# taz.de -- Pressefreiheit in Aserbaidschan: Diesmal „nur“ Bewährung | |
> Der Chefredakteur des Onlineportals bastaininfo.com, Mustafa | |
> Gadschibeili, wird verurteilt. Er soll zu einem Machtwechsel aufgerufen | |
> haben. | |
Bild: Demonstration für Pressefreiheit 2015 in Baku | |
BERLIN taz | In der Südkaukasusrepublik Aserbaidschan gehen die | |
Repressionen gegen regimekritische Journalisten weiter. Am Donnerstag | |
verurteilte ein Gericht in der Hauptstadt Baku den Chefredakteur der | |
Webseite bastaininfo.com, Mustafa Gadschibeili, unter anderem wegen des | |
öffentlichen Aufrufs zu einem Machtwechsel in Aserbaidschan sowie | |
Missbrauchs seiner beruflichen Vollmachten zu fünfeinhalb Jahren Haft auf | |
Bewährung. | |
Er darf das Land bis auf weiteres nicht verlassen. Strafmildernd wirkte | |
sich aus, dass Gadschibeili minderjährige Kinder und wegen seiner Teilnahme | |
am Krieg um die Enklave Berg-Karabach einen Invalidenstatus hat. | |
Der Fall Mustafa Gadschibeili geht auf den Sommer vergangenen Jahres | |
zurück. Am 3. Juli war es nach einem Brand im Elektrizitätswerk der Stadt | |
Mingjaschewire landesweit zu massiven Stromausfällen gekommen. Am selben | |
Tag wurde der Bürgermeister der Stadt Gandschi Opfer eines Anschlages. | |
Sowohl bastaininfo.com als auch andere Medien berichteten in den sozialen | |
Netzwerken über die Ereignisse. 14 Nutzer wurden festgenommen. Die | |
Generalstaatsanwaltschaft forderte die Schließung mehrerer Webseiten, | |
darunter auch bastaininfo.com | |
## Vom Zeugen zum Beschuldigten | |
Kurz darauf wurde Gadschibeili zum ersten Mal vorgeladen. Ende November | |
mutierte der Zeuge plötzlich zum Beschuldigten. Von Anfang an hatte sich | |
Gadschibeili für nicht schuldig erklärt und die Vorwürfe gegen ihn als | |
„fabriziert“ bezeichnet. | |
„In meinen Veröffentlichungen gab es nichts, was gegen Gesetze verstoßen | |
hätte. Dort gab es keine Aufrufe gegen den Staat. Die Artikel waren | |
Nachdrucke aus anderen Medien mit geänderten Überschriften“, sagte | |
Gadschibeili dem Korrespondenten des Onlineportals Kavjazkij Uzel (Der | |
kaukasische Knoten) einen Tag vor der Urteilsverkündung. | |
Nach Angaben von Gadschibeilis Anwalt, Osman Kjasimow, spiegelt das Urteil | |
in keinster Weise die Ergebisse der Ermittlungen wider. Auch seien für die | |
Schuld Gadschibeilis keinerlei Beweise vorgelegt worden. | |
Kjasimow und sein Mandant kündigten an, in Berufung gehen zu wollen. Für | |
den Journalisten ist klar, dass die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe | |
und damit verbunden eine drohende Haft den Druck auf ihn aufrecht erhalten | |
sollen. „Aber ich werde auch weiterhin ein Verfechter der Freiheit des | |
Wortes bleiben“, sagte Gadschibeili gegenüber Kavjazkij Uzel. | |
## Fadenscheinige Gründe | |
Der Journalist wird nicht zum ersten Mal – unter fadenscheinigen Gründen – | |
belangt. Am 28. Mai 2013 war er in dem Dorf Hovchany bei einem Treffen der | |
Opposition festgenommen worden. Am nächsten Tag wurde er wegen Rowdytums zu | |
einer 15-tägigen Administrativhaft verurteilt. | |
Die Oppositionspartei Musavat, deren Presseabteilung Gadschibeili | |
ehrenamtlich leitet, sprach von politischen Motiven der Festnahme. 2016 gab | |
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einer Beschwerde | |
Gadschibeilis statt, 2011 von Sicherheitskräften unmenschlich behandelt | |
worden zu sein, nachdem er 2011 über Proteste der Opposition berichtet | |
hatte. | |
Unbeugsame Medienmacher stehen seit jeher auf der Abschussliste von | |
Staatspräsident Ilham Alijew, der das Land seit 2003 autoritär regiert. | |
Dabei führen vor allem Recherchen und Veröffentlichungen zu den korrupten | |
Machenschaften des Alijew-Klans regelmäßig in den Knast. Derzeit sitzen | |
zehn Journalisten im Gefängnis. | |
21 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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