Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Spitzel-Vorwurf gegen Abgeordneten: Stasi-Verdacht in Thüringer AfD
> Der Thüringer AfD-Abgeordnete Dieter Laudenbach soll Informationsquelle
> für die DDR-Geheimpolizei gewesen sein – ohne sein Wissen, wie er sagt.
Bild: Dieter Laudenbach
Dresden taz | Gegen einen Landtagsabgeordneten der [1][AfD]-Thüringen gibt
es den Verdacht, er könnte für die Stasi spioniert haben. Nach
[2][Recherchen des MDR] belegt eine Akte, dass die Bezirksverwaltung Gera
der Staatssicherheit den heutigen Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten Dieter
Laudenbach Ende 1986 als Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) anwarb. Geführt
wurde er unter dem Decknamen „Klaus“. „Die Zusammenarbeit des IM mit dem
MfS [Ministerium für Staatssicherheit; Anm.d.Red] beruht auf der positiven
Gesamteinstellung der Quelle und auf der Einsicht in die Notwendigkeit“,
heißt es in der Akte.
Sie dokumentiert aber keine Verpflichtungserklärung des IM „Klaus“ und
enthält keine Spitzelberichte. Laudenbach nimmt daher an, dass er ohne sein
Wissen abgeschöpft wurde, also etwa von verdeckten Geheimdienstlern unter
Vorwand ins Gespräch verwickelt wurde und der Stasi so als Quelle diente,
ohne dass er selbst dies bemerkte. Er vermutet, dass ihn seine damalige
Position als gastronomischer Direktor des Interhotels Gera für das
Ministerium für Staatssicherheit interessant machte. Die Interhotels der
DDR adressierten ihr gehobenes Angebot vor allem an westdeutsche und
internationale Gäste.
Jeder Hotelmitarbeiter habe gewusst, dass die Stasi im Hotel
„allgegenwärtig“ war, sagt Dieter Laudenbach heute. Er wisse, dass Kollegen
über ihn berichtet hätten. Wegen seiner gehobenen Position sei Druck auf
ihn ausgeübt worden, Kandidat der Einheitspartei SED zu werden. Zu einer
Mitgliedschaft kam es nicht mehr.
Die Bild-Zeitung hatte nach eigenen Angaben bereits im Vorjahr
Akteneinsicht bei der Berliner [3][Stasi-Unterlagenbehörde] beantragt. Es
gäbe kein Material zu Laudenbach, das herausgegeben werden könne, lautete
damals die Antwort. Laudenbach kandidierte 2018 für das Amt der Geraer
Oberbürgermeisters, holte in der Stichwahl gegen Julius Vonarb aber nur
30,2 Prozent der Stimmen.
## Uneindeutige Beweislage
„Wenn es der AfD ernst mit Aufarbeitung wäre, müsste sie Laudenbach
folgerichtig aus der Partei und der Fraktion ausschließen“, forderte trotz
der unklaren Beweislage die Grüne Astrid Rothe-Beinlich. CDU und SPD
forderten dies nicht direkt, wiesen vielmehr daraufhin, dass es wichtig sei
weiter zu prüfen. Auch die AfD hatte im Juni zugestimmt, ein neues
Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes in die Ausschüsse des Landtages zu
verweisen.
Torben Braga, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, wies die
Vorwürfe gegen Laudenbach als „sachlich falsch und in höchstem Maße
unmoralisch“ zurück. Er schrieb von einem „traurigen Beispiel für die
Täter-Opfer-Umkehr im Umgang mit DDR-Biografien“. „Aus einem haltlosen
Vorwurf folgt kein Handlungsbedarf“, antwortete ein Fraktionssprecher auf
die Anfrage nach möglichen Konsequenzen.
Fälle wie der des 63-jährigen Dieter Laudenbach sind schwer zu klären.
Einerseits sind zahlreiche sogar teils systemkritische Bürger ohne ihr
Wissen als Informanten geführt worden. Andererseits hatte beispielsweise
die frühere Stasi-Bundesbeauftragte Marianne Birthler betont, dass man auch
ohne schriftliche Verpflichtungserklärung als IM arbeiten konnte.
22 Jul 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296
[2] https://www.mdr.de/thueringen/stasi-akte-im-laudenbach-100.html
[3] /Aufarbeitung-von-Stasi-Unterlagen/!5654341
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Stasi-Vergangenheit
Spitzel
Schwerpunkt AfD
Drittes Reich
Schwerpunkt AfD
Gedenkstätte
Verschwörungsmythen und Corona
AfD Bremen
## ARTIKEL ZUM THEMA
AfD-Politiker im Stadtrat in Gera: Niemand will’s gewesen sein
In Gera wird AfD-Politiker Reinhard Etzrodt Stadtratsvorsitzender. Mit den
Stimmen anderer Parteien. Von wem sie stammen, ist unklar.
Historiker über Kirche in der NS-Zeit: „Da lief vieles zusammen“
Thomas Großbölting, Chef von Hamburgs Forschungsstelle für Zeitgeschichte,
erforscht die NS-Zeit, die Rolle der Kirchen und Repression in der DDR.
Streit um Mitgliedschaft in der AfD: Neue Schlappe für die ganz Rechten
Ex-AfDler Dennis Augustin wollte der Partei per Gericht wieder beitreten –
und scheiterte. Die Schlammschlacht um Kalbitz geht indes weiter.
Gedenkstättenstiftung Sachsen: Reiprich muss gehen
Siegfried Reiprich darf die sächsische Gedenkstättenstiftung nicht mehr
leiten. Er hatte Krawalle in Stuttgart mit der Reichspogromnacht
verglichen.
Die taz und Fake News: Die Aids-Verschwörung
Schuld an der Verbreitung von Fake-News. Wie die taz 1987 durch einen Köder
von östlichen Geheimdiensten instrumentalisiert wurde.
Ex-AfDler wird Enthüllungsjournalist: Es wallrafft in Bremen
Seine Mitgliedschaften in der AfD und der rechtspopulistischen BIW waren
ein „Experiment“, sagt Hinrich Lührssen. Jetzt schreibt er ein Buch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.