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# taz.de -- Ausgeladene armenische Sopranistin: Der Sängerkrieg von Dresden
> Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan ist in der Semperoper in
> Dresden angekommen. Zwei Opernstars streiten.
Bild: Ein Hauch von Kaukasus umweht die Dresdner Semperoper
Musik soll ja die Menschen verbinden. 15.000 Menschen werden am 7. Februar
auf dem Theaterplatz in Dresden zum 15. Durchgang des [1][Opernballs der
Semperoper] erwartet. Das Motto der Sause: „märchenhaft rauschend – Dresden
jubiliert“. Bevor es aber mit Defilee, rotem Teppich und Tanz so richtig
losgeht, wird erst einmal knallhart Politik gemacht. So erklärt die
armenische Sopranistin Ruzan Mantashyan, sie werde wegen ihrer
Nationalität von der ehrwürdigen Bühne ferngehalten. Der aserbaidschanische
Tenor Yusif Eyvazov soll sich geweigert haben, neben ihr aufzutreten. Aus
politischen Gründen.
Seit dem Zerfall der Sowjetunion schwelt [2][der Konflikt zwischen
Aserbaidschan und Armenien]. Beide Staaten kämpfen um die Enklave
Berg-Karabach. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zu Aserbaidschan, wird
aber von Armeniern bewohnt und kontrolliert. Bis heute kommt es trotz eines
Waffenstillstands immer wieder zu Toten bei Schusswechseln, die nun auch im
3.600 Kilometer entfernten Dresden nachhallen.
„Schäm dich für deinen Rassismus, SemperOpernball“, posten nun Armenier in
sozialen Netzwerken, nachdem die französische Agentur Agence Massis Opéra,
die Mantashyan vertritt, ursprünglich angekündigt hatte, dass die beiden
Künstler gemeinsam singen sollten – was nun nichts wird. Die Sopranistin
sei gebeten worden, sich zurückzuziehen. Eyvazov, der mit der Operndiva
Anna Netrebko verheiratet ist, weist jegliche Vorwürfe zurück. Politik
beeinflusse seine Arbeit auf der Bühne niemals. Auch die Veranstalter des
Opernballs bestreiten, dass Mantashyan wegen ihrer Staatsangehörigkeit bei
der Eröffnungsgala nicht dabei ist.
Der SemperOpernball spricht lediglich von möglichen „Missverständnissen in
der Kommunikation mit der Agentur“ der Sopranistin. Der künstlerische
Leiter Hans-Joachim Frey erklärt, dass es mit Ruzan Mantashyan zu keinem
Zeitpunkt einen Vertrag über einen Auftritt gegeben habe.
## Keine Belege
Auf [3][Facebook postet Mantashyan derweil eine Erklärung], dass ihre
Agentur bereits Details des Programms sowie finanzielle Bedingungen und ihr
Visum mit dem Veranstalter geklärt habe. Nach Aussage der Sopranistin sei
dann am 10. Januar per Mail die Absage erfolgt, inklusive der Begründung,
dass Yusif Eyvazov wegen der armenischen Nationalität der Sängerin nicht
mit ihr auftreten wollte.
Einsicht in die Mail-Kommunikation gewährt Mantashyan jedoch nicht. Auch
die Veranstalter wiederholen auf Nachfrage lediglich, dass der Künstlerin
zu keinem Zeitpunkt zu- oder abgesagt worden sei.
Dass die Veranstalter eines Opernballs in Deutschland weder Zeit noch Lust
haben, sich in einen internationalen Konflikt am fernen Kaukasus
einzumischen, ist sicher nachvollziehbar. Der Eindruck, dass hier aber der
Weg des geringsten Widerstandes gewählt worden sein könnte, wird dabei
nicht gänzlich zerstreut. Wer Namen und Kontakte mitbringt, bleibt, die
andere geht. Die Stimme des Ehemanns von Anna Netrebko mag vielleicht
besser ins Programm des Opernballs passen, die Verbindung zur großen
Operndiva wird aber sicher auch gern mitgenommen.
Der Opernball aber bleibt dabei, dass man das Angebot aus „künstlerischen“
und „wirtschaftlichen“ Gründen ablehne. So lässt sich nach aktuellem Stand
nur vermuten, dass man in Dresden wohl einfach keine Lust auf Streit hatte
oder das Hotel der Sängerin schlicht zu teuer geworden wäre.
17 Jan 2020
## LINKS
[1] https://semperopernball-tickets.de/de/semperopernball/programm.html
[2] https://www.deutschlandfunk.de/konflikt-zwischen-armenien-und-aserbaidschan…
[3] https://www.facebook.com/rmantashyan/posts/10221366083883716
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
## TAGS
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