Als verantwortlicher Minister müsse Wirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU) für Aufklärung sorgen.
Sehr weit weg von der Grenze, von der Lurz spricht, sind die Daimler-Lkws
übrigens nicht stationiert. Auf einem weiteren Video, ebenfalls vom
aserbaidschanischen Verteidigungsministerium veröffentlicht, sind sie
erneut zu sehen. Die Experten von Greenpeace haben die Gebäude im
Hintergrund mit Satellitenaufnahmen verglichen. Sie sind sich sicher, dass
es sich um eine Militärbasis nahe der Stadt Aran handelt – die
[4][umkämpfte Region Berg-Karabach] ist nur rund 25 Kilometer entfernt.
8 Jul 2020
## LINKS
[1] /Ruestungsgueter-in-Konfliktregion/!5676676
[2] /Deutsche-Waffen-in-Kriegsgebieten/!5692876
[3] /Geberkonferenz-fuer-Jemen/!5690380
[4] /Pressefreiheit-in-Aserbaidschan/!5575267
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Rüstungsexporte
Israel Defense Forces (IDF)
Aserbaidschan
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