# taz.de -- Sachsen bekommt Gemeinschaftsschulen: Schulfrieden nach 30 Jahren | |
> Die Gemeinschaftsschule ist künftig im sächsischen Schulgesetz verankert. | |
> Schüler können fortan über die vierte Klasse hinaus gemeinsam lernen. | |
Bild: Können bald länger gemeinsam zur Schule gehen: SchülerInnen im sächsi… | |
DRESDEN taz | Vor allem die SPD feiert die Verankerung der | |
Gemeinschaftsschule im sächsischen Schulgesetz am Mittwoch als Erfolg | |
jahrzehntelanger Bemühungen. „Langer Atem lohnt sich“, meinte der | |
Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister Martin Dulig und verwies auf 16 | |
Jahre sozialdemokratische Bemühungen um das längere gemeinsame Lernen in | |
Sachsen. | |
„Nach 30 Jahren wird in Sachsen Schulfrieden hergestellt“, erklärte | |
Schulpolitikerin Sabine Friedel schon vor der Verabschiedung des allerdings | |
modifizierten Volksantrages am Mittwoch im Landtag. Damit schließt Sachsen | |
zu den Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen auf, die schon seit etwa | |
zehn Jahren längeres gemeinsames Lernen ermöglichen. Etwa die Hälfte der | |
Bundesländer lässt diese Option zu, allein in Baden-Württemberg gibt es 271 | |
Gemeinschaftsschulen. | |
SPD, Linke und Grüne unterstützten den sächsischen Volksantrag, für den | |
eine Initiative in den Jahren 2018 und 2019 etwa 51.000 Unterschriften | |
sammelte. Nach dem Landtagswahlergebnis vom 1. September des Vorjahres | |
machte die SPD die Gemeinschaftsschule zur Bedingung für den Eintritt in | |
die Dreierkoalition mit CDU und Grünen. Die Behandlung des Volksantrages | |
steht im Koalitionsvertrag. Die Erfahrungen der ersten CDU-SPD-Koalition in | |
Sachsen zwischen 2004 und 2009 sollten sich nicht wiederholen. Die | |
Sozialdemokraten konnten der CDU damals zwar neun | |
Gemeinschaftsschulversuche abringen, die aber in der nachfolgenden | |
schwarz-gelben Legislaturperiode wieder zurückgenommen wurden. | |
Nun hat die Landtagsmehrheit zwar die Option der Gemeinschaftsschule im | |
Schulgesetz verankert, als „sanfte Ergänzung“, wie die Initiatoren des | |
Volksantrags diplomatisch betonten. Bis zum Abitur soll sie möglich sein, | |
für den Realschulabschluss wird eine Variante „Oberschule +“ eingeführt. | |
Doch die CDU hat höhere Hürden für die Umwandlung in eine | |
Gemeinschaftsschule durchgesetzt als im ursprünglichen Volksantrag | |
vorgesehen. So müssen sie ab Klasse fünf mindestens vierzügig geführt | |
werden, für ländliche Räume gelten Sonderregelungen. | |
## SPD und Grüne loben Durchbruch zur Gemeinschaftsschule | |
Vor allem SPD und Grüne loben nun den Durchbruch zur gesetzlich verankerten | |
Gemeinschaftsschule an sich, während die Initiatoren des Volksantrages ihre | |
Enttäuschung nicht verbergen. „Es ist ein herber Schlag, dass die Koalition | |
diese neue Schulart so stark einschränkt“, kritisieren die | |
Vertrauenspersonen Doreen Taubert und Burkhard Naumann. Der ursprüngliche | |
Antrag sei bereits ein basisdemokratisch erarbeiteter Kompromiss gewesen. | |
Die verpflichtenden Größenvorgaben und die bürokratischen Hürden würden | |
abschrecken und für viele Initiativen das Aus bedeuten, fürchten die beiden | |
Sprecher. Über die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule muss die | |
Schulkonferenz entscheiden, in der Lehrer, Eltern und Schüler vertreten | |
sind. | |
Mit den von der CDU durchgesetzten Änderungen gilt der Volksantrag als | |
abgelehnt. Die Initiatoren wollen in der kommenden Woche entscheiden, ob | |
sie nunmehr ein Volksbegehren für einen Volksentscheid einleiten, an den | |
der Landtag gebunden wäre. Nicht überraschend warnt der Sächsische | |
Lehrerverband vor einer Art Kannibalismus in ländlichen Räumen. Wegen der | |
geforderten Mindestgrößen könnten Gemeinschaftsschulprojekte anderen | |
Schulen die Schüler abwerben und damit zu Schließungen führen. Die | |
Gemeinschaftsschule sei keine „Wunderschule“, die automatisch zu besseren | |
Leistungen führe, erklärte Landesvorsitzender Jens Weichelt. | |
16 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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