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# taz.de -- CDU-Abgeordneter Albert Weiler: Aserbaidschan verweigert Einreise
> Die Kanzlerin besucht den Südkaukasus. Parteikollege Weiler darf nicht
> mit – in Baku missfällt seine Nähe zu Armenien.
Bild: Albert Weiler hat unter Außen- und Menschenrechtspolitikern den Ruf, par…
Berlin taz | Bisher ist der CDU-Abgeordnete Albert Weiler einer breiteren
Öffentlichkeit nicht aufgefallen. Der 52-jährige Thüringer war Lokführer
und Elektroanlageninstallateur, sitzt seit 2013 im Bundestag und warnt auf
seiner Homepage schon mal vor der Rückkehr des Wolfes nach Thüringen. Doch
nun sorgte Weiler für einen diplomatischen Eklat, der eine Auslandsreise
der Bundeskanzlerin überschattet.
Angela Merkel (CDU) ist heute zu einem dreitägigen Aufenthalt in den
Südkaukasus aufgebrochen. Sie besucht Georgien, Armenien und Aserbaidschan.
Eigentlich wollte Weiler, der Vizechef der deutsch-südkaukasischen
Parlamentariergruppe ist, in ihrer Delegation mitreisen. Doch die autoritär
geführte Regierung Aserbaidschans drohte, Weiler nicht einreisen zu lassen.
Er sei eine „unerwünschte Person“, berichtete die Bild. Dies sei eine
Entscheidung aus höchsten Regierungskreisen.
Hintergrund für die Einreiseverweigerung sei offenbar eine frühere Reise
von ihm in das umstrittene Berg-Karabach-Gebiet, teilte das Bundespresseamt
mit. Es habe eine Reihe von Gesprächen mit der aserbaidschanischen
Regierung gegeben. Jene habe sich nicht in der Lage gesehen, ihre Haltung
zu ändern. „Mittlerweile hat der Abgeordnete Weiler erklärt, unter diesen
Umständen auf die Reise nach Aserbaidschan zu verzichten.“ Statt seiner
werde der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul mit nach Aserbaidschan fahren.
Der Fall hat Brisanz: Lässt Merkel sich von anderen Staaten diktieren, wer
sie begleiten darf? Diesen Vorwurf erhebt die Opposition.
„Es ist ein Skandal, dass ein Staat einen unserer frei gewählten
Bundestagsabgeordneten zur unerwünschten Person erklärt und mit Verhaftung
während einer offiziellen diplomatischen Dienstreise droht“, sagt Bijan
Djir-Sarai, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Ausländische
Regierungen dürfen keinen Einfluss auf die Zusammensetzung einer
Regierungs- und Parlamentsdelegation haben.“ Die Kanzlerin knicke gegenüber
Aserbaidschan ein. Auch Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der
Grünen-Fraktion, findet: „Dass Merkel sich von der aserbaidschanischen
Regierung maßregeln lässt, ist schwach.“
## Diplomatisches Minenfeld
In der Tat bleibt Merkels Tonfall moderat. Die Kanzlerin, schreibt das
Bundespresseamt, habe mit Weiler gesprochen. Sie seien sich einig, dass es
sinnvoll und wichtig sei, die Reise nach Aserbaidschan zu unternehmen. Die
Haltung der aserbaidschanischen Regierung sei „bedauerlich“ und nicht
geeignet, den Dialog über den Berg-Karabach Konflikt zu fördern. „Dies wird
die Bundeskanzlerin gegenüber Staatspräsident Alijew zur Sprache bringen.“
Aserbaidschan streitet sich seit Langem mit dem Nachbarland Armenien um
Berg-Karabach. Die vormals autonome Region auf aserbaidschanischem
Territorium wird mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnt und steht
seit dem Zerfall der Sowjetunion unter Kontrolle Armeniens. Der
Dauerkonflikt ist ein diplomatisches Minenfeld.
Weiler hat unter Außen- und Menschenrechtspolitikern des Parlaments den
Ruf, parteiisch zu sein. Er ist Präsident des Deutsch-Armenischen Forums,
eines von ihm gegründeten Vereins, der laut Homepage „das Verständnis für
Armenien in Deutschland fördern“ soll. Außerdem wurde ihm 2016 nach eigenen
Angaben die Ehrendoktorwürde der armenischen Universität für Architektur
und Bauwesen verliehen.
Seine Reise nach Berg-Karabach wird von Fachpolitikern als unklug
eingeordnet. „Einige in der Unionsfraktion betreiben eine private
Außenpolitik nach fragwürdigen Kriterien“, schreibt der
SPD-Menschenrechtspolitiker Frank Schwabe auf Twitter. Der Grüne Nouripour
kritisiert: „Die Kaukasus-Politik der Union ist zutiefst widersprüchlich.
Sie wird von Leuten gemacht, die nicht nur zweifelhafte Extrempositionen
vertreten, sondern sich auch komplett widersprechen.“
## Merkels Reise „schwer belastet aus den eigenen Reihen“
Beide spielen auf Weiler und seine Fraktionskollegin Karin Strenz (CDU) an.
Während der eine als Armenien-Fan gilt, fiel die andere durch ihre Nähe zu
Aserbaidschan auf. Strenz war bis 2017 Mitglied der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates und machte durch eine Korruptions-Affäre in dem
Gremium Schlagzeilen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete soll laut einem
Untersuchungsbericht während ihrer Zeit in Straßburg über Umwege Geld aus
Aserbaidschan angenommen haben. Sie dementiert die Vorwürfe.
Das deutsche Parlament muss sich bis Ende des Jahres dazu äußern, welche
Konsequenzen daraus folgen. „Insgesamt muss der Bundestag genauer
definieren, was über die Parlamentariergruppen und Delegationen gemacht
wird“, sagt SPD-Mann Schwabe mit Blick auf Weiler und Strenz.
Für die Linkspartei fliegt die Abgeordnete Helin Evrim Sommer mit Merkel
mit. Aserbaidschan sei nicht das einzige Land, das in solchen Fällen
Einreiseverbote verhängten, sagt sie. „Eigenmächtige und ungenehmigte
Besuche in der von niemanden anerkannten Sezessionsrepublik Berg-Karabach
dienen weder der Friedensförderung und verstoßen gegen aserbaidschanisches
Recht.“
Auch frei gewählte Bundestagsabgeordnete müssten die Gesetze anderer Länder
beachten, Sonderprivilegien für Berufspolitiker seien nicht angebracht.
Sommer betont, Merkels Reise sei „aus den eigenen Reihen schwer belastet“
worden.
23 Aug 2018
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Aserbaidschan
Kaukasus
Schwerpunkt Angela Merkel
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